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Der Europäische Gerichtshof urteilte im Juni darüber, ob Deutschland an Flüchtlingsanerkennungen anderer EU-Länder gebunden ist: Eine Verpflichtung, die Anerkennung zu übernehmen, besteht nicht; einer Auslieferung steht die Anerkennung aber entgegen. Die Urteile müssen zu Änderungen der deutschen Asylverfahrens- und Entscheidungspraxis führen.

In der Theo­rie soll durch die Rege­lun­gen der Dub­lin III Ver­ord­nung in Euro­pa ein ein­zi­ger Mit­glied­staat bestimmt wer­den, der für die Bear­bei­tung eines Asyl­an­trags zustän­dig ist und die Ver­ant­wor­tung für die antrag­stel­len­de Per­son über­nimmt. In der Pra­xis gibt es zahl­rei­che Grün­de, war­um ein EU-Mit­glied­staat trotz vor­he­ri­ger Aner­ken­nung der Flücht­lings­ei­gen­schaft durch ein ande­res euro­päi­sches Land noch­mals asyl­recht­lich rele­van­te Ent­schei­dun­gen tref­fen muss.

So wer­den inter­na­tio­nal Schutz­be­rech­tig­te unter ande­rem zu einer Wei­ter­flucht nach Deutsch­land und einem neu­en Asyl­an­trag gezwun­gen, weil in eini­gen euro­päi­schen Län­dern die Ver­sor­gung sehr schlecht ist und die Lebens­be­din­gun­gen desas­trös sind. Für Grie­chen­land bei­spiels­wie­se stell­ten die Ober­ver­wal­tungs­ge­rich­te Nie­der­sach­sen und Nord­rhein-West­fa­len fest, dass eine Rück­über­stel­lung dort aner­kann­ter Flücht­lin­ge von Deutsch­land nach Grie­chen­land grund­sätz­lich nicht mög­lich ist. Selbst gesun­de, arbeits­fä­hi­ge Schutz­be­rech­tig­te sei­en dort nicht in der Lage ihre ele­men­tars­ten Bedürf­nis­se („Bett, Brot, Sei­fe“) zu befrie­di­gen. In kür­zes­ter Zeit droh­ten Ver­elen­dung und men­schen­rechts­wid­ri­ge Bedin­gun­gen, was eine Ver­let­zung von Art. 3 der Euro­päi­schen Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on (EMRK) sowie Art. 4 der Euro­päi­schen Grund­rech­te­char­ta (GRCh) darstelle.

Zwei Urteile im Juni 2024

Da Betrof­fe­ne in einer sol­chen Kon­stel­la­ti­on nicht zur Rück­kehr in das Land gezwun­gen wer­den dür­fen, das ihnen inter­na­tio­na­len Schutz zuge­spro­chen hat, stellt sich die Fra­ge, wie mit die­ser Schutz­zu­er­ken­nung in dem Mit­glied­staat umzu­ge­hen ist, in den der Betrof­fe­ne wei­ter­ge­wan­dert ist: Reicht die Bin­dungs­wir­kung der Ent­schei­dung im ers­ten Mit­glied­staat so weit, dass sie vom zwei­ten Mit­glied­staat schlicht zu über­neh­men ist? Oder kann der zwei­te Mit­glied­staat eine eige­ne Prü­fung der Schutz­be­rech­ti­gung vornehmen?

Wenn kein neu­er Asyl­an­trag im zwei­ten Mit­glied­staat gestellt wird: Kann ein im ers­ten Mit­glied­staat aner­kann­ter Flücht­ling trotz die­ser Aner­ken­nung durch den zwei­ten Mit­glied­staat in sein Her­kunfts­land aus­ge­lie­fert werden?

Mit der Fra­ge nach der­art bestehen­den oder eben nicht bestehen­den Bin­dungs­wir­kun­gen der vor­he­ri­gen Ent­schei­dun­gen ande­rer Mit­glied­staa­ten befass­te sich der Euro­päi­sche Gerichts­hof (EuGH) und sprach am 18. Juni 2024 zwei Urteile.

