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Allein in der ersten Jahreshälfte 2014 flohen über 140.000 Menschen vor der eskalierenden Gewalt in der Zentralafrikanischen Republik. Der Anteil derer, die in Europa Asyl beantragen, ist dagegen so gering, dass die Zahl in den offiziellen Statistiken gar nicht ausgewiesen wird. © UNHCR/ F. Noy

Weltweit gibt es so viele Flüchtlinge wie nie seit dem zweiten Weltkrieg, die Lage von Millionen Menschen ist verheerend. Bei uns kommt nur ein kleiner Teil von ihnen an. Wer es hier ins Asylverfahren schafft, erhält oft einen Schutzstatus.

Welt­weit gibt es so vie­le Flücht­lin­ge wie nie seit dem zwei­ten Welt­krieg, die Lage von Mil­lio­nen Men­schen ist ver­hee­rend. In Deutsch­land kommt nur ein klei­ner Teil von ihnen an. Ende 2014 wur­den welt­weit 59,5 Mio. Men­schen auf der Flucht gezählt – das ist die höchs­te Welt­flücht­lings­zahl seit dem zwei­ten Weltkrieg.

Rund 14 Mil­lio­nen von ihnen wur­den inner­halb des Jah­res 2014 zur Flucht getrie­ben – auch dies ein Rekord. Die meis­ten von ihnen blie­ben „Bin­nen­ver­trie­be­ne“, also Flücht­lin­ge inner­halb ihres Her­kunfts­lan­des. Im glei­chen Jahr erreich­ten ver­gleichs­wei­se beschei­de­ne 714.000 Asyl­su­chen­de Euro­pa – das ent­sprä­che gera­de ein­mal 5 Pro­zent der aktu­ell Geflüchteten

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2014 wer­den mehr Men­schen in die Flucht getrie­ben als je zuvor. Ein trau­ri­ger Rekord. 

Die meisten Flüchtlinge bleiben in ihrer Herkunftsregion

Noch immer gilt: Der weit­aus größ­te Teil der Flücht­lin­ge der Welt – laut UNHCR 2014 genau 86% – blei­ben in ihrer Her­kunfts­re­gi­on – oft des­halb, weil sie auf eine Rück­kehr hof­fen, aber auch, weil ihnen die Mög­lich­kei­ten zur Wei­ter­flucht feh­len. Die größ­te Flücht­lings­grup­pe, die aus dem syri­schen und inzwi­schen auch ira­ki­schen Kriegs­ge­biet, wur­den vor allem von den Nach­bar­staa­ten im Nahen Osten auf­ge­nom­men, wo sich die Auf­nah­me­zah­len noch in weit­aus grö­ße­ren Dimen­sio­nen als hier­zu­lan­de bewe­gen. Im Schat­ten der syri­schen Kata­stro­phe kam 2014 es im Süd­su­dan und in der Zen­tral­afri­ka­ni­schen Repu­blik zu gro­ßen Fluchtbewegungen.

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Mit­te 2014 leben in die­sen Län­dern die meis­ten Flücht­lin­ge – denn die meis­ten Schutz­su­chen­den blei­ben in der Regi­on ihres Herkunftslandes.

Asyl – nur ein Bruchteil der Zuwanderung

 2014 wur­den 173.072 Asy­l­erst­an­trä­ge gezählt – die höchs­te Zahl seit 1993 sowie die viert­höchs­te Zahl in der Geschich­te der Bun­des­re­pu­blik. Gleich­wohl stel­len Asyl­su­chen­de regel­mä­ßig nur einen Bruch­teil der Gesamt­zu­wan­de­rung – im ers­ten Halb­jahr 2014 sind es etwa 11 Pro­zent: Rund 77.000 Asyl­su­chen­de von etwa 667.000 Zugewanderten.

Jede/r Zweite wird anerkannt

Nicht nur die Antrags­zahl, auch die Schutz­quo­te des Asyl­bun­des­am­tes (BAMF) war mit offi­zi­el­len 31,5 Pro­zent so hoch wie lan­ge nicht. Rund 130.000 Ent­schei­dun­gen hat das BAMF 2014 getrof­fen. Über ein Vier­tel der Antrag­stel­ler (25,9%) erhiel­ten die Flücht­lings­an­er­ken­nung nach der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on, wei­te­re 4,0 Pro­zent erhiel­ten euro­pa­recht­li­chen sub­si­diä­ren Schutz, für 1,6 Pro­zent wur­den natio­na­le Abschie­bungs­ver­bo­te verhängt.

