29.02.2012

Die absur­de Büro­kra­tie der euro­päi­schen Zustän­dig­keits­re­ge­lung für die Durch­füh­rung von Asyl­ver­fah­ren (Dub­lin II-Ver­ord­nung) pro­du­ziert neben Fami­li­en­tren­nun­gen und mensch­li­chen Här­ten aller Art auch Armut. Schon im Flug­ha­fen­tran­sit lan­det man­cher in der Schul­den­fal­le, dem die Bun­des­po­li­zei die Zwangs­un­ter­brin­gung in der dor­ti­gen Flug­ha­fen­un­ter­kunft verordnet.

Ein Bei­spiel: Im Okto­ber 2010 ver­such­te Frau K., eine staa­ten­lo­se Kur­din aus Syri­en, mit ihren drei Kin­dern auf der Flucht über Deutsch­land zu ihrem asyl­be­rech­tig­ten Ehe­mann nach Däne­mark zu gelan­gen. Die Bun­des­po­li­zei auf dem Frank­fur­ter Flug­ha­fen nahm sie fest und lei­te­te ein soge­nann­tes Dub­lin-Ver­fah­ren ein, obwohl Frau K. Unter­la­gen zur Asyl­an­er­ken­nung ihres Ehe­man­nes bei sich hat­te. Die frei­wil­li­ge Wei­ter­rei­se blieb ihr verwehrt.

Zu guter Letzt ver­häng­te das Amts­ge­richt Frank­furt auf Antrag der Bun­des­po­li­zei auch noch förm­lich Haft. 37 Tage saßen Mut­ter und Kin­der in einem ein­zi­gen Raum der Tran­sit­un­ter­kunft fest. Am 7.12. 2010 end­lich wur­de die Fami­lie nach Kopen­ha­gen wei­ter­ge­lei­tet, wohin sie all die Zeit wei­ter­rei­sen woll­te und heu­te mit Flücht­lings­an­er­ken­nung lebt.

Ende gut – alles gut? Kei­nes­wegs. Frau K.‘s Anwäl­tin erhielt Ende Febru­ar 2012 einen Kos­ten­be­scheid. Für das gan­ze, völ­lig absur­de – aller­dings von allen ange­ru­fe­nen Gerich­ten für for­mell recht­mä­ßig gehal­te­ne – Ver­fah­ren soll frau K. am Ende 16.347,76 Euro bezah­len, zahl­bar inner­halb von 30 Tagen. Allein für das gewiss nicht luxu­riö­se Zim­mer in der Flug­ha­fen­un­ter­kunft im Tran­sit wer­den ihr 13.071,19 Euro berech­net. Für täg­lich 339 Euro hät­te man die Fami­lie in einem Hotel geho­be­ner Klas­se unter­brin­gen können.

Leis­tungs­be­schei­de die­ser Art häu­fen sich. Sie tref­fen Flücht­lin­ge, die inzwi­schen in Deutsch­land oder im Aus­land mit einem regu­lä­ren Sta­tus leben oder bei denen gar gericht­lich fest­ge­stellt wur­de, dass ihre vor­he­ri­ge Abschie­bung unrecht­mä­ßig war. Auch wenn Frau K. nur ihr Recht auf Fami­li­en­zu­sam­men­füh­rung wahr­nahm, das der Fami­lie auch im Rah­men der Dub­lin-II-Ver­ord­nung sofort zuge­stan­den hät­te, soll sie nun für ihre Inhaf­tie­rung teu­er bezahlen.

Die meis­ten Flücht­lin­ge sind bei ihrer Ankunft mit­tel­los. Ihr neu­es Leben begin­nen sie auch mate­ri­ell bei Null. Gera­ten sie der Bun­des­po­li­zei in die Hän­de und wer­den durch die Müh­le der Dub­lin II-Ver­ord­nung gedreht, dann begin­nen sie ihr neu­es Leben mit hohen Schul­den. PRO ASYL lie­gen wei­te­re Leis­tungs­be­schei­de vor. Dem jun­gen Ira­ner P. wur­den mehr als 9.039,49 Euro auf­ge­brummt, davon 7.637,71 Euro Haft­kos­ten. Er lebt inzwi­schen als aner­kann­ter Flücht­ling in Frank­furt. Die zum Zeit­punkt ihrer Ankunft min­der­jäh­ri­ge Kame­ru­ne­rin A. hat eben­falls inzwi­schen den Flücht­lings­sta­tus in Deutsch­land erhal­ten. Sie star­tet in ihr neu­es Leben mit einer Kos­ten­for­de­rung von 18.331,58 Euro.

In Ver­bin­dung mit den Prak­ti­ken der Bun­des­po­li­zei wird der Flug­ha­fen-Tran­sit für Asyl­su­chen­de zur Schul­den­fal­le. Ein­ge­zo­gen wer­den die Unter­brin­gungs­kos­ten am Flug­ha­fen eben­so wie die Kos­ten der Abschie­bungs­haft für das Land Hessen.

 Pro­test gegen Flug­ha­fen-Asyl­ver­fah­ren immer brei­ter (19.03.12)

Alle Presse­mitteilungen