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Den Toten Gerechtigkeit

Gedenkveranstaltung für die Toten an Europas Außengrenzen am 6. Oktober in Frankfurt am Main
Mehr als 18 500 Flüchtlinge starben seit 1988 an den Außengrenzen Europas. Im Mittelmeer waren es allein 2011 mehr als 2 500 Menschen – das ist die traurige Bilanz, die Fortress Europe zieht. Auch dieses Jahr sterben Bootsflüchtlinge, weil die für die Seenotrettung verantwortlichen Staaten kollektiv versagen und sich über Zuständigkeiten streiten, anstatt Flüchtlinge zu retten.
Auch der 20-jährige Bruder von Gergishu Yohannes, der diesjährigen Menschenrechtspreisträgerin der STIFTUNG PRO ASYL, hätte gerettet werden können. Sein Boot war im August 2009 23 Tage lang auf Hoher See getrieben. Nur fünf Menschen überlebten ihre Flucht nach Europa. 77 Menschen starben, weil keines der vielen vorbeifahrenden Schiffe die in Seenot geratenen Flüchtlinge gerettet hatte.
Die Angehörigen der Toten und PRO ASYL laden zu einer Gedenkveranstaltung für die Opfer an Europas Außengrenzen ein.
Am Samstag, 6. Oktober 2012 in der Evangelischen Französisch-reformierten Gemeinde, Eschersheimer Landstraße 393, 60320 Frankfurt am Main. Einlass ab 12 Uhr, Beginn der Veranstaltung 14 Uhr
Menschenrechtlerin Gergishu Yohannes
Gergishu Yohannes war Anfang der 1980er Jahre als Jugendliche mit Hilfe von UNHCR aus Eritrea nach Deutschland geflüchtet. Ihre Kindheit in dem Land am Horn von Afrika war geprägt von Krieg und Gewalt. Sie bekam in Deutschland Asyl und schloss eine Berufsausbildung ab. Heute lebt sie in Sankt Augustin bei Bonn und arbeitet als EDV-Beraterin. Im August 2009 erfuhr die Mutter dreier Kinder vom Tod ihres Bruders Abel in einem Flüchtlingsboot auf hoher See.
Überlebende berichteten, dass täglich bis zu 10 Schiffe an dem Flüchtlingsboot vorbei gefahren waren, ohne zu helfen. Nach Vorwürfen, die Flüchtlinge nicht gerettet zu haben, veröffentlichte die maltesische Marine sogar ein Luftbild des Bootes, als Beweis für den angeblichen hervorragenden Zustand der 5 (!) an Bord sichtbaren Flüchtlinge – ein zynischer Beweis, dass das Boot zwar gesichtet, aber nicht rechtzeitig gerettet worden ist.
Anzeige gegen Italien
Nach der Bootskatastrophe recherchierte Gergishu Yohannes die Namen derjenigen, die das Boot gemeinsam mit ihrem Bruder bestiegen hatten. Sie brachte mehr als 1 300 Angehörige und Freunde der Toten aus Eritrea, Äthiopien und Nigeria zusammen und zeigte Italien wegen unterlassener Hilfeleistung an. Von Europa fordert Gergishu Yohannes, die Verantwortung für das Sterben an den Außengrenzen zu übernehmen.
Bei der Pressekonferenz zum Tag des Flüchtlings 2012 forderte sie Europa dazu auf, die einseitigen Wirtschaftsbeziehungen mit den Herkunftsstaaten und die Fluchtgründe der Menschen aus diesen Ländern zu erörtern, anstatt vom überforderten Europa zu sprechen.
Gergishu Yohannes kämpft um Gerechtigkeit für die Gestorbenen. Sie zeigt der Öffentlichkeit in Deutschland und Europa, dass die anonymen Opfer an der Außengrenze Europas einen Namen haben, und Angehörige, die sie betrauern. Für ihr Engagement erhielt sie den Menschenrechtspreis 2012 der STIFTUNG PRO ASYL.