Heu­te wird im Bun­des­tag der Geset­zes­ent­wurf zur Bestim­mung von Alge­ri­en, Marok­ko und Tune­si­en als siche­re Her­kunfts­staa­ten debat­tiert. PRO ASYL lehnt die Ein­stu­fung die­ser Staa­ten als siche­re Her­kunfts­staa­ten ab. Staa­ten, in denen gefol­tert wird, demo­kra­ti­sche Grund­rech­te miss­ach­tet und die Men­schen­rech­te ver­letzt wer­den, sind kei­ne siche­ren Her­kunfts­staa­ten. Die Bun­des­re­gie­rung beschö­nigt die Lage, igno­riert Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen in die­sen Län­dern und stellt statt­des­sen Per­sil-Schei­ne aus. Damit wird die Men­schen­rechts­si­tua­ti­on in die­sen Staa­ten bagatellisiert.

PRO ASYL hat hier­zu eine umfang­rei­che Stel­lung­nah­me ver­fasst, in der die Men­schen­rechts­la­ge in den drei Maghreb-Staa­ten ana­ly­siert wird. In allen drei Staa­ten bestehen gra­vie­ren­de Men­schen­rechts­pro­ble­me, die eine Ein­stu­fung die­ser Staa­ten als sicher ver­bie­ten: Es kommt zu Fol­ter­fäl­len und extra­le­ga­len Tötun­gen, Demons­tra­ti­ons- und Mei­nungs­frei­heit sind nicht aus­rei­chend gewähr­leis­tet und die Rech­te von Frau­en oder Homo­se­xu­el­len wer­den miss­ach­tet. Nach den Kri­te­ri­en des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts sind Marok­ko, Alge­ri­en und Tune­si­en damit kei­ne siche­ren Her­kunfts­staa­ten. Dafür müss­te Sicher­heit vor poli­ti­scher Ver­fol­gung und vor unmensch­li­cher oder ernied­ri­gen­der Bestra­fung oder Behand­lung lan­des­weit und für alle Per­so­nen- und Bevöl­ke­rungs­grup­pen bestehen.

Die Ein­stu­fung als siche­rer Her­kunfts­staat hat zur Fol­ge, dass in den Asyl­ver­fah­ren die Flucht­grün­de prak­tisch nicht mehr ermit­telt wer­den. Der Kern des Asyl­ver­fah­rens ist jedoch die indi­vi­du­el­le Prü­fung des Antrags auf Schutz.

Alge­ri­en

Die Men­schen­rechts­la­ge in Alge­ri­en ent­spricht nicht den Anfor­de­run­gen des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts an einen siche­ren Her­kunfts­staat. So ist die Ver­ei­ni­gungs- und Ver­samm­lungs­frei­heit nicht gewähr­leis­tet und die Mei­nungs- und Pres­se­frei­heit beschränkt. Wei­te­re Men­schen­rechts­de­fi­zi­te sind die weit­rei­chen­de Kor­rup­ti­on, die Bedin­gun­gen in Gefäng­nis­sen und die Miss­hand­lun­gen von Inhaf­tier­ten, Gewalt gegen­über und Dis­kri­mi­nie­rung von Frau­en und die Ein­schrän­kung von Arbeit­neh­mer­rech­ten. Auch kommt es bei der Ter­ro­ris­mus­be­kämp­fung zu Folterfällen.

Marok­ko

Marok­ko ist kein demo­kra­ti­scher Staat. Die Behör­den schrän­ken das Recht auf freie Mei­nungs­äu­ße­rung sowie die Ver­ei­ni­gungs- und Ver­samm­lungs­frei­heit mas­siv ein. Das US Depar­te­ment of Sta­te hat zudem Fol­ter­fäl­le in Marok­ko fest­ge­stellt und kri­ti­siert die Kor­rup­ti­on in allen Regie­rungs­be­rei­chen und das Feh­len von Rechts­staat­lich­keit. Frau­en sind durch die Geset­ze nur unzu­rei­chend vor sexu­el­ler Gewalt geschützt und Homo­se­xua­li­tät kann mit bis zu drei Jah­ren Haft bestraft wer­den. Allein der West­sa­ha­ra - Kon­flikt reicht aus, um Marok­ko nicht als siche­ren Her­kunfts­staat ein­zu­stu­fen: Marok­ko hat seit 1975 gro­ße Tei­le der West­sa­ha­ra annek­tiert und geht mas­siv gegen sahr­aui­sche Akti­vis­ten vor.

Tune­si­en

Bezo­gen auf Tune­si­en rei­chen die Aus­füh­run­gen der Bun­des­re­gie­rung selbst zur Men­schen­rechts­la­ge schon aus, um zu ver­deut­li­chen, dass Tune­si­en kein „siche­rer Her­kunfts­staat“ ist. Der Gesetz­ent­wurf selbst bestä­tigt, dass es zu extra­le­ga­len Tötun­gen in Haft sowie zu Fol­ter­fäl­len gekom­men ist und dass eine Bestra­fung von homo­se­xu­el­len Hand­lun­gen prak­ti­ziert wird, die flücht­lings­recht­lich nicht anders als Ver­fol­gung ein­zu­stu­fen ist. Schon der Gesetz­ent­wurf selbst macht also deut­lich, war­um sich die Ein­stu­fung von Tune­si­en als siche­rer Her­kunfts­staat nicht recht­fer­ti­gen lässt.

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