05.03.2010
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Kurdin im Nordirak (Foto: UNHCR, K. Brooks)

Der Euro­päi­sche Gerichts­hof in Luxem­burg (EuGH) hat am 2. März 2010 in einem Urteil ent­schie­den, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen der Flücht­lings­sta­tus wider­ru­fen wer­den darf. Das deut­sche Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat­te den EuGH am 7. Febru­ar 2008 ange­ru­fen, um die Ver­ein­bar­keit der deut­schen Wider­rufs­pra­xis mit dem EU-Asyl­recht über­prü­fen zu lassen. In dem Ver­fah­ren ging es um Flücht­lin­ge aus dem

Der Euro­päi­sche Gerichts­hof in Luxem­burg (EuGH) hat am 2. März 2010 in einem Urteil ent­schie­den, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen der Flücht­lings­sta­tus wider­ru­fen wer­den darf. Das deut­sche Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat­te den EuGH am 7. Febru­ar 2008 ange­ru­fen, um die Ver­ein­bar­keit der deut­schen Wider­rufs­pra­xis mit dem EU-Asyl­recht über­prü­fen zu lassen.

In dem Ver­fah­ren ging es um Flücht­lin­ge aus dem Irak, denen das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge den Flücht­lings­sta­tus mit der Begrün­dung ent­zo­gen hat­te, dass sich nach dem Weg­fall des Sad­dam-Hus­sein-Regimes die Ver­hält­nis­se im Irak grund­le­gend ver­bes­sert hät­ten. Mit die­ser Argu­men­ta­ti­on hat­te das Bun­des­amt seit 2003 rund 20.000 Ira­kern den Sta­tus wider­ru­fen. Die deut­sche Pra­xis stieß ins­be­son­de­re beim UN-Flücht­lings­hoch­kom­mis­sar auf mas­si­ve Kri­tik, da sie mit dem Flücht­lings­völ­ker­recht nicht im Ein­klang stehe.

Nun hat sich der EuGH die­ser Kri­tik nicht ange­schlos­sen. Kon­kret ging es um die Fra­ge, wie sicher und sta­bil die Situa­ti­on im Her­kunfts­land sein muss, bevor der Flücht­lings­sta­tus ent­zo­gen wer­den darf. Der EuGH stell­te klar, dass die Ver­än­de­run­gen im Her­kunfts­land erheb­lich und nicht nur vor­über­ge­hend sein müs­sen. Hier kon­kre­ti­siert das Luxem­bur­ger Gericht, dass es im Her­kunfts­land ein Rechts­sys­tem geben muss, das men­schen­rechts­wid­ri­ge Über­grif­fe ahn­det. Ermitt­lung und Straf­ver­fol­gung müs­sen garan­tiert sein.

Bei den eigent­lich strit­ti­gen Fra­gen blieb der EuGH aller­dings hin­ter den Erwar­tun­gen zurück. Ein Wider­ruf sei schon dann mög­lich, wenn kei­ne Ver­fol­gung mehr dro­he, so der Gerichts­hof. Flücht­lings­recht­ler for­dern hin­ge­gen, dass der Auf­nah­me­staat den Flücht­ling auch dann noch schüt­zen müs­se, wenn zwar kei­ne Ver­fol­gung – z.B. auf­grund der Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit – mehr droht, aber sons­ti­ge all­ge­mei­ne Gefah­ren im Her­kunfts­land bestehen. Die­sem wei­te­ren Schutz­an­satz erteil­te der EuGH nun eine Abfuhr.

PRO ASYL befürch­tet, dass bei künf­ti­gen Mas­sen­wi­der­ru­fen gegen Flücht­lin­ge das EuGH-Urteil zu kei­ner Ver­bes­se­rung füh­ren wird. In Deutsch­land ver­lo­ren zeit­wei­se mehr Men­schen ihren Schutz­sta­tus als ande­re im sel­ben Zeit­raum einen sol­chen erhiel­ten. Zur Been­di­gung die­ser flücht­lings­feind­li­chen Pra­xis hät­te es eines kla­ren Urteils aus Luxem­burg bedurft, das einer früh­zei­ti­gen Aberken­nung des Flücht­lings­sta­tus einen Rie­gel vor­ge­scho­ben hätte.

Das Urteil im Wortlaut »

 BVerwG: Wider­ruf der Aner­ken­nung ira­ki­scher Flücht­lin­ge (25.02.11)

 Hohe Zahl von Wider­ru­fen gegen Ira­ker (19.02.10)