Erstes Urteil: Selbstständige Prüfung mit Kooperationspflicht 

Auf Vor­la­ge des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts beant­wor­te­te der EuGH in einer der bei­den Ent­schei­dun­gen (C‑753/22) die Fra­ge, ob die Flücht­lings­ei­gen­schaft allein des­halb zuzu­er­ken­nen ist, weil die­se von einem ande­ren Mit­glied­staat schon zuer­kannt wor­den ist, oder ob eine neue, eigen­stän­di­ge Prü­fung des Antrags auf inter­na­tio­na­len Schutz vor­ge­nom­men wer­den darf – mit der Mög­lich­keit der Ableh­nung trotz des in dem ande­ren Mit­glied­staat bestehen­den Schutz­sta­tus. Vor allem mit Blick auf die teils erheb­lich von­ein­an­der abwei­chen­de Aner­ken­nungs­pra­xis in den euro­päi­schen Mit­glied­staa­ten ist das Urteil von gro­ßer prak­ti­scher Bedeutung.

Im kon­kre­ten Fall hat­te eine syri­scher Staats­an­ge­hö­ri­ge 2018 in Grie­chen­land die Flücht­lings­ei­gen­schaft zuer­kannt bekom­men und danach in Deutsch­land einen Antrag auf inter­na­tio­na­len Schutz gestellt. Das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge (BAMF) prüf­te den Antrag, da eine Zurück­wei­sung nach Grie­chen­land wegen der dort feh­len­den Ver­sor­gung mit den ele­men­tars­ten Gütern nicht mög­lich war, lehn­te die Zuer­ken­nung der Flücht­lings­ei­gen­schaft jedoch ab. Das BAMF gewähr­te ledig­lich sub­si­diä­ren Schutz, weil es davon aus­ging, dass der Antrags­stel­le­rin in Syri­en kei­ne Ver­fol­gung droht.

Deutsches Gericht wendet sich an EuGH 

Nach Abwei­sung der gegen die­sen Bescheid gerich­te­ten Kla­ge durch das Ver­wal­tungs­ge­richt leg­te die Klä­ge­rin eine Sprung­re­vi­si­on ein, sodass ihr Fall direkt zum Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt kam. Zur Begrün­dung führ­te sie aus, das Bun­des­amt sei an die Ent­schei­dung der grie­chi­schen Behör­den gebunden.

Eine sol­che Bin­dungs­wir­kung der Ent­schei­dun­gen ande­rer Mit­glied­staa­ten auf­grund des Uni­ons­recht sah das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hin­ge­gen nicht als gege­ben an. Den­noch rich­te­te es an den EuGH die Fra­ge, ob der in Art. 3 Absatz 1 Satz 2 der Dub­lin III Ver­ord­nung ent­hal­te­ne Grund­satz der Prü­fung durch einen ein­zi­gen Mit­glied­staat bedeu­ten könn­te, dass die zuer­kann­te Flücht­lings­ei­gen­schaft auch in allen ande­ren Mit­glied­staa­ten ohne erneu­te Prü­fung anzu­er­ken­nen sei.

Kein einheitlicher Asylstatus

Dies ver­neint der EuGH und führt dazu aus: Da kein in der gan­zen Uni­on ein­heit­lich gül­ti­ger Asyl­sta­tus gesetz­lich ver­an­kert wur­de, bestehen kei­ner­lei uni­ons­recht­li­che Pflich­ten, die Asy­l­ent­schei­dun­gen ande­rer Mit­glied­staa­ten auto­ma­tisch zu über­neh­men. Dem­nach kann das Schutz­be­geh­ren im zwei­ten Mit­glied­staat noch­mals geprüft wer­den – mit offe­nem Aus­gang, mit­un­ter sogar einer Ableh­nung des Asylantrags.

Die Ent­schei­dun­gen der Mit­glieds­staa­ten sol­len, soweit dies mög­lich ist, kohä­rent sein.

