25.02.2010

PRO ASYL kri­ti­siert kom­plet­te Rea­li­täts­ver­wei­ge­rung: Papie­re­ne Absichts­er­klä­run­gen genü­gen nicht

Über­ein­stim­mend sehen unab­hän­gi­ge inter­na­tio­na­le Beob­ach­ter und Orga­ni­sa­tio­nen die Lage der Min­der­hei­ten der Roma, Ash­ka­li und Ägyp­ter im Koso­vo als extrem kri­tisch an. Sie ver­lan­gen zumin­dest eine Aus­set­zung der Abschie­bun­gen aus west­eu­ro­päi­schen Staa­ten. Ganz anders die Bun­des­re­gie­rung. Die sieht kei­nen Grund, ihre Abschie­be­pra­xis in Zwei­fel zu zie­hen. Dies ergibt sich aus der Ant­wort auf eine Klei­ne Anfra­ge von Bünd­nis 90 / Die Grü­nen im Bun­des­tag (BT-Druck­sa­che 17/ 692).

Nicht die Wirk­lich­keit ist der Maß­stab der Bun­des­re­gie­rung. Ihr genü­gen papie­re­ne Absichts­er­klä­run­gen und die Exis­tenz von Men­schen­rechts­be­auf­trag­ten, um die Situa­ti­on schön zu schrei­ben. Die Inte­rims­ver­wal­tung der Ver­ein­ten Natio­nen für den Koso­vo (Unmik) hat in den zehn Jah­ren ihrer Tätig­keit für jede Kom­mu­ne Min­der­hei­ten­be­auf­trag­te eta­bliert – macht­lo­se Papier­ti­ger ohne ein Bud­get oder poli­ti­sches Gewicht. Inte­gra­ti­ons­pro­gram­me ste­hen Jah­re spä­ter immer noch nur auf dem Papier. Die deut­sche Regie­rung igno­riert dies.

Im Koso­vo herrscht wei­ter­hin eine umfas­sen­de Dis­kri­mi­nie­rung der Roma. Die alba­ni­sche Bevöl­ke­rungs­mehr­heit schanzt sich die weni­gen Arbeits­ge­le­gen­hei­ten zu. Die Fol­ge ist eine fast hun­dert­pro­zen­ti­ge Arbeits­lo­sig­keit bei Roma. Die von der Bun­des­re­gie­rung zitier­te durch­schnitt­li­che Arbeits­lo­sig­keit von mehr als 45 Pro­zent spie­gelt dies nicht wie­der. Abschie­bun­gen von Roma füh­ren auch wei­ter­hin in vie­len Fäl­len auf die Müll­hal­den des Koso­vo. Trotz jah­re­lan­ger Kri­tik inter­na­tio­na­ler Orga­ni­sa­tio­nen sind 500 Roma wei­ter­hin gezwun­gen, in blei­ver­seuch­ten Lagern zu leben. Die Regie­rung des Koso­vo hat weder den Wil­len noch die Mit­tel, dar­an etwas zu ändern.

Wo die Kri­ti­ker alle­samt wei­ter­be­stehen­de Aus­gren­zung, Dis­kri­mi­nie­rung und Ver­elen­dung sehen, da sieht die Bun­des­re­gie­rung ledig­lich „Defi­zi­te auf loka­ler Ebe­ne“ oder „Koor­di­na­ti­ons­schwie­rig­kei­ten inner­halb des koso­va­ri­schen Staa­tes“ sowie „Funk­ti­ons­de­fi­zi­te in Jus­tiz und Ver­wal­tung“. Die Recht­staats­mis­si­on Eulex springt da hilf­reich bei. Wo UNHCR Koso­vo-Roma im gesam­ten Gebiet des Koso­vo Andro­hun­gen phy­si­scher Gewalt und sons­ti­gen Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen aus­ge­setzt sieht, da qua­li­fi­ziert EULEX kon­kre­te Zwi­schen­fäl­le „nicht als eth­nisch moti­vier­te Verfolgungshandlungen“.

Hil­fen für Rück­keh­rer / Abge­scho­be­ne aus Deutsch­land und ande­ren west­eu­ro­päi­schen Staa­ten gibt es von koso­va­ri­scher Sei­te nicht. Sozi­al­hil­fe gibt es für ver­ein­zel­te Rück­keh­rer in der Kom­mu­ne, in der sie bei der Flucht gemel­det waren. Kön­nen sie dort­hin nicht zurück, gehen sie leer aus. Woh­nun­gen wer­den häu­fig an Roma nicht ver­mie­tet, meist haben sie ohne­hin kein Geld.

Das deut­sche Abschie­bungs­be­gleit­pro­gramm heißt URA2. Des­sen Mög­lich­kei­ten und Kom­pe­ten­zen sind beschränkt. Unter­stüt­zung gibt es nur für maxi­mal fünf Mona­te, danach stür­zen Abge­scho­be­ne ins Elend. In der Beant­wor­tung der Bun­des­tags­an­fra­ge hält die Bun­des­re­gie­rung die Fah­ne die­ses kurz­at­mi­gen und nicht nach­hal­ti­gen Pro­jek­tes gegen alle Fak­ten hoch.

PRO ASYL for­dert einen sofor­ti­gen Abschie­be­stopp für Roma, Ash­ka­li und soge­nann­te Koso­vo-Ägyp­ter. Die Bun­des­re­gie­rung muss Anstren­gun­gen unter­neh­men, die koso­va­ri­sche Regie­rung bei der Schlie­ßung der blei­ver­seuch­ten Lager in der Regi­on Mit­ro­vica zu unter­stüt­zen. Papie­re­ne Absichts­er­klä­run­gen genü­gen nicht für eine Rück­kehr in Würde.

Kon­takt:

Tel.: 069 23 06 95

E‑Mail: presse@proasyl.de

Bas­ti­an Wre­de, Flücht­lings­rat Nie­der­sach­sen (recher­chiert Roma-Abschie­bun­gen in den Koso­vo): 05121 15 605

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