Rund 45.000 Asyl­an­trä­ge (35%) kamen als  „for­mel­le Erle­di­gun­gen“ gar nicht zur Ent­schei­dung: In mehr als der Hälf­te die­ser Fäl­le wur­de nach der Dub­lin-Ver­ord­nung ein ande­rer EU-Staat für zustän­dig befun­den; hin­zu kamen vie­le Ent­schei­dun­gen nach der „siche­ren Dritt­staa­ten­re­ge­lung“, weil für die Antrag­stel­ler bereits ein ande­rer Staat die inter­na­tio­na­le Schutz­be­rech­ti­gung fest­ge­stellt hat­te – lei­der oft, ohne dass die Betrof­fe­nen tat­säch­lich Auf­nah­me und Schutz erhal­ten hätten.

Zieht man die­se for­mel­len Erle­di­gun­gen ab und betrach­tet nur die inhalt­lich geprüf­ten Fäl­le, ergibt sich eine berei­nig­te Gesamt­schutz­quo­te von 48,5 Pro­zent, das heißt, fast jede/r Zwei­te wird als schutz­be­rech­tigt aner­kannt. Bei 10,5 Pro­zent posi­ti­ven Kla­ge­ver­fah­ren vor Gericht liegt die Erfolgs­quo­te letzt­lich bei über 50 Prozent.

Aus Krieg, Gewalt und blanker Not – Herkunftsländer der Asylsuchenden

SYRIEN ist mit gro­ßem Abstand das Haupt­her­kunfts­land der Asyl­su­chen­den. Die Opfer die­ses inzwi­schen über vier Jah­re andau­ern­den Kriegs stell­ten 2014 fast ein Vier­tel (23%) aller Asyl­ge­su­che in Deutsch­land. Jeder zehn­te Antrag eines Syrers wird nicht ent­schie­den, son­dern for­mell erle­digt. Zieht man die­se Zustän­dig­keits­ver­wei­ge­run­gen ab, ergibt sich für syri­sche Asyl­su­chen­de eine Schutz­quo­te von fast 100 Prozent.

BALKAN-STAATEN Die Asyl­su­chen­den aus den meist ehe­mals jugo­sla­wi­schen Staa­ten wer­den in der Öffent­lich­keit schlicht als Armuts­flücht­lin­ge ohne Asyl­grün­de geschmäht. Ihre zahl­rei­che Exis­tenz weist auf nichts weni­ger als eine geschei­ter­te Nach­kriegs-Poli­tik auf dem Bal­kan hin: Mit­ten in Euro­pa lei­den Men­schen unter erheb­li­cher Dis­kri­mi­nie­rung, exis­ten­zi­el­ler Not, sogar Hun­ger. Im Unter­schied zu EU-ange­hö­ri­gen Arbeit­su­chen­den blei­ben ihnen die Chan­cen der euro­päi­schen Frei­zü­gig­keit ver­wehrt – so hel­fen dann nur Asyl­ge­su­che, um über den Win­ter zu kom­men. Dabei liegt die Chan­ce auf eine Asyl-Aner­ken­nung vor dem Hin­ter­grund grup­pen­wei­ser Asyl-Schnell­ver­fah­ren nahe Null.

ERITREA  In einem der repres­sivs­ten Regime der Welt lan­den Kritiker/innen in gehei­men Gefäng­nis­sen. Wer über die Gren­ze flieht, ris­kiert, als Deser­teur erschos­sen zu wer­den. Den­noch treibt die Mili­tär­dik­ta­tur seit Jah­ren fort­wäh­rend Men­schen in die Flucht. Am Bei­spiel Eri­trea wird ein­mal mehr deut­lich, dass die vom BAMF offi­zi­ell ver­kün­de­ten Schutz­quo­ten nur die hal­be Wahr­heit sind: Bei mehr als 55 Pro­zent der Fäl­le sei ein Schutz­be­darf fest­ge­stellt wor­den. Tat­säch­lich beträgt die Zahl der Ableh­nun­gen genau 16, was bei 1.794 Ent­schei­dun­gen einer Quo­te von exakt 0,9 Pro­zent ent­spricht. Rund 44 Pro­zent wur­den „for­mell erle­digt“ – zieht man die­se inhalt­lich gar nicht geprüf­ten Fäl­le ab, ergibt sich eine Schutz­quo­te von 99 Prozent.

