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Nichts dazugelernt: BMI chartert erneut Abschiebeflieger für eine einzelne Frau
Auch in Corona-Zeiten lässt das Bundesinnenministerium (BMI) von seinem Abschiebungsmantra nicht ab: Mitte April soll per Charterflug vom Münchener Flughafen aus eine einzelne Frau nach Togo rückgeführt werden – allen Einschränkungen der Corona-Krise zum Trotz. Und es ist nicht der erste Fall. UPDATE: Die Abschiebung ist vorerst abgesagt/verschoben
Erst vergangene Woche hatte das BMI zwei Iranerinnen in einem eigens für sie gecharterten Flugzeug in den Iran abschieben wollen – und wurde mitunter durch Protest von PRO ASYL dazu gezwungen, die Abschiebung zu stoppen. Doch anstatt daraus zu lernen, macht das BMI mit dieser absurden Abschiebungspraxis einfach weiter.
Extra-Charter für die Abschiebung
Mitte April will das BMI vom Münchener Flughafen aus eine einzelne Frau nach Togo schicken –Corona-Krise hin oder her. Da es keine regulären Flüge mehr gibt und weltweite Reiseverbote existieren, soll wieder ein Flugzeug allein für diese Frau gechartert werden.
UPDATE, 08.04.: Wie die Tagesschau berichtet wurde die geplante Abschiebung vom 16.04. auf den 11.05. verschoben. Aus »organisatorischen Gründen«. Die Frau verbleibt aber in Abschiebehaft, an Abschiebungen nach Togo halten die Behörden auch in diesen Zeiten grundsätzlich fest.
UPDATE II, 08.04.: Vom Landgericht in Ingolstadt gab es nun die Anordnung, die Frau aus der Abschiebehaft zu entlassen, berichtet die Tagesschau nun. Das Gericht geht »nicht davon aus […], dass spätere Flüge noch durchgeführt werden«, eine Abschiebung im Mai sei aufgrund der von der Bundespolizei nicht dargelegten Gründe für die Absage im April daher unwahrscheinlich, eine Entlassung deshalb »umgehend« erforderlich.
Da es keine regulären Flüge mehr gibt und weltweite Reiseverbote existieren, soll wieder ein Flugzeug allein für diese Frau gechartert werden.
Schnellablehnung im fragwürdigen Flughafenverfahren
Die Betroffene kam alleine nach Deutschland, um hier Asyl zu ersuchen. Sie wurde im Schnellverfahren am Flughafen abgelehnt, durfte nicht nach Deutschland einreisen und befindet sich nun in der Transitzone in sog. Zurückweisungshaft. Das Asylverfahren durchlief sie in dem extrem beschleunigten »Flughafenverfahren« nach § 18a AsylG. Innerhalb von zwei Tagen nach Ankunft muss demnach bereits die Bundesamtsentscheidung vorliegen. Auch der rechtliche Schutz ist wiederum verkürzt. Und die Betroffene hat derzeit keine anwaltliche Unterstützung für das Asylverfahren.
Nun soll sie noch im April nach Togo rückgeführt werden, auf einem extra für sie gecharterten Flug. In der Hauptstadt Lomé soll ein Hotel für eine 14-tägige Quarantäne gebucht sein. Die sie begleitenden Personen aus Deutschland fliegen direkt wieder zurück – als lade man die Betroffene wie ein Paket ab und mache sich davon.
Abschiebung trotz Einreiseverbot für Flüge aus Europa
Das derzeitige Beharren des BMI auf Charter-Abschiebungen ist absurd und unverantwortlich. Auch in Togo ist laut Auswärtigem Amt die medizinische Versorgung im Lande »vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch«. Nicht umsonst ist der reguläre Flugverkehr eingestellt – Togo hat die Einreise von Flügen aus Europa seit dem 20. März 2020 gesperrt. Doch die Bundesregierung will nun genau für einen Tag das Einreiseverbot aufheben lassen – ein unverhältnismäßiger Aufwand, der Kopfschütteln verursacht.
Corona-Krise: Hat das BMI nichts Besseres zu tun?
Nicht nur, dass extra für eine Person ein Flugzeug gechartert wird: Gerade zu Zeiten einer Pandemie, die Deutschland mit gravierenden Maßnahmen in den Griff zu bekommen versucht, muss man sich fragen, worauf aktuell der Fokus der Behörden liegt. Um eine solche Maßnahme zu ermöglichen, braucht es schließlich auch die entsprechende Begleitung durch eine/n Dolmetscher*in, Arzt/Ärztin und Begleitbeamt*innen. Ein fragwürdiger Aufwand des BMI, der bei den betroffenen Geflüchteten enorme Ängste und Verunsicherung verursacht und Kräfte bei Anwält*innen, Behörden und Gerichten bindet.
Wir fordern einen generellen Abschiebungsstopp aufgrund der weltweiten Ausbreitung des Corona-Virus!
Abschieben – koste es, was es wolle
Dieses Vorgehen zeigt, dass die rigide Abschiebungspraxis der Bundesregierung, die sich seit Jahren beobachten lässt und jüngst an Brutalität sogar zugenommen hat, in Corona-Zeiten fortgesetzt werden soll. Das Risiko, dass solche Abschiebungen oder auch unrechtmäßige Abschiebungshaft abseits der öffentlichen Wahrnehmung stattfinden, ist angesichts der aktuellen Lage groß.
Wir fordern einen generellen Abschiebungsstopp aufgrund der weltweiten Ausbreitung des Corona-Virus!
(jlr/akr)