01.10.2012
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Jedes Jahr sterben Bootsflüchtlinge, weil sich die für die Seenotrettung verantwortlichen Staaten über ihre Zuständigkeiten streiten. Bild: UNHCR/unhcr.de

Gedenkveranstaltung für die Toten an Europas Außengrenzen am 6. Oktober in Frankfurt am Main

Mehr als 18 500 Flücht­lin­ge star­ben seit 1988 an den Außen­gren­zen Euro­pas. Im Mit­tel­meer waren es allein 2011 mehr als 2 500 Men­schen  – das ist die trau­ri­ge Bilanz, die Fort­ress Euro­pe zieht. Auch die­ses Jahr ster­ben Boots­flücht­lin­ge, weil die für die See­not­ret­tung ver­ant­wort­li­chen Staa­ten  kol­lek­tiv ver­sa­gen und sich über Zustän­dig­kei­ten strei­ten, anstatt Flücht­lin­ge zu retten.

Auch der 20-jäh­ri­ge Bru­der von Ger­gis­hu Yohan­nes, der dies­jäh­ri­gen Men­schen­rechts­preis­trä­ge­rin der STIFTUNG PRO ASYL, hät­te geret­tet wer­den kön­nen. Sein Boot war im August 2009 23 Tage lang auf Hoher See getrie­ben. Nur fünf Men­schen über­leb­ten ihre Flucht nach Euro­pa. 77 Men­schen star­ben, weil kei­nes der vie­len vor­bei­fah­ren­den Schif­fe die in See­not gera­te­nen Flücht­lin­ge geret­tet hatte.

Die Ange­hö­ri­gen der Toten und PRO ASYL laden zu einer Gedenk­ver­an­stal­tung für die Opfer an Euro­pas Außen­gren­zen ein.

Am Sams­tag, 6. Okto­ber 2012 in der Evan­ge­li­schen Fran­zö­sisch-refor­mier­ten Gemein­de, Eschers­hei­mer Land­stra­ße 393, 60320 Frank­furt am Main. Ein­lass ab 12 Uhr, Beginn der Ver­an­stal­tung 14 Uhr 

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Men­schen­recht­le­rin Ger­gis­hu Yohannes

Ger­gis­hu Yohan­nes war Anfang der 1980er Jah­re als Jugend­li­che mit Hil­fe von UNHCR aus Eri­trea nach Deutsch­land geflüch­tet. Ihre Kind­heit in dem Land am Horn von Afri­ka war geprägt von Krieg und Gewalt. Sie bekam in Deutsch­land Asyl und schloss eine Berufs­aus­bil­dung ab. Heu­te lebt sie in Sankt Augus­tin bei Bonn und arbei­tet als EDV-Bera­te­rin. Im August 2009 erfuhr die Mut­ter drei­er Kin­der vom Tod ihres Bru­ders Abel in einem Flücht­lings­boot auf hoher See.

Über­le­ben­de berich­te­ten, dass täg­lich bis zu 10 Schif­fe an dem Flücht­lings­boot vor­bei gefah­ren waren, ohne zu hel­fen. Nach Vor­wür­fen, die Flücht­lin­ge nicht geret­tet zu haben, ver­öf­fent­lich­te die mal­te­si­sche Mari­ne sogar ein Luft­bild des Boo­tes, als Beweis für den angeb­li­chen her­vor­ra­gen­den Zustand der 5 (!) an Bord sicht­ba­ren Flücht­lin­ge – ein zyni­scher Beweis, dass das Boot zwar gesich­tet, aber nicht recht­zei­tig geret­tet wor­den ist.

Anzei­ge gegen Italien

Nach der Boots­ka­ta­stro­phe recher­chier­te Ger­gis­hu Yohan­nes die Namen der­je­ni­gen, die das Boot gemein­sam mit ihrem Bru­der bestie­gen hat­ten. Sie brach­te mehr als 1 300 Ange­hö­ri­ge und Freun­de der Toten aus Eri­trea, Äthio­pi­en und Nige­ria zusam­men und zeig­te Ita­li­en wegen unter­las­se­ner Hil­fe­leis­tung an. Von Euro­pa for­dert Ger­gis­hu Yohan­nes, die Ver­ant­wor­tung für das Ster­ben an den Außen­gren­zen zu übernehmen.

Bei der Pres­se­kon­fe­renz zum Tag des Flücht­lings 2012 for­der­te sie Euro­pa dazu auf, die ein­sei­ti­gen Wirt­schafts­be­zie­hun­gen mit den Her­kunfts­staa­ten und die Flucht­grün­de der Men­schen aus die­sen Län­dern zu erör­tern, anstatt vom über­for­der­ten Euro­pa zu sprechen.

Ger­gis­hu Yohan­nes kämpft um Gerech­tig­keit für die Gestor­be­nen. Sie zeigt der Öffent­lich­keit in Deutsch­land und Euro­pa, dass die anony­men Opfer an der Außen­gren­ze Euro­pas einen Namen haben, und Ange­hö­ri­ge, die sie betrau­ern. Für ihr Enga­ge­ment erhielt sie den Men­schen­rechts­preis 2012 der STIFTUNG PRO ASYL.