AFGHANISTAN Im Jahr des deut­schen Trup­pen­rück­zugs ist die aktu­el­le Zahl der aus Afgha­ni­stan nach Deutsch­land Geflüch­te­ten ein Indiz für die erschre­cken­de Tat­sa­che, dass Ter­ror und Gewalt im Land schlim­mer wüten denn je. Seit Erhe­bung der rele­van­ten Zah­len durch die UN-Unter­stüt­zungs­mis­si­on hat es nicht so vie­le zivi­le Opfer gege­ben wie 2014: Über 6.800 Men­schen wur­den dem­nach im ver­gan­ge­nen Jahr ver­letzt, fast 3.700 getö­tet. Die Zahl der nach Deutsch­land Flüch­ten­den steigt und mit ihnen die „Dub­lin-Fäl­le“: Rund 32 Pro­zent der Antrag­stel­ler wur­den ins­ge­samt „for­mell“ abge­fer­tigt.  Beschäf­tigt sich das BAMF mit den indi­vi­du­el­len Flucht­grün­den, ist die Aner­ken­nungs­quo­te hoch: Mehr als zwei Drit­tel (68%) der afgha­ni­schen Asyl­su­chen­den erhal­ten dann Schutz.

SOMALIA ist ein in ver­schie­de­ne Macht­be­rei­che zer­fal­le­nes und von War­lords ter­ro­ri­sier­tes Land.  Offi­zi­ell erhält nur jede/r vier­te soma­li­sche Asylantragsteller/in (25%) einen Schutz­sta­tus. Tat­säch­lich wur­den weni­ger als 9 Pro­zent der vor­ge­brach­ten Asyl­grün­de vom BAMF abge­lehnt, zwei Drit­tel (66,3%) der nega­ti­ven Ent­schei­dun­gen beru­hen wie­der­um ledig­lich auf For­ma­li­tä­ten. Zieht man nur die inhalt­lich geprüf­ten Anträ­ge her­an, wer­den nicht ein Vier­tel, son­dern rund drei Vier­tel (74,1%) der soma­li­schen Flücht­lin­ge anerkannt.

IRAK liegt als Her­kunfts­land von Asyl­su­chen­den in Deutsch­land etwas über­ra­schend erst auf Platz zehn, trotz mas­si­ver Flucht­be­we­gun­gen infol­ge des IS-Ter­rors. Vie­le in der Regi­on Geflüch­te­te hof­fen noch auf eine Rück­kehr – für zahl­rei­che Opfer von Krieg, Ter­ror oder Ver­ge­wal­ti­gung und ins­be­son­de­re für Ange­hö­ri­ge mas­siv bedroh­ter Min­der­hei­ten wird dies aber kaum rea­lis­tisch sein. Es ist anzu­neh­men, dass ein Teil der Flücht­lin­ge Euro­pa schlicht (noch) nicht erreicht hat und ihre Ankunft hier zeit­ver­zö­gert zuneh­men wird. Wer es schafft, hier anzu­kom­men, ohne in die Dub­lin-Maschi­ne­rie zu gera­ten und ohne auf die lan­ge War­te­bank gescho­ben zu wer­den, muss das Bun­des­amt kaum von der Dra­ma­tik der Situa­ti­on über­zeu­gen: Die berei­nig­te Aner­ken­nungs­quo­te für Iraker/innen beträgt 89 Prozent.

Schnellere Asylverfahren? Drei Tage weniger als 2013

Den im Koali­ti­ons­ver­trag von 2013 ver­spro­che­nen zügi­ge­ren Asyl­ver­fah­ren kam die Bun­des­re­gie­rung im ver­gan­ge­nen Jahr näher – mit einer gan­ze drei Tage kür­ze­ren Bear­bei­tungs­dau­er von durch­schnitt­lich 7,1 Mona­ten. Für vie­le Flücht­lin­ge bedeu­tet dies nicht nur eine behörd­lich ver­ord­ne­te Lebens­zeit­ver­schwen­dung, son­dern vor allem exis­ten­zi­el­le Unsi­cher­heit, bis sie end­lich Gewiss­heit über ihr auf­ent­halts­recht­li­ches Schick­sal haben.

