20.06.2021

Zum Welt­flücht­lings­tag am 20.6. 2021 lenkt PRO ASYL den Blick auf das Zurück­wei­sungs­ver­bot der Flücht­lings­kon­ven­ti­on und for­dert: Das Recht, einen Antrag auf Asyl zu stel­len zu kön­nen, muss an den EU-Gren­zen garan­tiert werden.

Zum dies­jäh­ri­gen Welt­flücht­lings­tag warnt PRO ASYL die Staa­ten der Euro­päi­schen Uni­on davor, die Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on (GFK) immer wei­ter aus­zu­höh­len und ihr ihren wich­tigs­ten Teil zu ent­rei­ßen. „Der Kern der welt­weit gül­ti­gen Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on ist, dass die unter­zeich­nen­den Staa­ten die Flücht­lin­ge an ihren Gren­zen nicht zurück­wei­sen dür­fen, ohne zuvor ihre Schutz­be­dürf­tig­keit zu prü­fen. Flücht­lin­ge haben ein Recht dar­auf, einen Antrag auf Asyl zu stel­len. Doch PRO ASYL ist in gro­ßer Sor­ge, dass die „EU-Staa­ten der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on die­ses Herz­stück ent­rei­ßen“, sagt Gün­ter Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL.

PRO ASYL pran­gert ins­be­son­de­re die Koope­ra­ti­on mit Staats­rui­ne Liby­en, und hier der ver­bre­che­risch han­deln­den liby­schen Küs­ten­wa­che an. „Das Zurück­schlep­pen von Boo­ten in liby­sche Hoheits­ge­wäs­ser, das Her­bei­ru­fen der liby­schen Küs­ten­wa­che zu Boots­flücht­lin­gen selbst in inter­na­tio­na­le Gewäs­ser ist ein Anschlag auf die Men­schen­rech­te der Geflüch­te­ten. In Liby­en wur­den vie­le bereits gefol­tert und miß­han­delt, nun wer­den sie mit Hil­fe der EU-Staa­ten dort­hin zurück­ge­schleppt. Die Zurück­ge­schlepp­ten lan­den dann wie­der in dem Elend aus dem sie geflo­hen sind.“

Pro Asyl warnt erneut, der Flucht­ab­wehr alles unter­zu­ord­nen. Das Zurück­wei­sungs­ver­bot der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on ist eine ein­zig­ar­ti­ge huma­ni­tä­re und recht­li­che Errun­gen­schaft, die Flücht­lin­gen grund­le­gen­de indi­vi­du­el­le Rech­te zusi­chert. Als sie vor 70 Jah­ren, am 28. Juli 1951, auf einer UN-Son­der­kon­fe­renz ver­ab­schie­det wur­de, geschah das auch unter dem Ein­druck der Nazi­zeit, als die von Hit­ler Ver­folg­ten vor geschlos­sen Gren­zen standen.

Nun soll sie ihrer Wirk­sam­keit beraubt wer­den. Sie wird durch die Euro­päi­sche Uni­on und ihren Mit­glieds­staa­ten immer wie­der auf bru­ta­le Wei­se ange­grif­fen – ob durch Push-Backs, den EU-Tür­kei-Deal, die Unter­stüt­zung und Aus­bil­dung der liby­schen »Küs­ten­wa­che« oder den geplan­ten »New Pact on Migra­ti­on and Asyl­um«, der in Grenz­ver­fah­ren auf die Zurück­wei­sung der Schutz­su­chen­den in die Tran­sit­staa­ten zielt.
Der­zeit pas­siert den EU-Gren­zen viel­fach genau das Gegen­teil von dem, was die GFK garan­tiert: Geflüch­te­te wer­den an kroa­ti­schen Gren­zen zurück­ge­prü­gelt oder an grie­chi­schen Gren­zen mit Schall­ka­no­nen beschos­sen und gehin­dert Asyl zu bean­tra­gen. Män­ner, Frau­en und Kin­der wer­den mit Push­backs auf dem Meer aus­ge­setzt. So wird Schutz­su­chen­den ihr durch die GFK ver­brief­tes Recht, einen Asyl­an­trag zu stel­len, ver­wei­gert. Auch Däne­mark hat einen neu­en Vor­stoß gestar­tet, um sich und auch die Euro­päi­sche Uni­on zur asyl­po­li­ti­schen Insel zu machen: Asyl­an­trä­ge sol­len fak­tisch nicht mehr mög­lich sein.

Bestä­tigt in sei­nen Befürch­tun­gen sieht sich PRO ASYL von Zah­len, die Euro­stat hier ver­öf­fent­licht hat: Immer weni­ger Men­schen schaf­fen es, in einem EU-Land einen Antrag auf Asyl zu stel­len. Im Jahr 2020 sind die Asyl­zu­gangs­zah­len im Ver­gleich zu 2019 um mehr als ein Drit­tel gesun­ken, im Ver­gleich zu 2015 sogar um fast zwei Drit­tel (66 Pro­zent). So stell­ten laut Euro­stat im Jahr 2015 rund 1,2 Mil­lio­nen Men­schen einen Antrag auf Asyl in einem EU-Land, 2019 waren es rund 631.000 Men­schen und 2020 nur noch rund 417.000 Menschen.

Dass die sin­ken­den Zah­len lei­der nicht damit zusam­men­hän­gen, dass es weni­ger Krie­ge und Kri­sen in der Welt gibt, zeigt der Blick auf die von Krieg, Gewalt oder Unru­hen geschüt­tel­ten Haupt­her­kunfts­län­der: An den ers­ten Stel­len ste­hen Syri­en, Afgha­ni­stan, Vene­zue­la und Kolum­bi­en. „Die sin­ken­den Zah­len der Asyl­an­trä­ge sind ein Ergeb­nis der Abschot­tungs­maß­nah­men der EU“, sagt Gün­ter Burk­hardt. Das bestä­ti­gen auch die Zah­len, die der UNHCR zum dies­jäh­ri­gen Welt­flücht­lings­tag ver­öf­fent­licht hat: Wäh­rend in Euro­pa immer weni­ger Men­schen einen Asyl­an­trag stel­len, sind welt­weit die Flücht­lings­zah­len erneut gestiegen.

PRO ASYL ruft des­halb gemein­sam mit See­brü­cke,  #Lea­ve­noone­be­hind, Sea­watch, und vie­len ande­ren Orga­ni­sa­tio­nen zu Pro­tes­ten gegen die Abschot­tungs­po­li­tik der EU auf: Men­schen­rech­te sind unverhandelbar.

Aktu­el­le Infor­ma­tio­nen zur Situa­ti­on in Grie­chen­land fin­den Sie hier: https://www.proasyl.de/pressemitteilung/die-fluechtlingskonvention-unter-beschuss-die-eu-verwandelt-griechenland-in-ein-labor-der-anti-fluechtlingspolitik/

Alle Presse­mitteilungen