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Schutz für anerkannte Flüchtlinge gibt es in Griechenland nur auf dem Papier
Seit Jahren unterstützen unsere Anwältinnen und Menschenrechtler*innen im Auftrag von PRO ASYL Schutzsuchende in Griechenland. Eine umfassende juristische Stellungnahme von PRO ASYL und unserem Projektpartner Refugee Support Aegean (RSA) zeigt, unter welchen erschreckenden Lebensbedingungen anerkannte Flüchtlinge in Griechenland leben müssen.
In der Stellungnahme kommen die Expert*innen zum Schluss, dass es für Menschen, die in Griechenland einen Schutzstatus erteilt bekommen haben, keinen effektiven Zugang zu Rechten, die ihnen zustehen, gibt.
Die Lebensbedingungen für diese Flüchtlinge sind äußerst prekär. Ihnen werden kaum Integrationsperspektiven geboten. Oft sind sie gezwungen, in menschenunwürdigen Unterkünften unterzukommen, in denen nicht einmal grundlegende humanitäre Standards sichergestellt sind. Anerkannte Flüchtlinge sind in Griechenland zudem einer sozialen Prekarisierung ausgesetzt, die ihnen oft nicht einmal eine Existenzsicherung ermöglicht.
Desolate Behausung
Viele anerkannte Flüchtlinge leben in verlassenen Häusern oder in unter der Hand vermieteten und überfüllten Wohnungen in schlechtem Zustand, in verlassenen Gebäuderuinen in Athen, auf Baustellen in Thessaloniki oder in leeren Fabrikhallen in Patras. Einige landeten wegen Zwangsräumung auf der Straße, anderen drohte die Zwangsräumung. Manche schlafen auf der Straße oder bei Freunden. Manche anerkannte Flüchtlinge verbleiben noch Monate nach ihrer Anerkennung in temporären Camps oder vom UNHCR gestellten Unterkünften oder gar in den sogenannten Hot-Spots, wo sie den gleichen prekären Lebensbedingungen ausgesetzt sind wie Asylsuchende.
Ohne Job und Perspektive
Aus der Stellungnahme geht hervor, dass der Zugang zum Essen, Wasser, Strom, sanitären Einrichtungen und zu Schutz und Sicherheit für anerkannte Flüchtlinge nicht immer gesichert ist. Betroffene sind in den Wintermonaten der Kälte oft schutzlos ausgesetzt, und in den Sommermonaten der Hitze. Viele sind auf die Hilfe anderer angewiesen und können nur so überleben.
Wie die Stellungnahme zeigt, ist ein Großteil der Flüchtlinge ohne Arbeit oder sie haben ihren Job verloren, ohne Aussicht darauf, einen neuen zu bekommen. Manche verrichten Schwarzarbeit, bei der sie unterbezahlt werden und nicht versichert sind. Die Gefahr, ausgebeutet zu werden, ist groß.
Kaum Zugang zu Informationen
Die meisten der betroffenen Flüchtlinge werden nur unzureichend über ihre Rechte und Verpflichtungen informiert. In vielen Fällen bleibt ihnen aufgrund von strikten Gesetzen und der Alltagspraxis der Zugang zu Sozialleistungen versperrt, ebenso zur Gesundheitsversorgung und zum Bildungssystem.
In einem offiziellen Informationsdokument der griechischen Asylbehörde werden anerkannte Flüchtlinge beispielsweise darüber informiert, dass ihnen der Staat weder eine Unterkunft bieten, noch den Zugang zu Sozialleistungen oder zum Arbeitsmarkt garantieren kann.
Fatale Folgen für die Betroffenen
Unter solch prekären Lebensbedingungen sind anerkannte Flüchtlinge Übergriffen schutzlos ausgeliefert und leiden unter Gewalt (besonders Gewalt gegen Frauen und Kinder), Ausbeutung und rassistischen Attacken.
Es mangelt an jeglichem Integrationskonzept für anerkannte Flüchtlinge in Griechenland. Der Zugang zu sozialen Rechten ist unzulänglich, die Lebensbedingungen desolat. Ein Minimum an Existenzsicherung und sozialer Sicherheit sowie Sprachkenntnisse und sich Zurechtfinden im Alltag sind aber Grundvoraussetzungen für jeden weiteren Schritt Richtung Integration, einen langfristigen Aufenthaltstitel oder auch die Staatsbürgerschaft.
Refugee Support Aegean in Griechenland
Um das langjährige Engagement zu verstetigen und als Reaktion auf die systematische Entrechtung und Verelendung von Schutzsuchenden in Griechenland durch den EU-Türkei-Deal hat PRO ASYL im Februar 2017 mit den langjährigen Projektpartner*innen »Refugee Support Aegean« (RSA) gegründet. Die Mitarbeitenden sind auf Chios, Lesbos und in Athen aktiv. PRO ASYL hat nun eine Partnerorganisation in Griechenland, die Flüchtlingen im gemeinsamen Projekt zur Seite steht.