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Endlich wieder zusammen – Geschichten von geglücktem Familiennachzug
Die Hürden sind zahlreich: Familien müssen Monate oder Jahre warten, bis sie einen Antrag auf ein Visum stellen können, Dokumente sind kaum oder gar nicht zu beschaffen. Doch es gibt auch Erfolge. Das Beratungsteam von PRO ASYL erzählt zwei Geschichten von Familien, die es trotzdem geschafft haben und endlich wieder vereint sind.
Ahmad aus dem Jemen konnte seine Familie nach rund zwei Jahren Trennung endlich wieder in die Arme schließen – nach vielen schlaflosen Nächten, in denen er sich um seine Frau und die beiden Söhne im Kriegsgebiet sorgte. Nugusse aus Eritrea war zehn Jahre lang von seiner Familie getrennt, große Teile ihrer Kindheit mussten seine Söhne ohne ihren Vater aufwachsen. Nun sind sie endlich alle in Deutschland und leben sich gut ein.
Ahmad: »Wir alle mussten vor Glück weinen«
Im Jahr 2023 sieht Ahmad keine andere Möglichkeit mehr: Er muss aus dem Jemen fliehen, einem Land, das seit Jahrzehnten von Kriegen und Krisen erschüttert ist. »Der Krieg hat mein Leben und meine Träume zerstört«, erzählt er. Über Ägypten und Sudan flieht er nach Europa und sucht Schutz in Deutschland. Sofort beginnt er hier, sich ein neues Leben aufzubauen. Schon nach einem Jahr ist er in Vollzeit beschäftigt.
Doch die Sorgen um seine Frau Amal und die beiden kleinen Kinder bereiten ihm viele schlaflose Nächte, denn sie leben weiterhin mitten im um sie tobenden Krieg. Ihre Wohnung liegt genau zwischen den Fronten. Amal erzählt ihm am Telefon von häufigen Luftangriffen, unablässigen Stromausfällen und schlechter medizinischer Versorgung für den siebenjährigen Sohn. Der hat einen psychischen Schock erlitten und muss bei den Luftangriffen panische Angst ausstehen.
Im Herbst 2024 wird Ahmad subsidiärer Schutz zuerkannt. Als Amal und die beiden Kinder endlich einen Antrag auf Familiennachzug stellen können, steht die Aussetzung des Familiennachzugs schon kurz bevor. Die Koalition aus CDU und SPD will für zwei Jahre den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten stoppen.
Ahmad wendet sich verzweifelt an die Ausländerbehörde, deren Zustimmung für die Visumserteilung noch fehlt. Aber diese zögert das Verfahren hinaus und schreibt ihm: »Aufgrund der derzeitigen Situation können wir die Bearbeitung des Vorgangs nicht abschließen.« Ahmad wendet sich an das PRO ASYL-Beratungsteam, das eine Rechtsanwältin einschaltet. Diese drängt bei der Ausländerbehörde auf eine rasche Entscheidung. Die entscheidet: Sie lehnt die Zustimmung ab.
Die Rechtsanwältin stellt sofort einen Eilantrag beim Gericht, genau an dem Tag, an dem der Bundestag das Aussetzungsgesetz beschließt. Jetzt muss es schnell gehen, denn sobald das Gesetz verkündet wird, tritt es in Kraft. Wenige Tage später entscheidet das Gericht positiv und schreibt, dass die Ablehnung der Ausländerbehörde »grob fehlerhaft« war.
Doch erst als Amal und die Kinder ihre Visa bei der deutschen Botschaft abholen können, atmet die Familie auf. Ahmad schreibt an das Beratungsteam von PRO ASYL: »Es bedeutet mir und meiner Familie unglaublich viel, dass wir bald endlich wieder zusammen sein können. Ohne Ihre Hilfe wäre das nicht möglich gewesen. Vielen Dank, dass Sie in dieser schwierigen Zeit an unserer Seite geblieben sind und uns so tatkräftig unterstützt haben.«
»Wir alle mussten vor Glück weinen«
Ende September 2025 kommen Amal und die beiden Kinder in Deutschland an. Ahmad erzählt: »Es war ein unvergesslicher Moment, sie endlich wieder in die Arme zu schließen. Auch für meine Frau und meine Kinder war es eine unbeschreibliche Freude, und wir alle mussten vor Glück weinen.« Inzwischen hat sich die Familie gut eingelebt: Der ältere Sohn geht in die Grundschule und der Jüngere soll bald im Kindergarten mit der Eingewöhnung beginnen. Amal hat sich für einen Deutschkurs angemeldet.
