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Asylrechtsverschärfung soll heute ab 17:15 im Hauruckverfahrenn durch den Bundestag

Noch vorgestern stand der Gesetzentwurf zur Bestimmung weiterer „sicherer Herkunftsstaaten“ nicht auf der Tagesordnung. Dann fiel der Regierungskoaltion offenbar ein, dass die Konzentration der Medien auf die Fußball-Weltmeisterschaft eine blendende Gelegenheit wäre, den höchst umstrittenen Gesetzentwurf möglichst unbemerkt durchzupeitschen.
Wie bekommt man einen verfassungsrechtlich höchst umstrittenen Gesetzentwurf, der von vielen Expertinnen und Experten vor kurzem in einer Anhörung verrissen wurde, durch den Bundestag, ohne sich dafür viel Kritik anhören zu müssen? Man setzt ihn möglichst kurzfristig auf die Tagesordnung – und möglichst dann, wenn die Medien mit anderen Themen beschäftigt sind.
Heute ab 17.15 Uhr wird die Bundestagsmehrheit ihre zahlenmäßige Überlegenheit ausspielen und den Entwurf noch vor der Sommerpause beschließen. Nach dem erwartbaren Beschluss könnten sich die Abgeordneten dann auf die bevorstehenden Viertelfinalspiele konzentrieren und die Debatte über die existenzgefährdende Ausgrenzung der Roma und die Menschenrechtslage in den Balkanstaaten wieder ad acta legen.
Ein besonderes Trauerspiel ist die Haltung der deutschen Sozialdemokratie. SPD-Parlamentarier hatten den Gesetzentwurf zum Teil erklärtermaßen mit großen Bauchschmerzen mitgetragen. Angesichts des parlamentarischen Hauruckverfahrens müssten viele der Kränkelnden jetzt wohl eine ausgewachsene Gastroenteritis entwickeln.
PRO ASYL übt scharfe Kritik an dem Gesetzesvorhaben. Minderheiten wie Homosexuelle und Roma werden in den Balkanstaaten extrem diskriminiert. Die drei Staaten schützen sie nicht vor Übergriffen und es gibt schwerwiegende Mängel im Justizsystem. Ausgrenzung und Diskriminierung von Roma in den Balkanstaaten haben zudem eine derartige Dimension, dass sie existenz- und lebensgefährdend sein können. Ein aktuelles Gutachten von PRO ASYL zu Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina zeigt das Ausmaß der menschenrechtlichen Defizite in den Balkanstaaten.
Mit dem Gesetz wird die Tür zum Ausschluss weiterer Gruppen von einem fairen Asylverfahren weit aufgestoßen werden. Wie bei den Westbalkanstaaten könnte bei hohen Asylbewerberzahlen aus anderen Ländern zunächst für niedrige Anerkennungsquoten gesorgt werden, um in der Folge zu erklären, dass das Herkunftsland offenbar sicher sei und eine faire Einzelfallprüfung somit gar nicht mehr nötig ist. Die Liste der sicheren Herkunftsländer würde länger.
PRO ASYL fordert die Parlamentarier und den Bundesrat auf, den Gesetzentwurf zu stoppen. Individuelle Asylverfahren dürfen nicht durch pauschale Einstufungen von Staaten als „sicher“ ersetzt werden.
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