23.09.2015

Beim mor­gi­gen Bund-Län­der-Gip­fel soll der Geset­zes­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung mit den Län­dern abge­stimmt wer­den. Die Bun­des­re­gie­rung agiert kon­zep­ti­ons­los und setzt auf kurz­fris­ti­gen Aktio­nis­mus. Aktu­ell kom­men vor allem Flücht­lin­ge nach Deutsch­land, die als Asyl­be­rech­tig­te aner­kannt wer­den. Für sie müss­ten lang­fris­ti­ge Auf­nah­me- und Inte­gra­ti­ons­struk­tu­ren geschaf­fen wer­den. Statt­des­sen wird das Asyl­ver­fah­ren wei­ter büro­kra­ti­siert und neue Inte­gra­ti­ons­hemm­nis­se wer­den entstehen.

Durch die Ver­län­ge­rung des Ver­bleibs in den Erst­auf­nah­me­ein­rich­tun­gen wer­den Flücht­lin­ge in ohne­hin über­las­te­ten Unter­künf­ten kaser­niert, ihre Chan­cen auf Inte­gra­ti­on wer­den ver­hin­dert. Die Ein­stu­fung wei­te­rer West­bal­kan-Staa­ten als „siche­re Her­kunfts­staa­ten“ ist sach­lich nicht gerecht­fer­tigt und höhlt das Recht auf Asyl aus.  Als wei­te­re Büro­kra­ti­sie­rung der Asyl­ver­fah­ren wird die „Beschei­ni­gung über die Mel­dung als Asyl­su­chen­der“ (soge­nann­te BÜMA) auf gesetz­li­che Grund­la­ge gestellt, die Flücht­lin­ge mona­te­lang in der War­te­schlei­fe ver­har­ren lässt, ohne dass sie ihr Asyl­ver­fah­ren durch­lau­fen kön­nen. PRO ASYL hält die Leis­tungs­kür­zun­gen beim Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz für ver­fas­sungs­wid­rig. Sie ver­sto­ßen gegen die Men­schen­wür­de und das Sozi­al­staats­prin­zip. (vgl. PRO ASYL Pres­se­mit­tei­lung vom 21.09.2015)

PRO ASYL appel­liert an die Bun­des­län­der, ins­be­son­de­re die grün-mit­re­gier­ten, men­schen­recht­li­che Grund­sät­ze nicht auf­zu­ge­ben und die­sem Geset­zes­pa­ket die Zustim­mung zu ver­wei­gern. Der Geset­zes­ent­wurf löst nicht die Flüchtlingskrise. 

Anläss­lich des Flücht­lings­gip­fels ver­öf­fent­licht PRO ASYL ein umfas­sen­des Grund­satz­pa­pier zur Auf­nah­me und Inte­gra­ti­on von Flücht­lin­gen. Statt einer Abschot­tungs­po­li­tik bedarf es guter Auf­nah­me­struk­tu­ren und Inte­gra­ti­ons­per­spek­ti­ven für Flüchtlinge.

PRO ASYL erhebt fol­gen­de For­de­run­gen an den Bund-Län­der-Gip­fel, die im Grund­satz­pa­pier aus­ge­führt werden:

  • Schnel­le und fai­re Asyl­ver­fah­ren ohne Aus­höh­lun­gen der Rechts­ga­ran­tien Asyl­su­chen­der. Die büro­kra­ti­sche Tren­nung in Asy­l­er­su­chen und Asyl­an­trag muss auf­ge­ho­ben wer­den. Wird nach der Ein­rei­se ein Asyl­wunsch geäu­ßert, unter­rich­tet die Stel­le, sofern es nicht das Bun­des­amt ist, das BAMF. Damit wird das Asyl­ver­fah­ren eröff­net. Die Beschei­ni­gung über die Mel­dung als Asyl­su­chen­der (BÜMA) ent­fällt. Das BAMF hat umge­hend eine Anhö­rung durch­zu­füh­ren. Die Ent­schei­dung muss umge­hend durch die Per­son, die die Anhö­rung durch­ge­führt hat, erfolgen.
  • Die Aus­wei­tung und Sys­te­ma­ti­sie­rung der Prü­fung der Asyl­an­trä­ge von Men­schen, die kol­lek­tiv ver­folgt wer­den. Die­se Situa­ti­on liegt der­zeit bei Men­schen aus Syri­en und dem Irak vor. Das BAMF ent­schei­det bei ihnen meist im schrift­li­chen Ver­fah­ren. Auch für Flücht­lin­ge aus Soma­lia, Eri­trea und ande­re Per­so­nen­grup­pen soll­te ein schrift­li­ches Ver­fah­ren ange­wandt werden. 
  • Zur Ent­las­tung des BAMF wird eine Alt­fall­re­ge­lung erlas­sen mit einer Auf­ent­halts­er­laub­nis für Flücht­lin­ge, über deren Asyl­an­trag seit einem Jahr nicht ent­schie­den wurde. 
  • Die gesetz­li­che Ver­pflich­tung nach drei Jah­ren regel­mä­ßig einen Wider­ruf einer Aner­ken­nung zu prü­fen, muss entfallen.
  • Die gesetz­lich fest­ge­schrie­be­ne Unter­brin­gung in Gemein­schafts­un­ter­künf­ten muss abge­schafft wer­den. Wer bei Fami­li­en oder Freun­den unter­kom­men kann, muss die Mög­lich­keit dazu haben. Glei­ches gilt, wenn eine Pri­vat­woh­nung gefun­den wird. Dies darf nicht durch die Zuwei­sung an ein bestimm­tes Bun­des­land ver­hin­dert werden.
  • Schaf­fung bezahl­ba­ren Wohn­raums für alle Men­schen mit gerin­gem Ein­kom­men durch den Aus­bau des sozia­len Woh­nungs­baus durch den Bund. 
  • Sofor­ti­ger Zugang zu Sprach­kur­sen und zu Qua­li­fi­zie­run­gen für alle Flücht­lin­ge. Dabei lehnt PRO ASYL eine Ein­tei­lung in Flücht­lin­ge mit „guter“ und „schlech­ter“ Blei­be­per­spek­ti­ve ab. Die­se Ein­tei­lung kann nicht vor einem Asyl­ver­fah­ren statt­fin­den und eine Ori­en­tie­rung an Aner­ken­nungs­quo­ten ist mit dem Gedan­ken des indi­vi­du­el­len Ver­fah­rens unvereinbar.
  • Gleich­be­rech­tig­ter Zugang von Flücht­lin­gen zum Arbeitsmarkt.
  • Mas­si­ve Inves­ti­tio­nen in das Bil­dungs- und Aus­bil­dungs­sys­tem und Abbau büro­kra­ti­scher Hürden.
  • Das ehren­amt­li­che Enga­ge­ment braucht haupt­amt­li­che Unter­stüt­zung, Koor­di­na­ti­on und Qualifizierung.
  • EU-wei­te Frei­zü­gig­keit für Men­schen, die in einem EU-Staat als inter­na­tio­nal schutz­be­rech­tigt aner­kannt sind.
  • Dub­lin-III-Ver­ord­nung abschaf­fen: Schutz­su­chen­de sol­len in dem Land, das sie auf­su­chen möch­ten, ihr Asyl­ver­fah­ren durchlaufen. 
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