Aus dem Grund­satz der loya­len Zusam­men­ar­beit und des gegen­sei­ti­gen Ver­trau­ens der Mit­glied­staa­ten folgt laut EuGH jedoch die Ver­pflich­tung, die der Ent­schei­dung des ers­ten Mit­glied­staa­tes zu Grun­de lie­gen­den Anhalts­punk­te in vol­lem Umfang zu berück­sich­ti­gen. Die Ent­schei­dun­gen der Mit­glieds­staa­ten sol­len, soweit dies mög­lich ist, kohä­rent sein. Dazu ist laut EuGH ein enger Infor­ma­ti­ons­aus­tausch unerlässlich.

Kon­kret muss der zwei­te Mit­glied­staat den ers­ten Mit­glied­staat mit einer Stel­lung­nah­me über den neu­en Antrag infor­mie­ren und um die Infor­ma­tio­nen bit­ten, die zur Zuer­ken­nung der Flücht­lings­ei­gen­schaft geführt haben. Dar­auf­hin hat im zwei­ten Mit­glied­staat eine ein­zel­fall­ge­rech­te, objek­ti­ve und unpar­tei­ische Prü­fung anhand genau­er und aktu­el­ler Infor­ma­tio­nen zu erfolgen.

Die­sen kon­kre­ten Anfor­de­run­gen an die Prü­fung wird das bis­he­ri­ge Vor­ge­hen des BAMF jedoch nach der Erfah­rung von PRO ASYL nicht gerecht. Die posi­ti­ve Ent­schei­dung des ers­ten Mit­glieds­staa­tes wird nur als Indiz und kei­nes­falls mit­samt der Begrün­dung im vol­len Umfang berück­sich­tigt. Somit wur­den unter ande­rem die allein im Zeit­raum zwi­schen Janu­ar 2022 und März 2024 über 30.000 gestell­ten Asyl­an­trä­ge von Per­so­nen, denen in Grie­chen­land bereits inter­na­tio­na­ler Schutz zuer­kannt wor­den war (BT-Druck­sa­che 20/11462 S. 21), ver­fah­rens­feh­ler­haft bearbeitet.

Zweites Urteil: Auslieferung eines anerkannten Flüchtlings nicht möglich 

Auf einen Infor­ma­ti­ons­aus­tausch infol­ge des Grund­sat­zes der loya­len Zusam­men­ar­beit stellt der EuGH auch im zwei­ten am sel­ben Tag ergan­ge­nen Urteil ab (C‑352/22). Der Fall betrach­tet die Bin­dungs­wir­kun­gen aller­dings aus einem ande­ren Blickwinkel.

Der Antrags­stel­ler ist tür­ki­scher Staats­an­ge­hö­ri­ger kur­di­scher Her­kunft, der in Ita­li­en im Mai 2010, auf­grund einer dro­hen­den poli­ti­schen Ver­fol­gung durch die tür­ki­schen Behör­den, als Flücht­ling aner­kannt wur­de. Seit 2019 hielt er sich in Deutsch­land auf. Auf­grund eines tür­ki­schen Haft­be­fehls wur­de er zum Zweck der Aus­lie­fe­rung über Inter­pol zur Fest­nah­me aus­ge­schrie­ben und in Deutsch­land fest­ge­nom­men. Er soll bei einer fami­liä­ren Aus­ein­an­der­set­zung sei­ne Mut­ter getö­tet haben.

Auslieferung in die Türkei? 

Das Ober­lan­des­ge­richt (OLG) Hamm ging ursprüng­lich davon aus, dass der Uni­ons­ge­setz­ge­ber Asyl- und Aus­lie­fe­rungs­ver­fah­ren als von­ein­an­der unab­hän­gi­ge Ver­fah­ren bewer­tet, wes­halb die Aner­ken­nung der Flücht­lings­ei­gen­schaft für ein Aus­lie­fe­rungs­ver­fah­ren nicht ver­bind­lich sein kön­ne. Das Gericht urteil­te also, der Betrof­fe­ne kön­ne, trotz der in Ita­li­en zuer­kann­ten Flücht­lings­ei­gen­schaft, in die Tür­kei aus­ge­lie­fert werden.

