23.11.2010

PRO ASYL und der Hes­si­sche Flücht­lings­rat for­dern die am 24. und 25. Novem­ber in Wies­ba­den tagen­de Arbeits- und Sozi­al­mi­nis­ter­kon­fe­renz der Län­der (ASMK) auf, sich deut­lich für die Abschaf­fung des Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­set­zes auszusprechen.

„Das Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz ist ein dis­kri­mi­nie­ren­des Son­der­ge­setz, des­sen Zweck dar­in besteht, Flücht­lin­ge aus der Gesell­schaft aus­zu­gren­zen und Ande­re abzu­schre­cken“, so PRO ASYL-Refe­rent Bernd Meso­vic. „Der Staat selbst betreibt Inte­gra­ti­ons­ver­wei­ge­rung in gro­ßem Stil, solan­ge die­ses Gesetz in Kraft ist.“

Die Leis­tun­gen nach dem Gesetz belau­fen sich für einen Erwach­se­nen auf ins­ge­samt 224,97€ im Monat – gut 38% weni­ger als Hartz IV, der Betrag, der in Deutsch­land das Exis­tenz­mi­ni­mum dar­stellt. In vie­len Bun­des­län­dern wer­den die­se Leis­tun­gen nur in Form von Lebens­mit­tel­pa­ke­ten oder Wert­gut­schei­nen gewährt – eine zusätz­li­che Schi­ka­ne für die Betrof­fe­nen, wie auch die weit ver­brei­te­te Zwangs­un­ter­brin­gung in Lagern.

Die Höhe der Leis­tun­gen wur­de bei Ein­füh­rung des Geset­zes will­kür­lich fest­ge­legt. Selbst die Bun­des­re­gie­rung hat kürz­lich zuge­stan­den, dass auf­grund des Urteils des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­rich­tes zu Hartz IV vom 9. Febru­ar Hand­lungs­be­darf bestehe. Seit Ein­füh­rung des Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­set­zes 1993 sind die Leis­tun­gen nicht ein ein­zi­ges Mal ange­ho­ben wor­den, im Gesetz ste­hen sogar noch die DM-Beträ­ge. Der ein­zi­ge Ver­such, die Leis­tun­gen anzu­he­ben, vor Jah­ren unter der rot-grü­nen Bun­des­re­gie­rung, schei­ter­te am Veto der Bun­des­län­der. Jetzt liegt ein neu­er Gesetz­ent­wurf zur Abschaf­fung des Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­set­zes im Bun­des­tag zur Bera­tung vor.

„Des­halb ist es jetzt auch wich­tig, dass die ASMK ein deut­li­ches Signal in Rich­tung Bun­des­re­gie­rung sen­det, das Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz abzu­schaf­fen“, erklär­te Tim­mo Sche­ren­berg, Geschäfts­füh­rer des Hes­si­schen Flüchtlingsrates.

Ins­ge­samt müs­sen mehr als 80.000 Men­schen in Deutsch­land mit den ver­min­der­ten Leis­tun­gen aus­kom­men. Durch ein ein­jäh­ri­ges Arbeits­ver­bot und einen vier­jäh­ri­gen nur nach­ran­gi­gen Zugang zum Arbeits­markt sind ihre Mög­lich­kei­ten, den Lebens­un­ter­halt selbst zu beschaf­fen, beschränkt. „Anspruchs­be­rech­tigt“ nach dem Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz sind Asyl­su­chen­de, Gedul­de­te und Per­so­nen mit bestimm­ten Auf­ent­halts­er­laub­nis­sen. Erst nach vier Jah­ren kön­nen die Leis­tun­gen auf Hartz IV-Niveau ange­ho­ben wer­den, wenn eini­ge wei­te­re Vor­aus­set­zun­gen zutref­fen. Selbst wenn eine Fami­lie schon seit vie­len Jah­ren in Deutsch­land lebt und schon erhöh­te Leis­tun­gen erhält, bekom­men die Kin­der in den ers­ten vier Jah­ren ihres Lebens nur die ver­min­der­ten Leis­tun­gen. Sie wer­den in die Dis­kri­mi­nie­rung hineingeboren.

„Wes­halb der Bedarf an Win­deln und Baby­nah­rung eines Flücht­lings­klein­kin­des nur 62% des­sen betra­gen soll, was ein deut­sches Klein­kind benö­tigt, erschließt sich wohl nicht ein­mal den Hard­li­nern, die auf Lager­un­ter­brin­gung und Sach­leis­tungs­prin­zip bestehen. Die­ses Bei­spiel zeigt doch die gan­ze Absur­di­tät des Geset­zes“, so Sche­ren­berg abschließend.

Kon­takt:
Flücht­lings­rat Hes­sen, Tel. 069 976 987 10, E‑Mail hfr(at)fr-hessen.de
PRO ASYL, Tel. 069 23 06 95, E‑Mail presse(at)proasyl.de

Hin­weis: Am Tagungs­ort der ASMK (Kur­haus Wies­ba­den) fin­det am Don­ners­tag, den 25.11.2010, um 11 Uhr eine Mahn­wa­che statt.

 Leis­tun­gen für Asyl­be­wer­ber ver­fas­sungs­wid­rig? – Kein The­ma (26.11.10)

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