25.07.2014

Afgha­ni­sche Dol­met­scher, die für die Bun­des­wehr arbei­ten, wen­den sich mit dem bei­gefüg­ten Auf­ruf an die deut­sche Öffent­lich­keit. Sie bit­ten dar­um, Druck auf die Ver­ant­wort­li­chen zu machen, damit ihre Auf­nah­me in Deutsch­land zuge­las­sen wird. PRO ASYL doku­men­tiert den uns zuge­sand­ten Auf­ruf hier im Wort­laut und unge­kürzt ledig­lich mit weni­gen ortho­gra­fi­schen Kor­rek­tu­ren (http://is.gd/Cj9T3E).

Zum Hin­ter­grund: Bei den PRO ASYL nicht per­sön­lich bekann­ten Unter­zeich­nern des Auf­rufs han­delt es sich um Dol­met­scher und afgha­ni­sches Sicher­heits­per­so­nal des bei Mazar-i-Sha­rif gele­ge­nen größ­ten Bun­des­wehr-Camps in Afgha­ni­stan. Seit lan­gem ist bekannt, dass Hel­fern der Bun­des­wehr Rache­ak­te der Tali­ban dro­hen. Nach lan­gem Zögern schuf die Bun­des­re­gie­rung ein Auf­nah­me­pro­gramm, das jedoch nur einem Teil der Betrof­fe­nen Schutz bietet.

Die Auf­nah­me afgha­ni­scher Orts­kräf­te in Deutsch­land erfolgt nach einer vor­he­ri­gen Prü­fung, ob und in wel­chem Maße afgha­ni­sche Orts­kräf­te gefähr­det sind, wenn sie zuvor bei ihren Dienst­stel­len eine sog. Gefähr­dungs­an­zei­ge gestellt haben. Die Kri­te­ri­en für die­se Prü­fung blei­ben unklar, auch wenn die Bun­des­wehr vor eini­ger Zeit den Kreis derer, die auf­grund ihrer Gefähr­dung auf­ge­nom­men wer­den kön­nen, aus­ge­dehnt hat. Unter­schie­den wird zwi­schen kon­kret gefähr­de­ten Per­so­nen, denen die Auf­nah­me in Deutsch­land ermög­licht wird. Hin­zu kom­men seit eini­ger Zeit auch latent Gefähr­de­te. Abge­lehnt wird die Auf­nah­me in den Fäl­len, in denen die deut­sche Sei­te kei­ne Gefähr­dung zu erken­nen vermag.

Das Ver­fah­ren fin­det in einer vor­recht­li­chen Grau­zo­ne statt. Wer abge­lehnt wird, erhält ledig­lich einen lapi­da­ren Ableh­nungs­be­scheid, in dem weder die Grün­de für die Ableh­nung genannt wer­den noch eine Rechts­mit­tel­be­leh­rung ent­hal­ten ist. Es besteht also kei­ne Chan­ce, gegen den Bescheid mit Aus­sicht auf Erfolg zu kla­gen. Jeder Aus­län­der, dem ein Visum für Deutsch­land durch eine deut­sche Aus­lands­ver­tre­tung ver­sagt wird, kann dage­gen kla­gen. Die bedroh­ten Hel­fer der Bun­des­wehr wer­den dage­gen per Form­brief im Vor­feld abge­speist. Das Ver­fah­ren muss auf den Prüf­stand der Rechts­staat­lich­keit (sie­he dazu auch die recht­li­chen Ein­schät­zun­gen von RA Vic­tor Pfaff: http://is.gd/noDcMe).

Bis­lang hat das Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um in etwa einem Drit­tel der Fäl­le einer Auf­nah­me afgha­ni­scher Orts­kräf­te in Deutsch­land zuge­stimmt. Bis Mit­te Juli hat­ten nach Medi­en­be­rich­ten 937 Orts­kräf­te einen Antrag auf Auf­nah­me gestellt. 908 sei­en bereits bear­bei­tet und 313 bewil­ligt. In allen übri­gen 595 Fäl­len habe die Gefähr­dung nicht den Kri­te­ri­en für die Auf­nah­me entsprochen.

Die Zunah­me der Anschlä­ge der Tali­ban in Afgha­ni­stan und die vie­len zivi­len Opfer führ­ten dazu, dass die Orts­kräf­te vor dem Hin­ter­grund des Abzu­ges der inter­na­tio­na­len Trup­pen immer mehr befürch­ten, ins Visier ihrer Ver­fol­ger zu geraten.

PRO ASYL for­dert seit län­ge­rem die Auf­nah­me der afgha­ni­schen Orts­kräf­te unab­hän­gig von einer indi­vi­du­el­len Gefähr­dungs­prü­fung, die prak­tisch kaum mög­lich ist. Die Tali­ban – ein Sam­mel­be­griff für einen Teil der regie­rungs­feind­li­chen Kräf­te – haben immer erken­nen las­sen, dass sie jede Form der Zusam­men­ar­beit mit aus­län­di­schen Streit­kräf­ten als bestra­fungs­wür­di­ge Kol­la­bo­ra­ti­on sehen.

 Offe­ner Brief afgha­ni­scher Orts­kräf­te: „Lie­fert uns nicht an die Tali­ban aus!“ (25.07.14)

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