16.01.2025

PRO ASYL wen­det sich ent­schie­den gegen Ver­su­che füh­ren­der deut­scher Politiker*innen, der Öffent­lich­keit zu sug­ge­rie­ren, Syri­en sei sicher und vie­le syri­sche Geflüch­te­te könn­ten in naher Zukunft zurück­keh­ren. Das ist popu­lis­ti­sche Stim­mungs­ma­che auf dem Rücken der Syrer*innen.

„Es braucht jetzt Hal­tung, statt Het­ze! Anstatt syri­sche Geflüch­te­te, die in Deutsch­land leben und längst Teil der Gesell­schaft gewor­den sind, weg­zu­sto­ßen und zu ver­ängs­ti­gen, braucht es die kla­re Bot­schaft: Die syri­sche Com­mu­ni­ty ist ein Teil von Deutsch­land und wird es auch blei­ben“, sagt Tareq Alaows, flücht­lings­po­li­ti­scher Spre­cher von PRO ASYL.

Alaows ist vor weni­gen Wochen nach Syri­en gereist, um sich ein eige­nes Bild von der Lage zu machen. Von sei­nen Ein­drü­cken berich­te­te er auf einer Pres­se­kon­fe­renz am 16. Janu­ar 2025 sowie in einem Bericht hier. Sei­ne Erkennt­nis: „Popu­lis­ti­sche For­de­run­gen zu einer Rück­kehr von hier leben­den syri­schen Geflüch­te­ten sind ver­früht und igno­rie­ren die Rea­li­tät vor Ort: Syri­en ist weder sta­bil noch sicher.“

Auch Äuße­run­gen ver­schie­de­ner Politiker*innen, den Schutz­sta­tus von nicht erwerbs­tä­ti­gen syri­schen Geflüch­te­ten in naher Zukunft über­prü­fen zu wol­len, kri­ti­siert PRO ASYL scharf. „Das ist eine gefähr­li­che Ver­mi­schung einer Nütz­lich­keits­de­bat­te mit dem Recht auf Schutz. Sol­che Aus­sa­gen ver­un­si­chern Men­schen aus Syri­en zutiefst und sto­ßen sie vor den Kopf“, so Alaows.

For­de­run­gen von PRO ASYL:

1. Hal­tung statt Res­sen­ti­ments: Syri­en ist der­zeit kein siche­res Land für Rückkehrer*innen. Die Dis­kus­sio­nen über Rück­füh­run­gen oder über einen Wider­ruf des Schutz­sta­tus sind nicht ziel­füh­rend. Der Schutz­sta­tus muss wei­ter­hin unab­hän­gig von der Erwerbs­tä­tig­keit garan­tiert werden.

2. Erleich­te­rung von Kurz­rei­sen: Syrer*innen in Deutsch­land soll­ten ihre Hei­mat besu­chen kön­nen, ohne dabei ihren Schutz­sta­tus zu ver­lie­ren. Sie wol­len zum Bei­spiel Fami­li­en­mit­glie­der besu­chen, ver­schwun­de­ne Ange­hö­ri­ge suchen oder die Lage vor Ort bewerten.

3. Unter­stüt­zung des Wie­der­auf­baus: Deutsch­land muss sich aktiv an der Auf­ar­bei­tung von Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen und dem Auf­bau demo­kra­ti­scher Struk­tu­ren betei­li­gen. Dazu gehört die Stär­kung der zivil­ge­sell­schaft­li­chen Struk­tu­ren vor Ort und die Ein­be­zie­hung der Exper­ti­se auch der syri­schen Com­mu­ni­ty in Deutschland.

Zur aktu­el­len Lage in Syrien

Die Situa­ti­on in Syri­en bleibt pre­kär: Eine zer­stör­te Infra­struk­tur, wirt­schaft­li­che Not und poli­ti­sche Insta­bi­li­tät prä­gen das Land. Gleich­zei­tig gibt es Hoff­nungs­zei­chen: Loka­le zivil­ge­sell­schaft­li­che Initia­ti­ven enga­gie­ren sich für den Wie­der­auf­bau und gegen die Ein­schrän­kun­gen von Rech­ten, wie eine Demons­tra­ti­on femi­nis­ti­scher Grup­pen im Dezem­ber 2024 gegen dis­kri­mi­nie­ren­de Schul­buch­än­de­run­gen zeigte.

Doch die Gefah­ren sind all­ge­gen­wär­tig. Waf­fen ver­brei­ten sich unkon­trol­liert, die Auf­ar­bei­tung von Assad-Ver­bre­chen bleibt bis­her aus und Min­der­hei­ten sowie Frau­en sind ver­ängs­tigt und fürch­ten um ihre Sicher­heit. Die völ­ker­rechts­wid­ri­gen Mili­tär­ope­ra­tio­nen der Tür­kei ver­schär­fen die Lage zusätz­lich. Im Nord­os­ten Syri­ens fin­den wei­ter­hin Kämp­fe zwi­schen der SDF (Syri­an Demo­cra­tic Forces) und der von der Tür­kei finan­zier­ten SNA (Syri­an Natio­nal Army) statt, was zu anhal­ten­dem Leid und Ver­trei­bung für die ara­bi­sche und ins­be­son­de­re die kur­di­sche Bevölkerung

Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen zu Syrer*innen in Deutschland

In Deutsch­land lebt rund eine Mil­li­on Syrer*innen. Men­schen aus Syri­en stel­len seit Jah­ren die größ­te Grup­pe bei den Asyl­an­trags­stel­len­den. Im Jahr 2024 lag die Zahl der Anträ­ge von Syrer*innen bei fast 77.000. Die berei­nig­te Schutz­quo­te liegt der­zeit bei fast 100%. 607.000 haben eine befris­te­te Auf­ent­halts­er­laub­nis auf Basis eines Schutz­sta­tus des Bun­des­amts für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge (340.000 Asyl oder Flücht­lings­schutz, 266.000 sub­si­diä­rer Schutz, 7.000 Abschie­bungs­ver­bo­te, sie­he hier für die Auf­schlüs­se­lung). Im Dezem­ber 2024 zeigt sich ein deut­li­cher Rück­gang der Anträ­ge von Syrer*innen.

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