Der die Aus­lie­fe­rung für zuläs­sig erklä­ren­de Beschluss wur­de aber vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt auf­ge­ho­ben und die Sache zurück­ver­wie­sen. Hier­auf setz­te das OLG Hamm das Ver­fah­ren aus und leg­te dem EuGH die Fra­ge vor, ob die Flücht­lings­an­er­ken­nung in Ita­li­en im Aus­lie­fe­rungs­ver­fah­ren Bin­dungs­wir­kun­gen entfaltet.

Der EuGH stell­te nun klar, dass eine Aus­lie­fe­rung ohne Beach­tung der in dem ers­ten Mit­glied­staat zuer­kann­ten Flücht­lings­ei­gen­schaft nicht zuläs­sig ist. Für die Aberken­nung der Flücht­lings­ei­gen­schaft sei uni­ons­recht­lich ein Ver­fah­ren vor­ge­se­hen, das durch eine Aus­lie­fe­rung umgan­gen wer­den wür­de. Die Aus­lie­fe­rung been­de fak­tisch die Flücht­lings­ei­gen­schaft, indem die dar­in ver­bürg­ten Rech­te genom­men würden.

Mitgliedstaaten müssen sich informieren

Der Grund­satz der loya­len Zusam­men­ar­beit gebie­tet in die­ser Kon­stel­la­ti­on nicht nur einen Infor­ma­ti­ons­aus­tausch. Der ers­te Mit­glied­staat ist viel­mehr dar­um zu bit­ten, eine Prü­fung und gege­be­nen­falls eine Ent­schei­dung zur Aberken­nung der Flücht­lings­ei­gen­schaft zu tref­fen, heißt es im Urteil wei­ter. Die­se Aberken­nung gewähr­leis­tet eine der euro­päi­schen Grund­rech­te­char­ta ent­spre­chen­de Prü­fung. Vor der Aus­lie­fe­rung muss dar­über hin­aus gewähr­leis­tet sein, dass kein ernst­haf­tes Risi­ko der Fol­ter, Todes­stra­fe oder einer ande­ren unmensch­li­chen oder ernied­ri­gen­den Behand­lung besteht.

Auch aus die­ser Ent­schei­dung erge­ben sich kla­re Hand­lungs­an­wei­sun­gen für den zwei­ten Mit­glied­staat: Die­ser muss sich von dem ers­ten Mit­glied­staat, der die Flücht­lings­ei­gen­schaft zuer­kannt hat, sämt­li­che Infor­ma­tio­nen, die zu die­ser Ent­schei­dung geführt haben, zukom­men las­sen. Außer­dem hat er den ers­ten Mit­glied­staat über das Aus­lie­fe­rungs­er­su­chen zu infor­mie­ren und ihm sei­ne dies­be­züg­li­che Stel­lung­nah­me zukom­men zu las­sen. Vor allem aber darf der zwei­te Mit­glied­staat kei­ne Aus­lie­fe­rung an den Her­kunfts­staat vor­neh­men, wenn der ers­te Mit­glied­staat nicht die Flücht­lings­ei­gen­schaft aberkennt.

Positive und negative Folgen der Urteile 

Für die zahl­rei­chen Asylantragssteller*innen, die schon zuvor Schutz in einem ande­ren Staat zuer­kannt bekom­men haben, brin­gen die EuGH-Ent­schei­dun­gen Vor- und Nach­tei­le. Zwar stellt es nun immer einen angreif­ba­ren Ver­fah­rens­man­gel dar, sofern das BAMF es unter­lässt, eine ande­re euro­päi­sche Ent­schei­dung durch Aus­wer­tung der dor­ti­gen Asyl­ver­fah­rens­ak­te zu berücksichtigen.

