31.10.2012

Seit dem 24. Okto­ber 2012 befin­den sich auf dem Pari­ser Platz vor dem Bran­den­bur­ger Tor rund 15 Flücht­lin­ge im unbe­fris­te­ten Hun­ger­streik aus Pro­test gegen dis­kri­mi­nie­ren­de Son­der­ge­set­ze wie Resi­denz­pflicht und Lager­zwang. Die Poli­zei unter­sagt ihnen die Nut­zung jeg­li­cher wär­men­der Gegen­stän­de wie Iso­mat­ten und Schlaf­sä­cke. Dazu erklä­ren der Flücht­lings­rat Ber­lin und PRO ASYL:

Das Grund­recht auf Ver­samm­lungs­frei­heit darf nicht durch schi­ka­nö­se Auf­la­gen ein­ge­schränkt wer­den. Bei Tem­pe­ra­tu­ren unter Null ist eine Dau­er­kund­ge­bung ohne Käl­te­schutz nicht mög­lich. Mit dem Ver­bot, ein Zelt auf­zu­stel­len und Schlaf­sä­cke und Sitz­un­ter­la­gen zu ver­wen­den, ver­su­chen die Ber­li­ner Poli­zei und das Bezirks­amt Mit­te den Pro­test der Flücht­lin­ge zu ver­hin­dern. Die Gesund­heit der Hun­ger­strei­ken­den wird dadurch in nicht zu ver­ant­wor­ten­der Wei­se gefährdet.

PRO ASYL und der Flücht­lings­rat Ber­lin sind im hohen Maße besorgt über die Gesund­heit der Strei­ken­den und ent­setzt über die Blo­cka­de­hal­tung des Bezirks Mit­te und das Vor­ge­hen der Polizei.

Die Ent­schlos­sen­heit der Hun­ger­strei­ken­den, auch bei Eises­käl­te und trotz der andau­ern­den Ein­schüch­te­rungs­ver­su­che der Poli­zei am Pari­ser Platz aus­zu­har­ren, ist Aus­druck ihrer Ver­zweif­lung über die rigi­de Asyl­po­li­tik der Bun­des­re­gie­rung. In einer Erklä­rung schrei­ben die strei­ken­den Flücht­lin­ge: Wir wen­den uns gegen die dis­kri­mi­nie­ren­de Poli­tik der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, die uns ein men­schen­wür­di­ges Leben in die­sem Land ver­wei­gert. Wir sehen kei­ne wei­te­re poli­ti­sche Mög­lich­keit, als in den unbe­grenz­ten Hun­ger­streik zu tre­ten, um der deut­schen Poli­tik vor Augen zu füh­ren, zu wel­chen Kon­se­quen­zen ihre Geset­ze füh­ren.“[1]

PRO ASYL und Flücht­lings­rat tei­len die For­de­run­gen der strei­ken­den Flücht­lin­ge nach einer grund­le­gen­den Ände­rung der deut­schen Asyl­po­li­tik. Dazu gehö­ren u.a. die Abschaf­fung der Resi­denz­pflicht, des Lager­zwangs und des Arbeitsverbotes.

Der­zeit treibt das Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um Asyl­su­chen­de immer mehr in die Ver­zweif­lung. Nach den jüngs­ten Anwei­sun­gen des BMI wer­den Asyl­ver­fah­ren von Ira­nern, Afgha­nen und ande­ren Antrag­stel­lern im Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge vor­über­ge­hend nicht bear­bei­tet. Rechts­an­wäl­te berich­ten, dass Anhö­rungs­ter­mi­ne aus­ge­setzt wer­den. Damit müs­sen Flücht­lin­ge noch län­ger in einer kaum aus­zu­hal­ten­den Situa­ti­on ver­har­ren: Die Ein­schrän­kung der Bewe­gungs­frei­heit durch die Resi­denz­pflicht, der Zwang, in Lagern leben zu müs­sen, das Arbeits­ver­bot und die teils jah­re­lan­ge Unge­wiss­heit über den Aus­gang ihres Asyl­ver­fah­rens machen die Schutz­su­chen­den psy­chisch kaputt.

Wei­te­re Infor­ma­tio­nen zum Hun­ger­streik unter

http://refugeetentaction.net sowie auf Face­book unter www.facebook.com/Refugeemarch

Online-Peti­ti­on an den Bezirks­bür­ger­meis­ter Dr. Chris­ti­an Han­ke: www.change.org/de/Petitionen/dr-christian-hanke-bezirksbürgermeister-berlin-mitte-duldung-der-flüchtlingsproteste-auf-dem-pariser-platz

[1] Vgl. http://refugeetentaction.net/index.php?option=com_content&view=article&id=137:erklaerung-der-hungerstreikenden-gefluechteten-in-berlin&catid=2&Itemid=132&lang=de

 Die Flücht­lings­pro­tes­te dau­ern an – nicht nur in Ber­lin (21.11.12)

 Zivi­ler Unge­hor­sam gegen die Aus­gren­zungs­po­li­tik: Flücht­lings­pro­tes­te gehen trotz Schi­ka­nen wei­ter (29.10.12)

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