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Mittlerweile traurige Gewohnheit: Eine Flüchtlingsfamilie wird im Herbst 2015 in Ungarn an der serbischen Grenze festgenommen. Flüchtlinge werden dort regelmäßig direkt zurückgeschickt, obwohl diese Praxis rechtswidrig ist. Foto: Reuters / Bernadett Szabo

Verschiedene Organisationen aus Zentraleuropa, die im Europäischen Flüchtlingsrat ECRE zusammengeschlossen sind, veröffentlichen heute (25.01.17) in Prag einen Bericht über die erschreckende Realität an den östlichen EU-Außengrenzen. Dort kommt es immer wieder zu rechtswidrigen Zurückweisungen von Schutzsuchenden.

Der Bericht »Pushed Back at the Door« behan­delt die stei­gen­de Anzahl ille­ga­ler Push Backs an Euro­pas Außen­gren­zen in Bul­ga­ri­en, Tsche­chi­en (Flug­ha­fen), Ungarn und Polen. Zudem gibt er einen Über­blick über besorg­nis­er­re­gen­de Ten­den­zen in der slo­we­ni­schen Poli­tik und Gesetzgebung.

Bulgarien

2016 hat das Bul­ga­ri­an Hel­sin­ki Com­mit­tee (BHC) ver­mehrt Hin­wei­se auf gewalt­tä­ti­ge Push Backs an der tür­ki­schen Gren­ze erhal­ten. Die­se betref­fen nicht nur Vor­gän­ge an der Gren­ze selbst, son­dern auch in Grenz­re­gio­nen inner­halb Bulgariens.

Neben der Zurück­wei­sung wird auch von Dieb­stäh­len (Geld, Wert­sa­chen, sogar Nah­rungs­mit­tel) durch die bul­ga­ri­sche Poli­zei berich­tet. Zudem soll die bul­ga­ri­sche Poli­zei auch Ein­schüch­te­rungs­tak­ti­ken wie Warn­schüs­se und den Ein­satz von Hun­den vornehmen.

Tschechien

Die ein­zi­ge Außen­gren­ze Tsche­chi­ens befin­det sich in der Tran­sit­zo­ne am Flug­ha­fen Prag. Das Gesetz sieht zwar eine Art Flug­ha­fen­ver­fah­ren vor, Schutz­su­chen­de haben jedoch kaum Zugang – weder zum Asyl­ver­fah­ren noch zur dafür vor­ge­se­he­nen Unter­kunft am Flug­ha­fen. 2015 und 2016 hat­ten monat­lich maxi­mal zwei Schutz­su­chen­de Zugang zu die­sem Ver­fah­ren, wäh­rend 30–40 Ent­schei­de pro Monat ergin­gen, die Ein­rei­se zu ver­wei­gern (dar­un­ter waren Per­so­nen aus Län­dern wie Sri Lan­ka, Irak und der Demo­kra­ti­schen Repu­blik Kongo).

Der Orga­niza­ti­on for Aid to Refu­gees (OPU) lie­gen zahl­rei­che Hin­wei­se vor, dass ein Teil die­ser Per­so­nen hät­te Asyl bean­tra­gen wol­len. Teil­wei­se wur­den auch Per­so­nen mit gül­ti­gen Visa abge­wie­sen und zurückgeschickt.

Ein neu­es unga­ri­sches Gesetz sieht vor, dass Per­so­nen, die sich bis zu acht Kilo­me­ter inner­halb des Lan­des befin­den, wie­der auf die ande­re Sei­te der Gren­ze gebracht wer­den sollen.

Ungarn

Ungarn hat einen Grenz­zaun zu den Nach­bar­län­dern Ser­bi­en und Kroa­ti­en errich­tet. Es gibt jeweils eine Tran­sit­zo­ne (Röszke und Tom­pa), dort wird pro Tag 20 bis 30 Asyl­su­chen­den die Ein­rei­se gewährt. Push Backs wur­den in Ungarn durch ein Gesetz im Som­mer 2016 qua­si lega­li­siert: Die­ses Gesetz sieht vor, dass Per­so­nen, die sich an der Gren­ze und bis zu acht Kilo­me­ter inner­halb des Lan­des befin­den, wie­der auf die ande­re Sei­te der Gren­ze gebracht wer­den sol­len. Zwi­schen dem 5. Juli und dem 30. Okto­ber 2016 wur­de auf die­se Wei­se 13.869 Per­so­nen die Ein­rei­se verweigert.

Es wird zudem von zahl­rei­chen Miss­hand­lun­gen und von Ein­sät­zen mit Hun­den berich­tet. Die Orga­ni­sa­ti­on Méde­cins sans Fron­tiè­res (MSF) Ser­bi­en behan­delt nach eige­nen Anga­ben täg­lich Ver­let­zun­gen, die Flücht­lin­gen und Migrant*innen durch die unga­ri­sche Grenz­wa­che zuge­fügt wurden.

Polen

Das pol­ni­sche Recht sieht vor, dass ein Asyl­ge­such, wel­ches bei der Grenz­wa­che ein­geht, regis­triert und inner­halb von 48 Stun­den an den Lei­ter der Aus­län­der­be­hör­de wei­ter­ge­lei­tet wer­den soll. In den letz­ten Mona­ten nah­men die Berich­te zu, wonach zahl­rei­chen Per­so­nen die Ein­rei­se und die Mög­lich­keit, ein Asyl­ge­such zu stel­len, ver­wei­gert wur­den. Die­se Nach­rich­ten betref­fen die Gren­ze zu Weiß­russ­land (Grenz­über­gang Brest-Terespol).

72.382

Men­schen wur­de die Ein­rei­se nach Polen ver­wei­gert – in nur 9 Monaten.

Es sind haupt­säch­lich Schutz­su­chen­de aus Tsche­tsche­ni­en, die über Weiß­russ­land in der EU Schutz bean­tra­gen möch­ten. Die Grenz­wa­che ver­wei­gert den NGOs und dem UNHCR den Zugang zu den Vor­gän­gen an der Gren­ze. Von Janu­ar bis Sep­tem­ber 2016 wur­de 72.372 Per­so­nen die Ein­rei­se ver­wei­gert (davon 61.267 Per­so­nen aus Russ­land) im gesam­ten Vor­jahr 2015 waren es noch 17.376 Einreiseverweigerungen.

Slowenien

Slo­we­ni­en hat kei­ne EU-Außen­gren­ze. Hier scheint es kei­ne sys­te­ma­ti­schen Push Backs zu geben, aller­dings beun­ru­hi­gen­de Ten­den­zen aus der Poli­tik: Eine Geset­zes­än­de­rung soll dem Par­la­ment die Kom­pe­tenz ver­lei­hen – wenn es ihm »auf­grund einer durch Migra­ti­on ver­ur­sach­te Gefahr der öffent­li­chen Ord­nung und Sicher­heit« nötig erscheint – die Gren­zen zu schlies­sen, Asyl­ge­su­che nicht mehr zu prü­fen, und Asyl­su­chen­de an der Gren­ze zurück­zu­wei­sen. Dar­über soll noch im Janu­ar 2017 abge­stimmt werden.