07.10.2009

Doch bereits das Ver­fah­ren hat­te nega­ti­ve Signal­wir­kung auf die huma­ni­tä­re Hil­fe
PRO ASYL: Auf die Ankla­ge­bank gehört die Flücht­lings­po­li­tik Ita­li­ens und Europas

Der Cap Ana­mur-Pro­zess ist nach drei Jah­ren zu Ende. Mit dem Frei­spruch hat die ita­lie­ni­sche Jus­tiz die ein­zig mög­li­che Kon­se­quenz gezo­gen, denn schon die Ankla­ge hät­te nie erho­ben wer­den dür­fen. Huma­ni­tä­re Hil­fe ist nie­mals ein Ver­bre­chen. PRO ASYL for­dert, dass auch die tune­si­schen Fischer, in deren Ver­fah­ren die Urteils­ver­kün­dung noch aus­steht, eben­falls frei­ge­spro­chen wer­den. Der­ar­ti­ge Straf­ver­fah­ren gegen huma­ni­tä­re Hel­fer müs­sen für die Zukunft aus­ge­schlos­sen werden.

Bereits von dem quä­lend lan­gen Ver­fah­ren ging eine ver­hee­ren­de Signal­wir­kung aus. Zuneh­mend berich­ten Boots­flücht­lin­ge, in den Gewäs­sern zwi­schen Liby­en, Mal­ta und Ita­li­en sei­en Schif­fe an ihren see­un­tüch­ti­gen Flücht­lings­boo­ten vor­bei­ge­fah­ren ohne zu hel­fen. Die Saat der Inhu­ma­ni­tät, aus­ge­bracht vom frü­he­ren Innen­mi­nis­ter Schi­ly und sei­nem ita­lie­ni­schen Amts­kol­le­gen Pisa­nu, geht damit auf. Sie woll­ten mit einem har­ten Vor­ge­hen gegen die Cap Ana­mur huma­ni­tä­re Hil­fe kri­mi­na­li­sie­ren und Nach­ah­mer abschrecken.

Die Crew mit einem skan­da­lö­sen Ver­fah­ren zu über­zie­hen und mit den 37 geret­te­ten Flücht­lin­gen per Blitz­ab­schie­bung kur­zen Pro­zess zu machen, soll­te zwei Bot­schaf­ten ver­mit­teln. Schiffs­be­sat­zun­gen soll­ten in Zukunft weg­schau­en und wei­ter­fah­ren. Poten­ti­el­len Schutz­su­chen­den soll­te ein­ge­bläut wer­den: An unse­ren Küs­ten war­ten Inhaf­tie­rung und Rück­trans­port. Den poli­ti­schen Cha­rak­ter des Ver­fah­rens hat der Ober­staats­an­walt von Agri­gen­to zu Anfang des Ver­fah­rens offen ein­ge­stan­den: Man sei in recht­li­cher und poli­ti­scher Hin­sicht dazu gezwun­gen, die Wie­der­ho­lung sol­cher Aktio­nen zu ver­hin­dern, auch wenn sie in edler Absicht geschehen.

Auf die Ankla­ge­bank gehört die men­schen­ver­ach­ten­de Flücht­lings­po­li­tik der Regie­rung Ber­lus­co­ni, inter­na­tio­nal bekannt als Push-back-poli­cy. Die ita­lie­ni­sche Küs­ten­wa­che bringt seit Anfang Mai 2009 Flücht­lings­boo­te in inter­na­tio­na­len Gewäs­sern auf und drängt sie nach Liby­en zurück. Über tau­send Boots­flücht­lin­gen wer­den dort die Men­schen­rech­te vor­ent­hal­ten. Dort wer­den sie in Haft­la­gern fest­ge­hal­ten, oft­mals schwer miss­han­delt, in der Wüs­te aus­ge­setzt oder abgeschoben.

Für die bei­den Frei­ge­spro­che­nen gehen Jah­re gro­ßer Unge­wiss­heit zu Ende, wäh­rend derer sie sich zur Ver­fü­gung der ita­lie­ni­schen Jus­tiz hal­ten muss­ten. Schon die Ver­fah­rens­dau­er selbst war ein Mit­tel zum poli­tisch erstreb­ten Zweck: der Abschre­ckung von huma­ni­tä­rem Han­deln. Der so ent­stan­de­ne Scha­den kann nicht wie­der gut gemacht werden.

Über die unmit­tel­ba­re Ret­tungs­tat hin­aus bleibt es das huma­ni­tä­re Ver­dienst der Cap Ana­mur-Crew, mit ihrer Tat den Men­schen­rechts­skan­dal an der EU-Außen­gren­ze offen­ge­legt zu haben: Euro­pa lässt sterben.

gez. Bernd Meso­vic
Refe­rent

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