Die zahlreichen Länderinitiativen zeigen deutlich den politischen Handlungsbedarf, um die Situation von langjährig geduldeten Menschen wirksam zu verbessern.
„Die Betroffenen brauchen endlich eine sichere Aufenthaltsperspektive“, sagte Marei Pelzer, rechtspolitische Referentin von PRO ASYL. „Wer Menschen dauerhaft ohne Aufenthaltssicherheit dahinvegetieren lässt, verbaut Lebensentwürfe und verschuldet deren soziale Ausgrenzung.“
Trotz Absichtserklärung im Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung nach drei Jahren Amtszeit nur marginale Regelungen im humanitären Bereich getroffen. Sie hat lediglich eine eng begrenzte Regelung für „gut integrierte“ Jugendliche eingeführt, die allerdings in der Praxis wegen zahlreicher Restriktionen nur einem kleinen Teil der Betroffenen zu einem Bleiberecht verholfen hat.
Hamburgs Gesetzgebungsinitiative will mehr: Die Regelung für Jugendliche (§ 25a AufenthG) soll vereinfacht werden, starre Altersgrenzen ebenso wie der bislang nachzuweisende sechsjährige Schulbesuch als Anforderung entfallen. Stattdessen soll ausreichen, dass Jugendliche seit vier Jahren in Deutschland leben und derzeit „erfolgreich“ die Schule besuchen oder bereits einen Schulabschluss besitzen.
Mit der Bundesratsinitiative will Hamburg darüber hinaus eine allgemeine Bleiberechtsregelung für Geduldete schaffen. Anders als bei den bisherigen Altfallregelungen soll es sich dabei nicht um eine Stichtagsregelung handeln, die nur für Personen gilt, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt eingereist sind. Stattdessen soll eine Dauerregelung Geduldeten die Bleiberechtsperspektive eröffnen, wenn sie über einen längeren Zeitraum in Deutschland gelebt haben.
PRO ASYL gehen die nun von Länderseite vorgeschlagenen Regelungen jedoch nicht weit genug. Das Erfordernis, den Lebensunterhalt (überwiegend) durch Erwerbsarbeit sichern zu müssen, widerspricht der schwierigen Lebensrealität der Betroffenen. Sie wurden als Asylsuchende oder geduldete Flüchtlinge jahrelang per Verbot vom Arbeitsmarkt und Qualifizierungsmaßnahmen ferngehalten. In vielen Kommunen mussten sie in abgelegenen Lagern leben, ohne Chance auf Partizipationsmöglichkeiten oder Integration in den Arbeitsmarkt.
Wenn es nun im Hamburger Gesetzentwurf heißt, die „eigenverantwortliche Sicherung des Lebensunterhalts gehört zu den Grundvoraussetzungen einer nachhaltigen Integration, die vom Ausländer anzustreben ist“ wird einem Gesellschaftsmodell das Wort geredet, in dem Hilfebedürftige ausgegrenzt werden. PRO ASYL fordert, dass das Bemühen um eine eigenständige Lebensunterhaltssicherung ausreichen muss, um ein Bleiberecht zu erhalten.
Während der Gesetzentwurf von den Betroffenen ein Bekenntnis zur „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ verlangt, soll der Schutz des Grundgesetzes für ihre Familien nicht gelten: Familiennachzug soll generell ausgeschlossen werden.
Kritikwürdig ist zudem, dass die restriktiven Ausschlussgründe, die bereits frühere Regelungen für viele Betroffenen zu reinen Papiertigern gemacht haben, erneut aufgenommen wurden. Die verweigerte Mitwirkung an der eigenen Abschiebung soll ebenso wie in der Vergangenheit erfolgte Strafverurteilungen wegen kleinster Vergehen zum Ausschluss vom Bleiberecht führen.
Fortgeschrieben werden sollen auch restriktive Ausschlussgründe vom Bleiberecht wie etwa die Verweigerung, an der eigenen Abschiebung mitzuwirken oder Bagatellstraftaten.
PRO ASYL begrüßt den Hamburger Vorschlag als eine Verbesserung. Er muss aber deutlich nachgebessert werden, um humanitären Anforderungen zu genügen.
PRO ASYL hat eine Synopse der verschiedenen Länderinitiativen erstellt »
Bundesrats-Drucksache 505/12 »
Oster-Appell 2012: Dauerhaftes Bleiberecht für Flüchtlinge (04.04.12)
Schluss mit der Halbherzigkeit – Für eine neue Bleiberechtsregelung (30.09.11)