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Unsere Preisträgerin 2022: Marta Górczyńska kämpft in Polen für Menschenrechte
Unermüdlich setzen sich Anwältin Marta Górczyńska und die polnische Organisation Helsinki Foundation for Human Rights für die Rechte von Geflüchteten ein – obwohl sie von der eigenen Regierung dafür angefeindet werden. Am Samstag haben sie in Frankfurt dafür den PRO ASYL – Menschenrechtspreis erhalten.
»Vor einem Jahr hätte ich mir nicht vorstellen können, einen Preis dafür zu bekommen, grundlegende Menschenrechte zu verteidigen. Nicht in Polen. Nicht in der Europäischen Union. Nicht im 21. Jahrhundert« sagt Marta Górczyńska. »Wir verstehen die Auszeichnung als ein Zeichen von großer Solidarität in Zeiten, in denen die polnische Regierung immer stärker versucht, diejenigen zu kriminalisieren, die Menschen an der Grenze helfen.«
Preis kommt »zur rechten Zeit«
Dass dieses Zeichen zur richtigen Zeit kommt, betont ihr Kollege Maciej Nowicki aus dem Vorstand der Helsinki Foundation for Human Rights: »Inmitten der weit verbreiteten Begeisterung über die wunderbare Solidarität der polnischen Gesellschaft mit ukrainischen Flüchtlingen gibt es eine Handvoll polnischer NGOs, die betonen, dass zwischen Kriegsflüchtlingen kein Unterschied gemacht werden kann. Noch nie war es notwendiger, diese Stimmen zu verstärken!«
»Ich habe viel Hoffnung in die Menschen, die diese Welt verändern möchten und nicht aufhören, Regierungen daran zu erinnern, dass es bei Ungerechtigkeit immer Widerstand geben wird!«
In ihrer Rede beschreibt die Preisträgerin die dramatische Situation in Polen und den eklatanten Unterschied in der Behandlung von Geflüchteten aus der Ukraine und anderen Staaten und schließt mit den Sätzen: »Ich habe wenig Hoffnung, dass sich die Politik der derzeitigen Regierung ändert. Ich habe wenig Hoffnung, dass die Europäische Union ihre Mitgliedsstaaten dazu bringt, das EU-Recht an ihren eigenen Grenzen zu achten. Aber ich habe viel Hoffnung in die Menschen, die diese Welt verändern möchten und nicht aufhören, Regierungen daran zu erinnern, dass es bei Ungerechtigkeit immer Widerstand geben wird«.
Beispielgebend für die Verteidigung der Menschenwürde
Auch die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg, betont diesen Aspekt in ihrer Laudatio. »Es ist dem Mut von Frauen wie Marta zu verdanken, dass der Versuch des polnischen Staates, massive Menschenrechtsverletzungen vor der Öffentlichkeit zu verbergen, nicht gelungen ist. Ihr Einsatz steht damit beispielgebend für die Verteidigung der Menschenwürde, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit in Europa«.
Marta Górczyńska und ihre Kolleg*innen stemmen sich gegen die Verschärfung des Asylrechts in Polen. Sie unterstützen Geflüchtete – jene an der polnisch-belarussischen Grenze ebenso wie jene aus der Ukraine – dokumentieren Menschenrechtsverletzungen und vertreten Betroffene vor Gericht. Unermüdlich machen sie auf rechtswidrige Zurückweisungen an der Grenze zu Belarus aufmerksam. Im Sommer 2021 haben sich Marta Górczyńska und die Helsinki Foundation for Human Rights (Poland) mit weiteren Akteuren in dem Netzwerk Grupa Granica zusammengeschlossen. Dieses Netzwerk ist 24 Stunden am Tag, an sieben Tagen die Woche im Einsatz, um humanitäre Nothilfe in den Wäldern des polnischen Grenzgebietes zu leisten.
Menschenrechtsarbeit gegen alle Widrigkeiten
Die Preisträger*innen trotzen allen Versuchen von staatlichen Institutionen, den Zugang zu Schutz in Europa zu blockieren und Zurückweisungen an der Grenze zu legalisieren. In einer Atmosphäre der Rechtlosigkeit bekämpfen sie jeden Tag die Aushebelung rechtsstaatlicher Prinzipien. Und bei ihrem Kampf geht es um mehr als Flüchtlingsrechte: Wie Marta Górczyńska berichtet, werden selbst Gerichtsurteile – auch auf europäischer Ebene – von der polnischen Regierung oft schlicht ignoriert und nicht umgesetzt.
»Zehn Jahre nach dem Friedensnobelpreis hat sich der EU-Staatenbund weiter denn je von den ursprünglichen Werten entfernt«
Die Helsinki Foundation arbeitet auch auf juristischer Ebene trotzdem unbeirrt weiter und leistet damit auch einen wichtigen Beitrag zum Kampf für elementare Werte wie Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit – während die Europäische Union selbst »zehn Jahre nach dem Friedensnobelpreis weiter denn je von ihren ursprünglichen Werten entfernt« ist, wie Stiftungsvorstand Andreas Lipsch in seiner Würdigung betont.
Die Stiftung PRO ASYL verleiht ihren Menschenrechtspreis, die PRO ASYL – Hand, jedes Jahr an Personen, die sich in herausragender Weise für die Achtung der Menschenrechte und den Schutz von Flüchtlingen einsetzen. Eine Übersicht über bisherige Preisträger*innen findet sich hier!