07.05.2014
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Im Bauch dieses Bootes wurden 18 Tote gefunden. Warum es gekentert ist, ist noch unklar. Bild: <a href="http://www.bbc.com/news/world-europe-27287945">BBC</a>.

Während Bulgarien und Griechenland mit tatkräftige Hilfe der EU-Grenzagentur Frontex die Landgrenzen zur Türkei erfolgreich dicht gemacht haben, wird die Ägäis immer mehr zum Flüchtlingsfriedhof. Am Montag wurden 22 Tote im griechisch-türkischen Seegebiet geborgen.

Seit der Abrie­ge­lung der tür­kisch-grie­chi­schen Land­gren­ze im August 2012 sind über 230 Flücht­lin­ge in der Ägä­is gestor­ben. Die Suche nach schät­zungs­wei­se 10 wei­te­ren Men­schen dau­ert an. Nach Anga­ben der grie­chi­schen Küs­ten­wa­che wur­den 36 Men­schen geret­tet, 32 Män­ner, drei Frau­en und ein drei Jah­re alter Junge.

Vier der Toten fan­den Ret­tungs­kräf­te im Was­ser, 18 wur­den im Inne­ren des grö­ße­ren Boo­tes ent­deckt, dar­un­ter drei Kin­der und eine schwan­ge­re Frau. Tau­cher fan­den die Lei­chen über­ein­an­der lie­gend zwi­schen Taschen und Kof­fern. Es soll sich über­wie­gend um jun­ge Men­schen han­deln. Eine Tote wur­de mit ihrem Kind in den Armen gefunden. 

Über­le­ben­de aus Soma­lia, Syri­en, Eritrea

Die Über­le­ben­den stam­men aus Soma­lia, Syri­en Eri­trea. Sie wur­den nach Samos gebracht. Drei Män­ner wur­den wegen Unter­küh­lung in ein Kran­ken­haus ein­ge­lie­fert. Der Drei­jäh­ri­ge wur­de in ein Kran­ken­haus in Athen geflo­gen, sein Zustand war kri­tisch. Über­le­ben­den zufol­ge befan­den sich etwa 65 Men­schen an Bord der Boo­te, Medi­en­be­rich­ten zufol­ge han­delt es sich um eine Yacht und eine dazu­ge­hö­ri­ge Barkasse.

Die Flücht­lings­boo­te – eine Segel­yacht und eine Bar­kas­se –  waren offen­bar von der tür­ki­schen Küs­te aus gestar­tet. Sie sol­len in den frü­hen Mor­gen­stun­den einen Not­ruf abge­setzt haben. Ein fin­ni­sches Fron­tex-Patrouil­len­boot soll am frü­hen Mor­gen die bei­den Boo­te geken­tert und Dut­zen­de Flücht­lin­ge im Was­ser loka­li­siert haben, rund vier See­mei­len nörd­lich der grie­chi­schen Insel Samos. Ges­tern such­ten die grie­chi­sche Küs­ten­wa­che und Fron­tex wei­ter nach den Vermissten.

Sys­te­ma­ti­sche Pushbacks

Mit der Boots­ka­ta­stro­phe erhöht sich die Zahl der Todes­op­fer der euro­päi­schen Abschot­tungs­po­li­tik. In der Ägä­is und an der Land­gren­ze wei­sen die grie­chi­sche Küs­ten­wa­che  und Grenz­po­li­zei sys­te­ma­tisch Flücht­lin­ge zurück. Die­se Push backs wur­den von PRO ASYL, aber zum Bei­spiel auch von Amnes­ty Inter­na­tio­nal in gro­ßer Zahl und umfas­send dokumentiert.

Daher wirkt es nahe­zu zynisch, wenn der grie­chi­sche Schiff­fahrts­mi­nis­ter Mil­tia­dis Var­vitsio­tis neben per­sön­li­chen Betrof­fen­heits­be­kun­dun­gen mehr Enga­ge­ment der EU zur Bekämp­fung von Men­schen­schmugg­lern und der „ille­ga­len Ein­wan­de­rung“ fordert. 

PRO ASYL for­dert, die völ­ker­rechts­wid­ri­gen Push­back-Ope­ra­tio­nen sofort zu been­den. Die Ein­hal­tung der Men­schen­rech­te an den EU- Außen­gren­zen und die Gewäh­rung lega­ler Ein­rei­se­we­ge für Flücht­lin­ge wären not­wen­di­ge Schrit­te, um das Flücht­lings­ster­ben vor Euro­pas Küs­ten zu beenden. 

Medi­en­be­rich­te: BBC (Video); Spie­gel-online; sueddeutsche.de; theguardian.com;

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