Doch die­se Zah­len zur durch­schnitt­li­chen Ver­fah­rens­dau­er spie­geln nur einen Teil der Rea­li­tät wider: Im Dezem­ber 2014 hat das BAMF vor­wie­gend prio­ri­sier­te Her­kunfts­län­der in Schnell­ver­fah­ren bear­bei­tet: Zum einen die als „siche­re Her­kunfts­län­der“ dekla­rier­ten Staa­ten Ser­bi­en, Maze­do­ni­en und Bos­ni­en-Her­ze­go­wi­na, zum ande­ren beson­ders unsi­che­re Her­kunfts­län­der wie Syri­en und Irak. So wur­den im Dezem­ber ins­ge­samt deut­lich mehr Fäl­le ent­schie­den, mit Aus­wir­kun­gen auf den Jah­res­durch­schnitt der Verfahrensdauer.

Der poli­tisch als Erfolg ver­kauf­te ver­meint­li­che Beschleu­ni­gungs­ef­fekt beruht also vor­wie­gend auf einer Vor­auswahl schnell zu erle­di­gen­der Ver­fah­ren Ende des Jah­res. Er geht zu Las­ten aller ande­ren Flücht­lin­ge, die dadurch noch län­ger auf ihre Ent­schei­dung war­ten müs­sen. Nach offi­zi­el­len Anga­ben war­ten paki­sta­ni­sche Flücht­lin­ge im Schnitt 15,7 Mona­te, ira­ni­sche Flücht­lin­ge 14,5 Mona­te, afgha­ni­sche Flücht­lin­ge 13,9 Mona­te und ira­ki­sche Flücht­lin­ge 9,6 Mona­te auf die Ent­schei­dung des Bun­des­amts – und damit sogar oft län­ger als 2013.

200.000 Asylverfahren sind unbearbeitet

Ein wei­te­rer gro­ßer Haken an der Sta­tis­tik des Bun­des­amts: Es wer­den nur die ent­schie­de­nen Ver­fah­ren berück­sich­tigt, nicht jedoch die noch unbe­ar­bei­te­ten Asyl­an­trä­ge: Ende 2014 waren dies rund 170.000, in den ers­ten Mona­ten 2015 sind wei­te­re auf­ge­lau­fen. Für die­se Betrof­fe­nen dürf­te das Leben in der War­te­schlei­fe noch erheb­lich län­ger dau­ern als die offi­zi­el­len Zah­len sug­ge­rie­ren. Über­dies feh­len in der Berech­nung geschätzt 20.000 – 30.000 Men­schen gänz­lich, die sich zwar als Asyl­su­chen­de gemel­det haben, auf­grund der Über­for­de­rung der Behör­den aber nur mit pro­vi­so­ri­schen Papie­ren aus­ge­stat­tet wer­den, bis sie eine Auf­ent­halts­ge­stat­tung erhal­ten und damit ein Asyl­ver­fah­ren über­haupt erst in Gang kommt.

Dublin-Maschinerie auf Hochtouren

In über 35.000 Fäl­len hielt das Bun­des­amt einen ande­ren EU-Staat für zustän­dig – die Zahl der Dub­lin-Ver­fah­ren blieb damit auf kon­stant hohem Niveau, rela­tiv betrach­tet war jede/r Fünf­te von Dub­lin betrof­fen. Ins­ge­samt 23.413 (18%) aller Asy­l­ent­schei­dun­gen des Bun­des­amts 2014 waren Dub­lin-Ent­schei­dun­gen. Inef­fi­zi­ent bleibt die­ses Sys­tem wei­ter­hin: abge­scho­ben im Rah­men von Dub­lin wur­den 4.772 Personen.

