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Der Dublin-Irrsinn: Nullsummenspiel mit gigantischem Bürokratie-Aufwand
Der Plan, die Verantwortung für Asylverfahren den Staaten an der EU-Außengrenze zuzuschieben, ist krachend gescheitert. Trotzdem wird immer noch am sogenannten Dublin-System festgehalten. Das sorgt nicht nur für immense Bürokratie, sondern auch dafür, dass Flüchtlinge hin- und hergeschoben werden und oftmals in unhaltbaren Zuständen enden.
Viele Asylanträge werden in Deutschland zunächst nicht inhaltlich geprüft, sondern formell entschieden (und abgelehnt). 2017 war das sogar in 18,1 Prozent der Entscheidungen der Fall. Grund dafür ist häufig, dass die Zuständigkeit fürs Asylverfahren gemäß den Dublin-Regularien bei einem anderen Mitgliedsstaat liegt.
Rund 15 Prozent werden tatsächlich überstellt
Häufig wird sodann ein Übernahmeersuchen an den jeweiligen Staat gestellt. Im Jahr 2017 kam das von Deutschland ausgehend 64.267 Mal vor. Jedoch: Nur knapp 47.000 dieser Ersuchen stimmten die anderen EU-Staaten zu, lediglich 7.102 Überstellungen wurden tatsächlich vorgenommen, die meisten davon nach Italien, wo Flüchtlinge häufig kaum Unterstützung erhalten. Das Dublin-System sorgt also dafür, dass rund 7.000 Asylbewerber*innen weniger in Deutschland sind, könnte man nun denken. Weit gefehlt:
Sogar etwas mehr Überstellungen NACH Deutschland
Gleichzeitig gab es knapp 27.000 Übernahmeersuchen anderer Mitgliedsstaaten an Deutschland, da die Ersterfassung der betreffenden Person offenbar hier stattgefunden hatte. Rund 80 Prozent der Ersuchen wurde zugestimmt, letztendlich kam es zu 8.754 Überstellungen nach Deutschland, die meisten aus Frankreich, den Niederlanden und aus Griechenland. Die Aufnahmen aus Griechenland erfolgen hier meistens über die Familienzusammenführung: Die Dublin-Verordnung sieht vor, dass Asylverfahren von Angehörigen im gleichen Mitgliedsstaat durchgeführt werden sollen.
90.000 Verfahren für ein Nullsummenspiel…
Insgesamt wurden 2017 also rund 90.000 aufwändige Verfahren durchgeführt – und das sind nur die mit deutscher Beteiligung – und 15.000 Menschen in kostspieligen Aktionen in andere EU-Staaten abgeschoben. Mit dem Ergebnis, dass sich Aufnahmen und Abschiebungen die Waage halten, die Zahl der Flüchtlinge und der zu bearbeitenden Asylanträge hier also gleich bleibt.
Bei vielen anderen Ländern dürfte das ähnlich aussehen, mit wenigen Ausnahmen: Ungarn beispielsweise weigert sich in vielen Fällen, Flüchtlinge zurückzunehmen. Und Abschiebungen in manch andere Staaten werden regelmäßig durch Gerichte verhindert – aufgrund systemischer Mängel in den dortigen Asylverfahren und drohender Verletzung von Grundrechten.
…mit schlimmen Folgen für Betroffene
Für die betroffenen Flüchtlinge bedeuten diese Verfahren ein jahrelanges Ausharren in Unsicherheit und Angst. Einige von ihnen werden durch Kirchenasyle gerettet, manche durch Gerichte, andere werden aber schlussendlich abgeschoben. Oftmals in Staaten, aus denen sie aus gutem Grund weitergereist sind: Viele Länder in Ost- und Südost-Europa haben kein funktionierendes Asylsystem, Schutzsuchende berichten aus Ungarn oder Bulgarien oft von willkürlicher Inhaftierung oder gar Misshandlungen, in Italien landen viele Flüchtlinge auf der Straße.
(mk)