24.06.2013
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Zentrales Kriterium bei der Aufnahme von Flüchtlingen muss ihre Schutzbedürftigkeit sein. Das Bild zeigt eine Syrerin mit ihrem Kind im jordanischen Flüchtlingslager Zaátri. Foto: UNHCR/ Salah Malkawi

Deutschland wird in Kürze 5000 syrische Flüchtlinge aus Syriens Nachbarstaaten aufnehmen. Die Kriterien, mit denen die 5000 von den über 1,6 Millionen Flüchtlingen ausgewählt werden sollen, sind zum Teil alles andere als nachvollziehbar.

Nach Infor­ma­tio­nen des Ber­li­ner Tages­spie­gels sieht das geplan­te Auf­nah­me­pro­gramm für Syri­en-Flücht­lin­ge vor, dass 1600 der ins­ge­samt 5000 Auf­nah­me­plät­ze an Aka­de­mi­ker und oppo­si­tio­nel­le Akti­vis­ten ver­ge­ben wird. Es soll sich dabei, so zitiert der Tages­spie­gel eine inter­ne Mit­tei­lung der Bun­des­re­gie­rung , um Flücht­lin­ge han­deln, die „einen beson­de­ren Bei­trag für den Wie­der­auf­bau des Lan­des nach dem Kon­flikt“ leis­ten könnten.

Bei der Ankün­di­gung des Auf­nah­me­pro­gramms hat­te es sei­tens des Innen­mi­nis­te­ri­ums noch gehei­ßen, Kri­te­ri­um für eine Auf­nah­me sei die „beson­de­re Schutz­be­dürf­tig­keit“ der Antrag­stel­ler. In der Auf­nah­me­an­ord­nung vom 30.05 2013 wur­de dann zusätz­lich als beson­de­re Kate­go­rie die vom Tages­pie­gel genann­te „Fähig­keit nach Kon­flik­ten­de einen beson­de­ren Bei­trag zum Wie­der­auf­bau des Lan­des zu leis­ten“ fest­ge­schrie­ben. Nach­dem durch den Tages­spie­gel bekannt wur­de, dass die­se Kate­go­rie gan­ze 1600 Auf­nah­me­plät­ze aus­ma­chen soll, stellt sich die Fra­ge, ob hier das deut­sche Son­der­in­ter­es­se die huma­ni­tä­re Inten­ti­on des Auf­nah­me­pro­gramms fak­tisch einschränkt.

Denn ange­sichts der kata­stro­pha­len Situa­ti­on der syri­schen Flücht­lin­ge in den Erst­auf­nah­me­staa­ten muss das Auf­nah­me­pro­gramm vor allem eines sein: Schnell und unbü­ro­kra­tisch. Mit ihrem absur­den Ver­such, bereits bei der Flücht­lings­auf­nah­me die mög­li­che Nach­kriegs­ord­nung in Syri­en zu anti­zi­pie­ren, droht die Bun­des­re­gie­rung den Auf­nah­me­pro­zess nun büro­kra­tisch auf­zu­blä­hen und zu ver­zö­gern. Weder ist abseh­bar, ob und falls wann für die in Deutsch­land auf­ge­nom­me­nen Syri­en-Flücht­lin­ge eine Rück­kehr­per­spek­ti­ve gege­ben sein wird, noch, wer künf­tig „einen beson­de­ren Bei­trag für den Wie­der­auf­bau des Lan­des nach dem Kon­flikt“ zu leis­ten vermag.

Eine Aus­wahl eines begrenz­ten Kon­tin­gents von 5000 Schutz­su­chen­den aus 1,6 Mil­lio­nen Bür­ger­kriegs­flücht­lin­gen kommt ohne­hin fast einer Lot­te­rie gleich. Zen­tra­les Kri­te­ri­um muss hier­bei jeden­falls die Schutz­be­dürf­tig­keit der Betrof­fe­nen sein. Soll­te das Kon­tin­gent nicht erhöht wer­den, gehen die genann­ten 1600 Auf­nah­me­plät­ze von der Auf­nah­me­quo­te derer ab, die, wie von der Auf­nah­me­an­ord­nung vor­ge­se­hen, nach huma­ni­tä­ren Kri­te­ri­en oder Bezü­gen zu Ver­wand­ten in Deutsch­land auf­ge­nom­men werden.

Ohne­hin wird das Auf­nah­me­pro­gramm  es den wenigs­ten der in Deutsch­land leben­den Syre­rin­nen und Syrern  ermög­li­chen, aus Syri­en geflo­he­ne Ange­hö­ri­ge zu sich in Sicher­heit zu brin­gen. Ange­sichts von rund 40.000 in Deutsch­land leben­den Syre­rin­nen und Syrern ist das vor­ge­se­he­ne Kon­tin­gent des Auf­nah­me­pro­gramms zu knapp. PRO ASYL for­dert daher, den Fami­li­en­nach­zug außer­halb des bis­her fest­ge­leg­ten Kon­tin­gents zu erleich­tern, damit Syre­rin­nen und Syrer mit in Deutsch­land leben­den Ange­hö­ri­gen hier in Deutsch­land Schutz fin­den können.

Hin­weis für Betrof­fe­ne: Bei Fra­gen zum Auf­nah­me­pro­gramm steht Ihnen das
Ser­vice-Tele­fon des UNHCR zur Ver­fü­gung: 030 202 202 21 Mo.-Fr. 10–12 und 15–17 Uhr

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