30.10.2019

PRO ASYL: Ver­fah­rens­recht­li­che Stan­dards sol­len gezielt unter­lau­fen werden 

PRO ASYL kri­ti­siert die aktu­el­len Vor­schlä­ge Horst See­ho­fers für Asyl­ver­fah­ren an den EU-Außen­gren­zen. Zu deren Durch­füh­rung sol­len Asyl­su­chen­de dort inter­niert, einem Schnell­ver­fah­ren unter­zo­gen und gege­be­nen­falls unmit­tel­bar abge­scho­ben werden.

Vom Zugang zum Recht auf Asyl kann nicht die Rede sein, wenn See­ho­fer davon spricht, dass ledig­lich die »Aus­sicht auf Asyl« an den Außen­gren­zen geprüft wer­den und nur »bei einer posi­ti­ven Pro­gno­se« das eigent­li­che Asyl­ver­fah­ren nach einer Über­nah­me in den EU-Mit­glieds­staa­ten durch­ge­führt wer­den soll. Was Asyl­ver­fah­ren genannt wird, wäre ledig­lich eine grob geschnitz­te Plau­si­bi­li­täts­prü­fung. Für deren man­gel­haf­te Qua­li­tät dürf­ten vor­aus­sicht­lich EU-Agen­tu­ren, von EASO bis FRONTEX, sor­gen. Die­ser Vor­schlag hebelt den Rechts­staat aus. In Elends- und Mas­sen­la­gern gibt es kei­ne fai­ren Ver­fah­ren und kei­nen Zugang zu unab­hän­gi­gen Gerich­ten, die das Han­deln der Behör­den kon­trol­lie­ren. Das gilt auch für jetzt in den Raum gewor­fe­ne »Plau­si­bi­li­täts­prü­fun­gen«.

Dass vor die­sem Hin­ter­grund, der SPD-»Migrationsexperte« Lars Cas­tel­luc­ci die­sen Modell­ver­such unter­stützt, ist absurd. Wer wis­sen will, wie Asyl­ver­fah­ren nicht funk­tio­nie­ren kön­nen, der bli­cke auf die grie­chi­schen Inseln. Schon heu­te har­ren Zehn­tau­sen­de unter uner­träg­li­chen Lebens­be­din­gun­gen in einem sol­chen Mas­sen­mo­dell­ver­such in soge­nann­ten Hot­spots wie Moria auf Les­vos. Es gibt dort weder eine anwalt­li­che Unter­stüt­zung noch die Über­prü­fung der behörd­li­chen Fehl­ent­schei­dun­gen durch Gerich­te. Die Haupt­leid­tra­gen­den: Fol­ter­op­fer, Min­der­jäh­ri­ge, Traumatisierte.

PRO ASYL stimmt See­ho­fer in einem Punkt zu: Das Dub­lin Ver­fah­ren ist geschei­tert. Begon­nen aller­dings hat die­ser Pro­zess mit dem jah­re­lan­gen mas­si­ven Ver­such Deutsch­lands, aus sei­ner kom­for­ta­blen geo­gra­phi­schen Mit­tel­la­ge her­aus den Rand­staa­ten die Ver­ant­wor­tung für Asyl­su­chen­de auf­zu­bür­den. Die­sel­ben Staa­ten sol­len jetzt als Betrei­ber wei­te­rer Inter­nie­rungs­zen­tren alten und neu­en Typs her­an­ge­zo­gen wer­den. Sie wer­den sich wie bis­her fra­gen, ob sie am Ende nicht doch für einen Groß­teil der Ankom­men­den zustän­dig blei­ben wer­den. Die Plä­ne lau­fen auf nied­ri­ge Aner­ken­nungs­quo­ten im »Vor­ab-Pseu­do-Asyl­ver­fah­ren« und damit ver­bun­de­ne Abschie­be­bru­ta­li­tät hin­aus. Wer den Gor­di­schen Kno­ten der Dub­lin-Reform lösen will, muss statt­des­sen eine soli­da­ri­sche Ver­tei­lung nach Ankunft ernst­haft ins Auge fas­sen. Nach den jet­zi­gen Pla­nun­gen blei­ben die Rand­staa­ten in der Hauptverantwortung.

Cas­tel­luc­cis Ver­weis, für über Flug­hä­fen Ein­rei­sen­de blie­be das Asyl­sys­tem »unbe­rührt«, ist Augen­wi­sche­rei. Das ist seit jeher eine über­schau­ba­re Min­der­heit gewe­sen. Und selbst die ist den Scharf­ma­chern beim Asyl­the­ma noch zu groß. Das zeigt die dras­tisch zuneh­men­de  Zahl von 48-Stun­den-Flug­ha­fen­asyl­ver­fah­ren, in denen die Antrag­stel­len­den als »offen­sicht­lich unbe­grün­det« abge­lehnt werden.

Ent­schei­dun­gen im Flug­ha­fen­ver­fah­ren von 2014 bis 1. Halb­jahr 2019

Mit­tei­lung § 18a VI AsylG     o.u.-Ablehnung (davon gem. 29a) / pro­zen­tua­ler Anteil
2014                    539                                            56 (5)                           /              9%
2015                    549                                            74 (2)                           /             12%
2016                    191                                            68 (3) + 1 ein­ge­stellt     /       26%
2017                    264                                          127 (6)                           /             32%
2018                    253                                          229 (2)                           /             48%
2019 (1. HJ)         104                                          111 (1)                         /             52%

 

Erläu­te­rung zur Mit­tei­lung § 18a VI AsylG: Wenn das Bun­des­amt m Flug­ha­fen­ver­fah­ren nicht inner­halb von 2 Tagen ent­schie­den hat, wird dem*der Asyl­su­chen­den nach  § 18a VI die Ein­rei­se gestat­tet und das Asyl­ver­fah­ren wird im Inland durchgeführt. 

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