18.11.2011

Der Skan­dal um das rechts­extre­mis­ti­sche Ter­ror­netz­werk muss umfas­send auf­ge­klärt wer­den. Doch dies reicht nicht aus.

Es muss die Fra­ge gestellt wer­den, vor wel­chem gesell­schaft­li­chen Hin­ter­grund die­ser Skan­dal gedei­hen konn­te. Frem­den­feind­li­che, ras­sis­ti­sche, anti­se­mi­ti­sche und isla­mo­pho­be Ori­en­tie­run­gen sind nicht nur an den Rän­dern der Gesell­schaft zu fin­den, son­dern rei­chen bis weit in die poli­ti­sche Mit­te und in die staat­li­chen Struk­tu­ren von Poli­zei und Geheim­diens­ten. Die aktu­ell dis­ku­tier­ten Ver­än­de­run­gen der Geheim­dienst­struk­tu­ren ändern hier­an nichts.

PRO ASYL for­dert einen umfas­sen­den Akti­ons­plan gegen Ras­sis­mus, der Ras­sis­mus als gesamt­ge­sell­schaft­li­ches Pro­blem angeht.

Das Netz gegen Ras­sis­mus, des­sen Mit­glied PRO ASYL, der Inter­kul­tu­rel­le Rat, der DGB und vie­le wei­te­re Ver­bän­de sind, hat bereits im Jahr 2010 als Reak­ti­on auf die man­geln­de Ent­schlos­sen­heit der Bun­des­re­gie­rung einen eige­nen Akti­ons­plan gegen Ras­sis­mus ver­öf­fent­licht. Dar­in wer­den umfas­sen­de Vor­schlä­ge zur För­de­rung von zivil­ge­sell­schaft­li­chen Struk­tu­ren, für die Berei­che Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­po­li­tik, Medi­en, gesell­schaft­li­che Aus­schluss­me­cha­nis­men sowie staat­li­che Dis­kri­mi­nie­rung entwickelt.

PRO ASYL for­dert, dass in Deutsch­land die Bekämp­fung von Ras­sis­mus als sys­te­ma­ti­sche und lang­fris­ti­ge Auf­ga­be ange­se­hen wird. Dazu gehört auch, dass die Zivil­ge­sell­schaft gestärkt wird. In zen­tra­len Berei­chen hat der Bund sich bis­lang dar­auf beschränkt sog. Modell­pro­jek­te zu för­dern und deren Finan­zie­rung wie­der ein­zu­stel­len, sobald die Pro­jek­te ins Lau­fen gekom­men waren.

PRO ASYL wirft der Bun­des­re­gie­rung vor, Anti­ras­sis­mus­po­li­tik in den letz­ten Jah­ren immer wie­der aus­ge­bremst zu haben, statt sie aktiv zu för­dern. Die EU-Anti­ras­sis­mus-Richt­li­nie wur­de feh­ler­haft umge­setzt. Zudem wur­de die Wei­ter­ent­wick­lung des Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­rechts auf EU-Ebe­ne von der Bun­des­re­gie­rung sys­te­ma­tisch blo­ckiert und offen bekämpft.

Die Bun­des­re­gie­rung hat zuletzt durch finan­zi­el­le Kür­zun­gen bei der Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­stel­le des Bun­des die Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­ar­beit geschwächt.

Für die Erar­bei­tung eines sog. Natio­na­len Akti­ons­plans gegen Ras­sis­mus benö­tig­te die Bun­des­re­gie­rung mehr als sechs Jah­re. Der im Jahr 2008 ver­öf­fent­lich­te „Akti­ons­plan“ stieß auf mas­si­ve Kri­tik von PRO ASYL, ins­be­son­de­re wegen der man­geln­den Hand­lungs­ori­en­tie­rung. Aber auch die Ana­ly­se von Ras­sis­mus  in Deutsch­land war mehr als unge­nü­gend. Ihr feh­len­des Bewusst­sein in Bezug auf die Ursa­chen von Ras­sis­mus offen­bart die Bun­des­re­gie­rung, indem sie man­geln­de Inte­gra­ti­on von Migran­tin­nen und Migran­ten als Ursa­che für Ras­sis­mus iden­ti­fi­ziert. Wer Inte­gra­ti­on als ein wesent­li­ches Mit­tel zur Bekämp­fung von ras­sis­ti­schen Vor­ur­tei­len ansieht, ver­kennt, dass ras­sis­ti­sche Vor­ur­teils­struk­tu­ren unab­hän­gig von der eige­nen Erfah­rung mit Migran­tIn­nen exis­tie­ren. Maß­nah­men gegen Ras­sis­mus müs­sen bei der Mehr­heits­ge­sell­schaft anset­zen. Die Ursa­che von Ras­sis­mus liegt nicht bei den Betroffenen.

 Zum Inte­gra­ti­ons­gip­fel im Kanz­ler­amt: (30.01.12)

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