19.12.2022

Grund­le­gen­de Reform not­wen­dig – neue Fron­tex-Spit­ze nur ein ers­ter Schritt

PRO ASYL for­dert das deut­sche Innen­mi­nis­te­ri­um auf, an die Spit­ze von Fron­tex kei­ne Per­son zu wäh­len, der ille­ga­le Zurück­wei­sun­gen (Push­backs) und ande­re Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen vor­ge­wor­fen wer­den. Am Diens­tag, 20. Dezem­ber, will der Ver­wal­tungs­rat der euro­päi­schen Grenz­agen­tur Fron­tex eine neue Exe­ku­tiv­di­rek­to­rin oder einen neu­en Exe­ku­tiv­di­rek­tor bestim­men. Zur Wahl steht unter ande­rem die der­zei­ti­ge Staats­se­kre­tä­rin im kroa­ti­schen Innen­mi­nis­te­ri­um, Tere­zi­ja Gras.

„Die kroa­ti­sche Poli­zei und ande­re staat­li­che Akteu­re bege­hen seit Jah­ren sys­te­ma­ti­sche Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen: An den Außen­gren­zen wer­den Men­schen miss­han­delt, geprü­gelt und gewalt­sam zurück­ge­drängt. Staats­se­kre­tä­rin Tere­zi­ja Gras steht für die­se Poli­tik und hat sie immer wie­der ver­tei­digt. Wür­de sie neue Fron­tex­che­fin, besteht die Gefahr, dass sys­te­ma­ti­sche Rechts­brü­che und gewalt­sa­me Zurück­wei­sun­gen zur Norm inner­halb von Fron­tex-Ope­ra­tio­nen wer­den“, sagt Karl Kopp, Lei­ter der Euro­pa-Abtei­lung von PRO ASYL.

Erst Anfang Dezem­ber hat­ten PRO ASYL und das Cent­re for Peace Stu­dies im Bericht »Sys­te­ma­ti­sche Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen an Kroa­ti­ens Gren­zen« die Bru­ta­li­tät erneut zusam­men­ge­fasst. Die Orga­ni­sa­tio­nen zeich­nen in dem Bericht nach, dass Push­backs das Fun­da­ment des kroa­ti­schen Grenz­schut­zes bil­den. In den ver­gan­ge­nen Jah­ren wur­den wie­der­holt Vor­wür­fe gegen Tere­zi­ja Gras sowie Rück­tritts­for­de­run­gen öffent­lich, wie zum Bei­spiel im Zusam­men­hang mit dem Tod der sechs­jäh­ri­gen Madi­na im kroa­ti­schen Grenz­ge­biet. Gras soll Menschenrechtsverteidiger*innen unter Druck gesetzt und unab­hän­gi­ge Ermitt­lun­gen in dem Fall behin­dert haben.

Die Grenz­schutz­agen­tur Fron­tex wird immer wie­der von Skan­da­len erschüt­tert, zuletzt muss­te Ende April 2022 der dama­li­ge Fron­tex-Direk­tor Fabri­ce Leg­ge­ri zurück­tre­ten. Dem Rück­tritt vor­an­ge­gan­gen waren Berich­te eines Unter­su­chungs­aus­schus­ses im EU-Par­la­ment zu Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen an den Gren­zen und Medi­en­be­rich­te über Ver­wick­lun­gen von Fron­tex in ille­ga­le Zurück­wei­sun­gen an den EU-Außengrenzen.

Die Inte­rims­lei­tung hat­te in den ver­gan­ge­nen Mona­ten Aja Kal­na­ja inne, die den Pos­ten behal­ten will und sich eben­falls zur Wahl stel­len lässt. Doch auch sie führ­te die bis­he­ri­ge Linie fort. Zudem gab es am Frei­tag Medi­en­be­rich­te, wonach das EU-Anti­be­trugs­amt OLAF gegen Fron­tex ermit­telt und sich dabei auch für Kal­na­ja interessiert.

„Die Wahl einer neu­en Fron­tex-Spit­ze kann nur ein ers­ter Schritt sein, die­se skan­dal­träch­ti­ge EU-Agen­tur grund­le­gend zu refor­mie­ren – ohne Tabus. Fron­tex ist men­schen­recht­lich außer Kon­trol­le“, so Kopp. Die inter­nen Über­wa­chungs­me­cha­nis­men haben ver­sagt, eine zwin­gend gebo­te­ne exter­ne Kon­trol­le ist bis heu­te nicht eta­bliert. PRO ASYL for­dert einen demo­kra­ti­schen, par­la­men­ta­risch kon­trol­lier­ten Grenz­schutz. Nötig ist eine unab­hän­gi­ge Über­wa­chung von Fron­tex, um sicher­zu­stel­len, dass die EU-Agen­tur im Ein­klang mit dem Völ­ker­recht und der EU-Grund­rech­te­char­ta agiert.

Zur Reform­agen­da gehört auch: Das gigan­ti­sche Fron­tex-Bud­get – aktu­ell etwa 750 Mil­lio­nen Euro – muss mas­siv gekürzt wer­den, eben­so müs­sen die Ver­ant­wor­tungs­be­rei­che redu­ziert und ver­än­dert werden.

Zur Infor­ma­ti­on: Ende Novem­ber hat­ten sich die Kandidat*innen dem Euro­päi­schen Par­la­ment vor­ge­stellt, einen Video­mit­schnitt fin­den Sie hier.

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