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Antifolterkomitee der Vereinten Nationen kritisiert deutsche Abschiebungshaft
Das UN- Antifolterkomitee zeigt sich besorgt, dass ausreichende Mechanismen fehlen, um besonders schutzbedürftige Abschiebungshäftlinge zu identifizieren.
In der Abschlusserklärung seiner diesjährigen Sitzung in Genf kritisierte das Antifolterkomitee der Vereinten Nationen (CAT – Committee against Torture), dass im Rahmen der Praxis der deutschen Abschiebungshaft ausreichende Mechanismen fehlten, um besonders schutzbedürftige Abschiebungshäftlinge zu identifizieren und entsprechend zu schützen. Es fehle an medizinischen Eingangsuntersuchungen, bei denen auch Traumatisierungen und psychische Leiden erkannt werden könnten, so das Antifolterkomitee.
Deshalb werden immer wieder auch Minderjährige, traumatisierte Menschen, Folteropfer und psychisch kranke Menschen der Abschiebungshaft und damit Bedingungen unterworfen, die schutzbedürftige Menschen traumatisieren oder bereits vorhandene Traumata aktualisieren können. Wie auch das Antifolterkomitee kritisierte, werden Abschiebungshäftlinge immer wieder zusammen mit Straf- und Untersuchungshäftlingen inhaftiert, obwohl Abschiebungshaft sich nach EU-Richtlinien von Strafhaft unterscheiden muss – denn Abschiebungshäftlinge haben nichts verbrochen.
Wie ein Bericht des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes zeigt, verschlechtert sich die psychische und körperliche Verfassung der Abschiebungshäftlinge während der Haft rapide, drei Viertel der Häftlinge bekommen nach drei Monaten hinter Gittern psychische Probleme. Dies zeigen auch Suizide in Abschiebungshaft: Zwischen 1993 und 2010 haben sich 62 Abschiebungshäftlinge selbst getötet.
Ein exemplarischer Fall aus dem Jahr 2010: Am 28 Juni wurde Slawik C., ein Angehöriger der armenischen Minderheit Aserbeidschans in Winsen (Niedersachsen) festgenommen, als der bei der Ausländerbehörde seine Duldung verlängern wollte. Anschließend wurde er in die Abschiebungshaft in Hannover-Langenhagen überführt. Slawik C. hatte mit seiner Frau und seinem Sohn elf Jahre in Deutschland gelebt und sollte nun ohne seine Familie abgeschoben werden. Aus Verzweiflung erhängte sich Slawik C. in der Zelle mit dem Stromkabel eines Wasserkochers. Nach seinem Tod entschied vor Kurzem der Bundesgerichtshof posthum, dass Slawik C. zu Unrecht inhaftiert worden war.
Zum Bericht des Comitees against Torture (doc, engl.)
Abschiebungshaft: Zu schnell, zu oft, zu lange (13.09.12)
Abschiebungshaft ist und darf keine Strafe sein (15.02.12)
Landgericht Leipzig: Abschiebehaft zusammen mit Strafhäftlingen rechtswidrig (08.11.11)