20.11.2014
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Im Koalitionsvertrag haben Sigmar Gabriel, Angela Merkel und Horst Seehofer (von links) ein Bleiberecht für langjährig geduldete Flüchtlinge vereinbart. Dessen Umsetzung wird jedoch als trojanisches Pferd zur Einschleusung massiver aufenthaltsrechtlicher Verschärfungen missbraucht. Foto: www.wikipedia.de

Die Ressortabstimmungen zum Gesetzentwurf zu Bleiberecht und Aufenthaltsbeendigung befindet sich in der Endphase. Am 3. Dezember könnte ein Kabinettsbeschluss folgen. Der Bundesrat soll offenbar umgangen werden. Die Folgen wären weitreichend: Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Bleiberecht würde ausgehebelt. Neue Haftgründe würden eine uferlose Inhaftierung von Flüchtlingen ermöglichen.

Uni­on und SPD haben im Koali­ti­ons­ver­trag diver­se Ver­bes­se­run­gen im Migra­ti­ons­recht ver­ein­bart. Anstatt die­se Ver­bes­se­run­gen ein­fach umzu­set­zen, wird jedoch bis­her jede Bes­ser­stel­lung in einem Paket mit Ver­schär­fun­gen ver­han­delt und ver­ab­schie­det. Der Koali­ti­ons­ver­trag wird so ad absur­dum geführt.

Bei der ver­ein­bar­ten Blei­be­rechts­re­ge­lung, die zehn­tau­sen­den gedul­de­ten Flücht­lin­gen end­lich eine Per­spek­ti­ve eröff­nen soll, droht erneut ein sol­ches Vor­ge­hen. Ein Refe­ren­ten­ent­wurf aus dem Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um, der bereits im April bekannt gewor­den ist, sieht die wohl mas­sivs­ten Ver­schär­fun­gen im Migra­ti­ons­recht seit 1993 vor. Wäh­rend im Juni noch über Beden­ken in der SPD berich­tet wur­de, ist es seit­her still geworden.

Kabi­netts­be­schluss wird Anfang Dezem­ber erwartet

Nun ist durch­ge­si­ckert, dass die Res­sort­ab­stim­mung fast abge­schlos­sen ist. Ein Kabi­netts­be­schluss könn­te bereits am 3. Dezem­ber fol­gen. Danach droht eine zeit­na­he Ver­ab­schie­dung: Der Gesetz­ent­wurf soll offen­bar so gestal­tet wer­den, dass eine Zustim­mungs­pflicht durch den Bun­des­rat entfällt.

Geplant ist die Schaf­fung neu­er Auf­ent­halts- und Ein­rei­se­ver­bo­te (§ 11 Auf­enthG). Dadurch könn­ten bestimm­te Flücht­lings­grup­pen von jeder Mög­lich­keit der Auf­ent­halts­ver­fes­ti­gung, dem Arbeits­markt und einem men­schen­wür­di­gen Exis­tenz­mi­ni­mum aus­ge­schlos­sen werden.

Mas­si­ve Ver­schär­fun­gen des Auf­ent­halts­ge­setz durch Hintertür

Das Blei­be­recht wür­de so zum tro­ja­ni­schen Pferd: Statt lang­jäh­rig Gedul­de­ten die Inte­gra­ti­on zu ermög­li­chen, wür­den zehn­tau­sen­de Men­schen auf Dau­er von gesell­schaft­li­cher Teil­ha­be aus­ge­schlos­sen. Statt die Ket­ten­dul­dun­gen abzu­schaf­fen müss­ten noch mehr Men­schen dau­er­haft im Dul­dungs­sta­tus ver­blei­ben, da sie einem Auf­ent­halts­ver­bot unter­lie­gen. Statt auf eige­nen Bei­nen zu ste­hen könn­te vie­len Gedul­de­ten, das Arbei­ten dau­er­haft ver­bo­ten wer­den. Dies wäre ein kla­rer Bruch des Koali­ti­ons­ver­tra­ges: Dort war beschlos­sen wor­den mit einer Blei­be­rechts­re­ge­lung, „lan­ge in Deutsch­land leben­den gedul­de­ten Men­schen, die sich in die hie­si­gen Lebens­ver­hält­nis­se nach­hal­tig inte­griert haben, eine Per­spek­ti­ve zu eröff­nen“.

Mehr Haft und weni­ger Rech­te für Asylsuchende

Doch damit nicht genug: Das Geset­zes­pa­ket sieht dar­über hin­aus eine mas­si­ve Aus­wei­tung der Abschie­bungs­haft in Dub­lin-Fäl­le vor. Auch das Aus­wei­sungs­recht soll ver­schärft wer­den. Zudem sol­len Wie­der­ein­rei­se­sper­ren für als „offen­sicht­lich unbe­grün­det“ abge­lehn­te Asyl­su­chen­de ein­ge­führt werden.

Die zu erwar­ten­den  Ände­run­gen hat PRO ASYL mit die­ser ers­ten Ein­schät­zung ana­ly­siert »>

 Bun­des­tag beschließt Aus­wei­tung der Abschie­bungs­haft und Blei­be­rechts­re­ge­lung (02.07.15)

 „Gesetz zu Blei­be­recht und Auf­ent­halts­be­en­di­gung“: Mas­si­ve Ver­schär­fung des Auf­ent­halts­rechts (03.12.14)