01.02.2016

Seit Okto­ber 2015 trom­melt die Bun­des­re­gie­rung für ver­stärk­te Abschie­bun­gen nach Afgha­ni­stan und blen­det dabei kon­se­quent alle Fak­ten aus, die die Sicher­heits­la­ge im Lan­de betref­fen. Jetzt will Bun­des­in­nen­mi­nis­ter de Mai­ziè­re vor Ort noch mehr Druck auf­bau­en. Mit dem bekann­ten und skru­pel­lo­sen War­lord Abdul Ras­hid Dos­tum, ehe­mals Nord­al­li­anz, will er über Mög­lich­kei­ten spre­chen, die Zahl afgha­ni­scher Flücht­lin­ge zu ver­rin­gern. Wäh­rend er in der deut­schen Bot­schaft zu Mit­tag aß, spreng­te sich ein Selbst­mord­at­ten­tä­ter vor einer Poli­zei­sta­ti­on in der Nähe des Par­la­ments in die Luft. Das geschieht im Zen­trum einer der drei Pro­vin­zen, die nach Anga­ben des afgha­ni­schen Flücht­lings­mi­nis­ters als eini­ger­ma­ßen sicher gel­ten kön­nen. Sie machen einen win­zi­gen Teil der gesam­ten Lan­des­flä­che aus, nur Kabul ist per Flug­zeug erreichbar.

Unge­ach­tet des­sen schwa­dro­niert de Mai­ziè­re davon, dass Afgha­ni­stan ein gro­ßes Land mit unsi­che­ren und siche­ren Gebie­ten sei.

Tat­säch­lich brennt es über­all im Land. In Kabul selbst wur­den Ende 2015 bei Angrif­fen auf ein Restau­rant und die spa­ni­sche Bot­schaft meh­re­re Men­schen getö­tet. In Masar-i-Scha­rif, ehe­ma­li­ger Stand­ort der Bun­des­wehr, viert­größ­te Stadt des Lan­des, wur­de Anfang Janu­ar das indi­sche Kon­su­lat ange­grif­fen. Es dau­er­te 27 Stun­den bis zum Ende der Kämp­fe. In der süd­af­gha­ni­schen Pro­vinz Helm­and kön­nen sich Regie­rungs­trup­pen nur noch in weni­gen Distrik­ten mit Unter­stüt­zung west­li­cher Spe­zi­al­kräf­te hal­ten. Aus dem Osten des Lan­des, wo ein Able­ger des Isla­mi­schen Staa­tes auf dem Vor­marsch ist, flo­hen bereits Tau­sen­de. Der zeit­wei­li­ge Fall der Pro­vinz­haupt­stadt Kun­duz im Nor­den gilt vie­len Beob­ach­tern als Mene­te­kel für die gesamt­af­gha­ni­sche Situa­ti­on, gal­ten doch die grö­ße­ren Städ­te bis dato trotz häu­fi­ger Bom­ben­an­schlä­ge als rela­tiv sicher davor, in die Hän­de der Tali­ban zu fal­len. Mit die­sem Rest von Sicher­heits­ge­fühl ist es seit­dem vor­bei. Die Tali­ban haben bewie­sen, dass sie zur Beset­zung von Pro­vinz­städ­ten in der Lage sind, wann ihnen das aus sym­bo­li­schen oder stra­te­gi­schen Grün­den gele­gen kommt.

Schutz­quo­ten für afgha­ni­sche Asyl­su­chen­de im deut­schen Asyl­ver­fah­ren von knapp 80 Pro­zent bele­gen, dass Afgha­nen, die aus ihrem Lan­de flie­hen, gute Grün­de haben. Doch die Bun­des­re­gie­rung arbei­tet an der Dele­gi­ti­mie­rung afgha­ni­scher Flücht­lin­ge und die­sem Zweck dient auch de Mai­ziè­res Besuch.

Beson­ders uner­träg­lich ist de Mai­ziè­res Geschwätz über finan­zi­el­le Start­hil­fen für frei­wil­li­ge Rück­keh­rer. Fast eine Mil­li­on Bin­nen­flücht­lin­ge haben sich inner­halb Afgha­ni­stans auf dem Weg in die gro­ßen Städ­te gemacht. Sie zu ver­sor­gen wäre eine gigan­ti­sche Auf­ga­be. Noch mehr Men­schen in die­se Situa­ti­on hin­ein abzu­schie­ben, ist eine absur­de Idee, an der auch ein paar Hand­voll mit­ge­lie­fer­ter Euros nichts ändern werden.

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