10.02.2010

PRO ASYL: Regel­sät­ze für Asyl­su­chen­de sind eben­falls verfassungswidrig

Als Kon­se­quenz der gest­ri­gen Karls­ru­her Ent­schei­dung zu Hartz IV for­dert die bun­des­wei­te Flücht­lings­or­ga­ni­sa­ti­on PRO ASYL die Erhö­hung der Regel­sät­ze des Leis­tungs­ge­set­zes für Asyl­su­chen­de. Sie lie­gen nach die­sem Gesetz für Asyl­su­chen­de und Gedul­de­te mehr als 35 % unter den Hartz IV-Sät­zen. Seit Ein­füh­rung des Geset­zes im Jahr 1993 sind die Sät­ze von 360 DM für den Haus­halts­vor­stand, 220 DM für Kin­der unter 8 Jah­ren und für ande­re Fami­li­en­mit­glie­der 310 DM nicht mehr geän­dert wor­den. Der Gesetz­ge­ber hat nicht ein­mal eine Umrech­nung auf Euro-Beträ­ge vorgenommen.

Die pau­scha­le Kür­zung der Regel­sät­ze für Kin­der ist eben­so wie bei Hartz IV-Emp­fän­gern mit den vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt for­mu­lier­ten ver­fas­sungs­recht­li­chen Anfor­de­run­gen nicht zu ver­ein­ba­ren. Die Sät­ze wur­den vor 17 Jah­ren will­kür­lich fest­ge­legt und seit­dem nie wie­der in Fra­ge gestellt, geschwei­ge denn zumin­dest der Infla­ti­ons­ra­te ange­passt. Asyl­su­chen­de, Gedul­de­te und auch Men­schen mit einem huma­ni­tä­ren Auf­ent­halts­sta­tus wer­den min­des­tens vier Jah­re vom sozia­len Exis­tenz­mi­ni­mum aus­ge­schlos­sen und müs­sen unter Man­gel­ver­sor­gung lei­den. Dies ist mit der Men­schen­wür­de nicht vereinbar.

„Nicht nur Hartz IV, auch das Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz ist ver­fas­sungs­wid­rig“, sag­te heu­te Marei Pel­zer, rechts­po­li­ti­sche Refe­ren­tin von PRO ASYL.

Die in der Debat­te um Hartz IV vor­ge­schla­ge­nen Sach­leis­tun­gen füh­ren Schritt für Schritt in die Ent­mün­di­gung der Betrof­fe­nen. Sach­leis­tun­gen schrän­ken die freie Ent­fal­tung der Per­sön­lich­keit ein und ver­hin­dern, dass die Betrof­fe­nen ein selbst­be­stimm­tes Leben füh­ren kön­nen. An der Lebens­si­tua­ti­on von Flücht­lin­gen in Deutsch­land zeigt sich, zu wel­chen Aus­wüch­sen der Ent­mün­di­gung dies füh­ren kann. Län­der wie Bay­ern oder Baden-Würt­tem­berg zwin­gen Flücht­lin­ge, in Lagern zu leben und sich aus zuge­wie­se­nen Lebens­mit­tel­pa­ke­ten zu ernäh­ren. Klei­dung gibt es aus der Kleiderkammer.

Sach­leis­tun­gen stel­len ein Schi­kan­ein­stru­ment dar und ent­mün­di­gen Men­schen. Dies ist weder für Flücht­lin­ge noch für Hartz IV-Emp­fän­ger zumut­bar. PRO ASYL for­dert den Gesetz­ge­ber auf, ver­fas­sungs­ge­mä­ße Sozi­al­leis­tun­gen für alle Bedürf­ti­gen zu schaf­fen und sich von dis­kri­mi­nie­ren­den Son­der­ge­set­zen zu verabschieden.

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