Nugusse: Familiennachzug nach zehn Jahren Trennung
Nugusse flieht im Jahr 2014 von Eritrea nach Deutschland und erhält zwei Jahre später die Flüchtlingsanerkennung. Kibra flieht mit den beiden Söhnen nach Äthiopien, um bei der deutschen Botschaft einen Antrag auf Familiennachzug für sich und die beiden Söhne stellen zu können. Dieser Antrag wird 2018 jedoch abgelehnt, weil in einem von Kibras Dokumenten das Geburtsdatum nicht mit anderen Dokumenten übereinstimmt. Die Familie erhebt Klage, doch das Gericht lehnt ab: Die Identität sei nicht geklärt.
Die Familie muss nun das ganze Visumsverfahren mit dem nun korrigierten Dokument von vorne beginnen. Wieder folgen lange Wartezeiten, die an der Familie zehren. Nugusse schafft es trotzdem, ein Leben in Deutschland aufzubauen. Er arbeitet viel, um seiner Familie Geld schicken zu können.
»Große Teile ihrer Kindheit müssen die Söhne ohne ihren Vater verbringen.«
Über viele lange Jahre beschränkt sich der Kontakt auf Telefonate und unzählige Videoanrufe. Nugusse spart, wo es geht, um möglichst viele Urlaubstage mit seiner Familie verbringen zu können. Doch nur wenige Male kann er tatsächlich nach Äthiopien, wo seine Familie inzwischen lebt, fliegen. Große Teile ihrer Kindheit müssen die Söhne ohne ihren Vater verbringen. Im Jahr 2023 kommt die Tochter Eldana auf die Welt. Sobald es möglich ist, fliegt Nugusse nach Äthiopien, um zumindest bei ihrer Taufe dabei zu sein.
Immer wieder fordert die Botschaft Dokumente, die dort schon seit etlichen Jahren im Original vorliegen und daher nicht mehr eingereicht werden können. Dann wieder reagiert die Behörde wochen- und monatelang gar nicht. Mehrmals kontaktiert die Frau, die Nugusse und seine Familie in Deutschland unterstützt, das PRO ASYL, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Sie klagt: »Wir sind einmal wieder an dem Punkt angelangt, an dem die Botschaft sich totstellt.«
Nugusse ist schon längst eingebürgert, als das Visumsverfahren im Jahr 2024 endlich in Gang kommt. Anfang 2025, über zehn Jahre nach seiner Ankunft in Deutschland, kann die Familie endlich nachziehen. Die Unterstützerin bedankt sich bei PRO ASYL: »Wir danken Ihnen sehr für Ihre Hilfe, die sie in den letzten Monaten – oder gar Jahren… – per Mail und Telefon geleistet haben. Es ist gut zu wissen, dass es Sie und PRO ASYL gibt in diesen dunklen Zeiten, und dass es noch Happy Ends gibt, wie bei der Familie von Nugusse, die nach so langen Jahren des Wartens nun endlich ihre Tickets für den Flug kaufen wird.«
Die Familie lebt sich schnell ein, Kibra möchte schnell beginnen zu arbeiten, steht aber noch vor behördlichen Herausforderungen: Sie hat ein eritreisches Identitätsdokument und eine Bescheinigung über ihre Staatsbürgerschaft bei der Ausländerbehörde vorgelegt. Die Sachbearbeiter*innen verlangen aber weiterhin einen Pass – für den Kibra jedoch bei der eritreischen Botschaft eine Erklärung abgeben müsste, dass sie die Flucht aus Eritrea bereut und die Zwei-Prozent-Steuer bezahlen muss. Für sie ist das unzumutbar.
Die beiden Söhne haben in wenigen Monaten so schnell Deutsch gelernt, dass sie in der Schule schon auf den Zweig wechseln konnten, der sie zum Fachabitur führen wird. Auch die kleine Eldana, die gerade bei der Tagesmutter eingewöhnt wird, spricht schon ihre ersten Worte auf Deutsch.
(jb)