Mit über 9.000 Über­nah­me­ersu­chen wur­de das völ­lig über­for­der­te Ita­li­en am häu­figs­ten ange­fragt, ob sie Flücht­lin­ge zustän­dig­keits­hal­ber über­neh­men – jeder vier­te Dub­lin-Fall (25,9%) hat Ita­li­en­be­zug. An zwei­ter und drit­ter Stel­le fol­gen Bul­ga­ri­en mit 4.400 und Ungarn mit 3.900 Über­nah­me­ersu­chen. Alle drei Staa­ten haben mas­si­ve Pro­ble­me mit der Unter­brin­gung und Ver­sor­gung von Asyl­su­chen­den, es gibt unzäh­li­ge Berich­te zu Inhaf­tie­run­gen und Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen. Ange­sichts der kata­stro­pha­len Situa­ti­on in die­sen Staa­ten haben vie­le Gerich­te Abschie­bun­gen dort­hin gestoppt oder nur unter stren­gen Auf­la­gen für zuläs­sig erklärt, wie Ende des Jah­res 2014 der Euro­päi­sche Gerichts­hof für Men­schen­rech­te in sei­nem Tarak­hel-Urteil. Den­noch betref­fen knapp 50 Pro­zent aller Dub­lin-Ver­fah­ren allein die­se drei Staaten.

Anerkannt und doch völlig schutzlos

Neben „Dub­lin“ wird ein ande­rer Aspekt für die Flücht­lin­ge in Euro­pa mehr und mehr zum Pro­blem:  Es betrifft Men­schen, die allen prak­ti­schen Wid­rig­kei­ten zum Trotz im Asyl­ver­fah­ren von „Pro­blem­staa­ten“ wie Ita­li­en oder Bul­ga­ri­en einen inter­na­tio­na­len Schutz­sta­tus  oder eine Flücht­lings­an­er­ken­nung erhal­ten. Wie die Dub­lin-Fäl­le sind sie von Abschie­bung in den „zustän­di­gen“ EU-Staat betrof­fen, aller­dings auf Grund­la­ge der natio­na­len „siche­ren Dritt­staa­ten­re­ge­lung“. Bei der Gegen­wehr sind die Betrof­fe­nen nahe­zu chan­cen­los, auch wenn mas­si­ve Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen dro­hen. Die Fik­ti­on, dass aner­kann­te Flücht­lin­ge bereits in einem „siche­ren“ Staat Schutz gefun­den hät­ten, ist nahe­zu unum­stöß­lich, das Recht zeigt sich blind für die rea­len Ver­hält­nis­se in den Zielländern.

Nach Anga­ben des BAMF waren davon im letz­ten Jahr über 2.500 Per­so­nen betrof­fen, dar­un­ter über die Hälf­te syri­sche Kriegs­flücht­lin­ge. Vie­len von ihnen droht die Abschie­bung nach Bul­ga­ri­en, wo Flücht­lin­ge sogar Fol­ter aus­ge­setzt sind und selbst hoch­ran­gi­ge Poli­ti­ker öffent­lich ver­kün­de­ten, dass man sich nicht in der Lage sehe, die wei­ter­ge­wan­der­ten Flücht­lin­ge zurück­zu­neh­men. In Deutsch­land haben die Betrof­fe­nen aber trotz des gemein­sa­men EU-Raums kein Auf­ent­halts­recht, genau­so wenig aber eine Chan­ce auf ein wei­te­res Asyl­ver­fah­ren. Ange­mes­sen wäre es, aner­kann­ten Flücht­lin­gen end­lich EU-weit Frei­zü­gig­keit zu gewähren.

Neuer Abschiebungsrekord

Nach Jah­ren des Rück­gangs der Abschie­bun­gen ist die­se Zahl 2014 zum zwei­ten Mal in Fol­ge gestie­gen: Mit ins­ge­samt fast 11.000 Abschie­bun­gen stieg die Zahl um 7 Pro­zent. Höher war sie zuletzt 2006 (ca. 14.000 Abschie­bun­gen). Hin­zu kamen 2.967 Zurück­schie­bun­gen und 3.612 Zurück­wei­sun­gen an der deut­schen Gren­ze, ins­be­son­de­re an Flughäfen.

Fast 50 Pro­zent aller Ab- und Zurück­schie­bun­gen erfolg­ten in EU- oder Schen­gen-Staa­ten. Rund 35 Pro­zent waren Dub­lin-Über­stel­lun­gen. Ein Groß­teil des „Abschie­bungs­ver­kehrs“ dient also ein­zig und allein dazu, Flücht­lin­ge in den für sie zustän­di­gen Staat zurück­zu­schie­ben, aus dem vie­le aus guten Grün­den wei­ter­ge­flo­hen sind – ein immenser Auf­wand für ein nicht funk­tio­nie­ren­des Zustän­dig­keits­sys­tem, in dem Men­schen wie Stück­gut hin- und her­ge­scho­ben werden.


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