Dabei kann es sich aber auch nega­tiv aus­wir­ken, wenn die Betrof­fe­nen in der Anhö­rung im zwei­ten Staat von der Dar­stel­lung ihrer Asyl­grün­de im ers­ten Staat abwei­chen soll­ten – was schlicht wegen des lan­gen zeit­li­chen Abstands pas­sie­ren könn­te. Auch dro­hen Über­set­zungs­feh­ler in die­sen Fäl­len nicht nur in Bezug auf die Spra­che des Her­kunfts­staa­tes, son­dern auch in Bezug auf die Spra­che des ers­ten Mit­glied­staats. Anwäl­tin­nen und Anwäl­te wer­den eben­falls für eine best­mög­li­che Bera­tung vor die Her­aus­for­de­rung gestellt, an die Ver­fah­rens­ak­ten aus dem euro­päi­schen Aus­land zu gelangen.

Das EuGH-Urteil zu den Vor­aus­set­zun­gen für eine Aus­lie­fe­rung von in ande­ren Mit­glied­staa­ten aner­kann­ten Flücht­lin­gen wirkt sich nicht nur auf die­se Kon­stel­la­ti­on aus. Es muss viel­mehr eben­falls in Bezug auf jene Fäl­le berück­sich­tigt wer­den, in denen das BAMF noch­ma­li­ge Asyl­an­trä­ge von in ande­ren Mit­glied­staa­ten bereits als inter­na­tio­nal schutz­be­rech­tigt Aner­kann­te prüft, weil die Betrof­fe­nen wegen einer dro­hen­den Ver­let­zung von Art. 3 EMRK (Ver­bot der Fol­ter) bezie­hungs­wei­se Art. 4 GRCh nicht in die­se Mit­glied­staa­ten abge­scho­ben wer­den dürfen.

Einer Abschie­bungs­an­dro­hung in den Her­kunfts­staat – und erst recht deren Voll­zug – steht aber Schutz­aner­ken­nung des ande­ren Mit­glied­staa­tes ent­ge­gen, die laut dem zwei­ten EuGH-Urteil nicht fak­tisch aberkannt wer­den darf.

Deutsche Behörden müssen Entscheidungspraxis ändern

Bis­lang ist das BAMF der Ansicht, es kön­ne im Fal­le der Ableh­nung des Asyl­an­trags eine Abschie­bungs­an­dro­hung in Bezug auf den Her­kunfts­staat erlas­sen, da aus sei­ner Sicht kei­ne Schutz­be­dürf­tig­keit bestehe. Es ste­he den Betrof­fe­nen frei, sich in jenen Mit­glied­staat zu bege­ben, der ihnen inter­na­tio­na­len Schutz zuge­spro­chen hat, oder in den Her­kunfts­staat zurück­zu­keh­ren. Not­falls könn­ten die Betrof­fe­nen, wenn sie kei­ne der bei­den Optio­nen umsetz­ten, auch in den Her­kunfts­staat abge­scho­ben werden.

Einer Abschie­bungs­an­dro­hung in den Her­kunfts­staat – und erst recht deren Voll­zug – dürf­te aber die Schutz­aner­ken­nung des ande­ren Mit­glied­staa­tes ent­ge­gen­ste­hen, die laut dem zwei­ten EuGH-Urteil nicht fak­tisch aberkannt wer­den darf. Es bleibt dem BAMF nur die im zwei­ten Urteil genann­te Mög­lich­keit, eine Aberken­nung des Schutz­sta­tus im ers­ten Mit­glied­staat zu erbit­ten. Geschieht dies nicht, dürf­te der Erlass einer Andro­hung der Abschie­bung in den Her­kunfts­staat und erst recht deren Voll­stre­ckung gegen Uni­ons­recht verstoßen.

Ein wei­te­res Ver­fah­ren, wel­ches unter ande­rem expli­zit die­se Fra­ge auf­wirft, ist momen­tan vor dem EuGH anhän­gig (C‑288/23). Bis zur Beant­wor­tung durch den EuGH muss das BAMF die bis­he­ri­ge Pra­xis, Erlas­se mit Abschie­bungs­an­dro­hun­gen in den Her­kunfts­staat aus­zu­stel­len, sofort einstellen.

(Rebec­ca Hei­ne­mann, pva, wr)