15.05.2023

Mit einer gemein­sa­men Akti­on erin­nern Men­schen- und Kin­der­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen die Bun­des­re­gie­rung an ihr Versprechen.

Zum Inter­na­tio­na­len Tag der Fami­lie am 15. Mai for­dern terre des hom­mes und PRO ASYL sowie wei­te­re Men­schen­rechts- und Kin­der­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen von der Bun­des­re­gie­rung, end­lich ihr Ver­spre­chen aus dem Koali­ti­ons­ver­trag ein­zu­lö­sen, den Fami­li­en­nach­zug zu erleich­tern. Unter dem Mot­to #Ver­giss­mein­nicht machen dies bun­des­weit Aktivist*innen mit der Über­ga­be einer Ver­giss­mein­nicht-Blu­me gegen­über ihren Abge­ord­ne­ten stark. Mit der zen­tra­len Akti­on in Ber­lin wird die Bun­des­re­gie­rung durch ein Blu­men­meer von 416 Ver­giss­mein­nicht – eine pro Abgeordnete*n – und der Über­ga­be einer Blu­me an Fraktionsvertreter*innen vor dem Reichs­tag an ihr Ver­spre­chen erinnert.

Aktu­ell war­ten zehn­tau­sen­de Fami­li­en, die durch Flucht und Ver­fol­gung getrennt wur­den, dar­auf, in Deutsch­land wie­der ver­eint zu wer­den. Vor allem recht­li­che Rege­lun­gen ver­hin­dern, dass ihr Fami­li­en­nach­zug schnell, rechts­si­cher und human erfol­gen kann. So ist bei Kriegs­flücht­lin­gen, die sub­si­diä­ren Schutz erhal­ten, der Nach­zug auf 1.000 Per­so­nen im Monat beschränkt und an zusätz­li­che Bedin­gun­gen geknüpft. Bei unbe­glei­te­ten min­der­jäh­ri­gen Flücht­lin­gen, die etwa auf­grund von dro­hen­der Zwangs­re­kru­tie­rung oder Zwangs­ver­hei­ra­tung aus Län­dern wie Afgha­ni­stan oder Soma­lia allein flie­hen muss­ten, haben zwar die Eltern, nicht aber die Geschwis­ter ein Recht auf Fami­li­en­nach­zug. Lan­ge Ver­fah­rens­dau­ern auf­grund man­geln­der Digi­ta­li­sie­rung und lang­sam arbei­ten­der Behör­den ver­zö­gern den Fami­li­en­nach­zug teils um meh­re­re Jah­re und hal­ten die Betrof­fe­nen in einem schier end­lo­sen Wartezustand.

„Jeder Tag, an dem geflüch­te­te Kin­der und Jugend­li­che von ihren Fami­li­en getrennt sind, ist einer zu viel“, erklärt Sophia Eckert, Refe­ren­tin für Migra­ti­on und Flucht bei terre des hom­mes. „Das gilt nicht nur für Ehepartner*innen, Eltern und Kin­der, son­dern auch für Geschwis­ter. Eine von terre des hom­mes in Auf­trag gege­be­ne For­sa-Umfra­ge zeigt:  Die enge auf­ent­halts­recht­li­che Defi­ni­ti­on von Fami­lie, die Geschwis­ter aus­schließt, ist nicht mehr zeit­ge­mäß. Über zwei Drit­tel der Befrag­ten befür­wor­ten den Geschwis­ter­nach­zug, 96 Pro­zent und damit nahe­zu alle Befrag­ten gaben an, dass Geschwis­ter für Kin­der nach ihrer Mei­nung zur Kern­fa­mi­lie gehö­ren. Als Teil der Kern­fa­mi­lie müs­sen auch sie end­lich, genau wie die Eltern, ein Nach­zugs­recht erhal­ten. Ent­spre­chen­de Erleich­te­run­gen aus dem Koali­ti­ons­ver­trag müs­sen unver­züg­lich umge­setzt wer­den“, so Eckert.

Die Bun­des­re­gie­rung hat im Koali­ti­ons­ver­trag 2021 ver­spro­chen, die beschrie­be­nen Miss­stän­de auf­zu­he­ben, den Fami­li­en­nach­zug zu sub­si­di­är Schutz­be­rech­tig­ten und den Geschwis­ter­nach­zug zu erleich­tern sowie Ver­fah­ren zu beschleu­ni­gen und zu digi­ta­li­sie­ren. Doch die Umset­zung in gesetz­li­che Rege­lun­gen blieb bis­lang aus.

„Die not­wen­di­gen Ver­bes­se­run­gen beim Fami­li­en­nach­zug waren eines der zen­tra­len Ver­spre­chen des Koali­ti­ons­ver­trags in Asyl­fra­gen. Es ist unsäg­lich, dass die Bun­des­re­gie­rung die­se Ver­bes­se­run­gen wei­ter ver­zö­gert und statt­des­sen nun neue Ver­schär­fun­gen bei der Abschie­bungs­haft plant. Dass nach Deutsch­land geflüch­te­te Men­schen etwa aus Afgha­ni­stan oder Eri­trea meh­re­re Jah­re auf ihre Kin­der oder Ehepartner*innen war­ten müs­sen, ist für sie per­sön­lich und inte­gra­ti­ons­po­li­tisch eine Kata­stro­phe“, kom­men­tiert Wieb­ke Judith, rechts­po­li­ti­sche Spre­che­rin von PRO ASYL.

Der Koali­ti­ons­ver­trag war für zehn­tau­sen­de auf der Flucht getrenn­te Fami­li­en ein Hoff­nungs­schim­mer. Es ist aktu­ell nicht abseh­bar, wann die­ses Vor­ha­ben nun end­lich ange­gan­gen wird. PRO ASYL und terre des hom­mes for­dern die Bun­des­re­gie­rung auf, die­se unhalt­ba­re Situa­ti­on zu been­den und durch ent­spre­chen­de gesetz­li­che Ver­än­de­run­gen beim Fami­li­en­nach­zug das Recht auf Fami­li­en­le­ben der Betrof­fe­nen und die damit ver­bun­de­nen Kin­der­rech­te end­lich ange­mes­sen zu würdigen.

An der Akti­on #Ver­giss­mein­nicht betei­li­gen sich bun­des­weit ver­schie­de­ne Orga­ni­sa­tio­nen, loka­le Initia­ti­ven und Aktivist*innen. In Ber­lin fin­det eine zen­tra­le Akti­on vor dem Bun­des­tag statt.

Für die Ver­ein­ba­rung von Inter­views vor Ort oder bei Inter­es­se an Fotos der Akti­on mel­den Sie sich ger­ne bei:

terre des hom­mes: Wolf-Chris­ti­an Ramm, 0541/7101–158 oder 0171–6729748, c.ramm@tdh.de

PRO ASYL: presse@proasyl.de, 069–24231430

Alle unter­stüt­zen­den Orga­ni­sa­tio­nen sowie Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen zur Akti­on fin­den sich auf der #Ver­giss­Mein­Nicht Kam­pa­gnen-Sei­te.

Eine Über­sicht an Fall­bei­spie­len von getrenn­ten Fami­li­en fin­den Sie hier und hier.

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