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1:0 gegen Rassismus: Fußballfans für Flüchtlinge

Rechte Scharfmacher machen mobil gegen Flüchtlinge und Migrant_innen, "besorgte Bürger" protestieren gegen Unterkünfte für Asylsuchende. Aber vielerorts gibt es Menschen, die rassistische und rechtsextremistische Hetze bekämpfen und Flüchtlinge unterstützen. Lesen Sie Teil zwei unserer News-Serie über gelebte Willkommenskultur.
Seit einigen Jahren setzt sich die SGD für mehr Toleranz und gegen Rassismus ein. Seit 2012 kooperiert die antirassistische Faninitiative 1953international der SG Dynamo Dresden mit der AG Asylsuchende aus Pirna. Zusammen haben sie das Projekt „Am Ball bleiben – Dynamo-Fans laden Flüchtlinge ins Stadion ein“ ins Leben gerufen.
Von Laura Piotrowski**
Es ist Sonntagmittag, Dynamo Dresden spielt zu Hause gegen den Brandenburger Rivalen Energie Cottbus. Am Hauptbahnhof soll es ein Treffen mit Mitgliedern der antirassistischen Faninitiative 1953international geben. Diese erwarten eine große Gruppe Flüchtlinge, die zurzeit in Pirna leben. Seit fast einem Jahr lädt die Faninitiative zusammen mit der AG Asylsuchende Pirna Flüchtlinge zum gemeinsamen Stadionbesuch ein.
Mit dieser und anderen Aktionen soll ein Zeichen gegen menschenverachtende Asylpolitik gesetzt werden, auch ist den Fußballaktivist/innen der Kontakt zu den Flüchtlingen wichtig. „Wir wollen den Menschen eine Freude mit dem Spielbesuch machen. Aber wir möchten auch den Dresdnerinnen und Dresdnern Wissen über das Leben von Flüchtlingen hier vermitteln und Kontakte herstellen“, erklärt Gerd* von 1953international.
Motto des Derbys: Love Dynamo, hate Racism
Am Stadion angekommen macht sich Aufregung breit. Zum zweiten Mal stellt 1953international gemeinsam mit der AG Asylsuchende nun die Einlaufkinder für ein Heimspiel. Heute ist die Aktion Teil der FARE-Wochen gegen Rassismus. Zwei Teams aus neun Flüchtlingskindern und 13 Kindern mit Behinderung werden gemeinsam mit den Mannschaften einlaufen. Das Team der Schwarz-Gelben und alle Einlaufkinder tragen die gleichen Trikots, auf der Brust prangt der Schriftzug „Love Dynamo – Hate Racism. 1953international“.
Gestaltet wurden die Trikots in Zusammenarbeit mit dem Verein, der Hauptsponsor Veolia Umweltservice Ost verzichtet zugunsten der Aktion auf seine Präsenz auf dem sogenannten „Nicki“ (sächsische Mundart) der Mannschaft. Die Faninitiative 1953international lädt gemeinsam mit der AG Asylsuchende Flüchtlinge ins Stadion ein, stellt Einlaufteams mit geflüchteten Kindern und organisiert Feriencamps.
Klares Bekenntnis zur Antirassismusarbeit
In Kooperation mit dem Verein erscheinen auch zwei Artikel im Stadionheft „Kreisel“ zum Spiel, das ganz im Zeichen des Kampfes gegen Rassismus stehen soll. Dynamo Geschäftsführer Christian Müller erklärt darin: „Die Antirassismus-Arbeit ist für uns als Verein von großer Bedeutung.“ Außerdem stellt sich im Stadionheft „Kreisel“ auch die Faninitiative 1953international vor. Seit 2006 engagieren sich Fans der SGD in dieser Initiative, die eine offene Kurve und keinen Rassismus im Stadion wollen.
Klima im Stadion positiv verändert
Der Slogan „Rassismus ist kein Fangesang“ prangt bei jedem Heimspiel auf den Anzeigetafeln unter der Torzählung. „Ich finde, dass sich das Klima im Stadion seit Beginn unseres Engagements sehr positiv verändert hat. Besonders im K‑Block, wo die aktiven Fans stehen, zeigt sich das. Rassistische Sprechchöre und Rufe sind bei Heimspielen selten geworden, viele Fans tragen unsere Nickis“, erklärt Gerd vor dem Spiel. Auch viele Mitglieder der aktiven Fanszene schätzten das Engagement der Gruppe.
Zurück zum Spiel: In der 71. Spielminute schießt dann Mickael Poté endlich das erste Tor des Spiels. Das Stadion birst vor Freude, die Fans springen von den Plätzen und jubeln ihrem Stürmer aus Benin zu, der auch schon mit rassistischen Anfeindungen zu kämpfen hatte. Besonders, weil er seit fast einem Jahr kein Tor mehr geschossen hatte, aber immer wieder in der Startelf stand, gab es viel Murren und auch vereinzelte rassistische Schmähungen gegen ihn. Als er nun beim Spiel gegen Energie Cottbus zum Kopfballtor hochspringt und Dresden damit in Führung bringt, prangt der Schriftzug „Love Dynamo – Hate Racism“ auf seiner Brust.
Nach 90 Minuten geht die Dresdner Mannschaft schließlich mit einem Sieg vom Platz. Vielleicht haben ihr die Einlaufkinder wieder ein bisschen Glück gebracht – auch bei der letzten Aktion mit Flüchtlingskindern beim Spiel gegen den SC Paderborn hatte die Mannschaft gesiegt. An diesem Sonntag jedenfalls haben Fans und Verein gemeinsam ein Zeichen gegen rassistische Ausgrenzung gesetzt – und gewonnen.
*Name von der Redaktion geändert.
**Den Bericht haben wir der von PRO ASYL und der Amadeu-Antonio-Stiftung gemeinsam herausgegebenen Broschüre Refugees Welcome – Gemeinsam Willkommenskultur gestalten entnommen und hier leicht gekürzt wiedergegeben.
Gemeinsam gegen Rassismus!
PRO ASYL ruft dazu auf, rassistischen Vorurteilen entschieden zu widersprechen, Flüchtlinge willkommen zu heißen und sich rechten Hetzern in den Weg zu stellen.
Bitte informieren Sie sich unter folgenden Links:
Gemeinsam gegen Rassismus! (20.03.14)
Willkommenskultur selber machen! (05.03.14)
Neue Broschüre klärt über rechte Hetze auf (04.03.14)
Neue Broschüre: Fakten und Argumente gegen Vorurteile (04.03.14)