PRO ASYL fordert Stopp des Fluges und appelliert auch an die mitregierenden Grünen
PRO ASYL fordert, den für heute ab Düsseldorf startenden Abschiebeflieger nach Kabul zu stoppen. Die Taliban befinden sich auf dem Weg zur Macht. In der heutigen geopolitischen Lage ist zu befürchten, dass Afghanistan zunehmend zum Taliban-Land wird. PRO ASYL fordert einen Stopp der Abschiebung und eine Überprüfung der Entscheidungen durch Gerichte und Politik.
Das BAMF hat in den letzten Jahren zahlreiche Fehlentscheidungen getroffen und sieht oft junge Männer trotz Verfolgung durch die Taliban als nicht schutzberechtigt an. »Die angeblich existierende »inländische Schutzalternative« in Großstädten ist in der jetzigen Situation nicht existent. Im Windschatten der Pandemie wird mit äußerster Härte nun alles versucht, um rechtsstaatliche Sicherungen auszuschalten,« wirft PRO ASYL-Geschäftsführer Günter Burkhardt den abschiebewilligen Innenministerien vor. Er zielt damit auch auf die hessische Landesregierung: »Das Verhalten, einen Betroffenen kurzfristig am Freitag bei der Arbeitsstelle zu inhaftieren und dienstags in den Flieger zu zwingen, verhindert eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalles. Wer so agiert, will verhindern, dass mit guten Argumenten der Rechtsweg beschritten wird.«
Dabei stoppen immer mehr Gerichte Abschiebungen auch von jungen Männern aufgrund der eskalierenden Pandemiesituation. PRO ASYL hat Urteile zusammengestellt.
PRO ASYL ist entsetzt, dass solche Praktiken nun auch in Hessen Einzug halten und fordert die schwarz-grüne Koalition auf, solche Abschiebungen zu unterbinden. »Diesem den Rechtsstaat aushebelnden Verhalten von Ausländerbehörden muss die schwarz-grüne Koalition einen Riegel vorschieben«, fordert Burkhardt.
Den Fall hat der Hessische Flüchtlingsrat gestern Nachmittag veröffentlicht und formuliert:
»Laut schwarz-grünem Koalitionsvertrag sollen aus Hessen zwar »Straftäter und Gefährder« abgeschoben werden können, aber wer genau unter diese Definition fällt, ist vom Innenministerium leider bislang nicht konkretisiert worden – in der Öffentlichkeit wird jedoch so getan, als seien damit nur schwere Straftaten gemeint. Die Praxis ist jedoch augenscheinlich eine andere: Ein junger Afghane, der im zweiten Lehrjahr seine Ausbildung macht, sitzt derzeit im Ausreisegewahrsam in Darmstadt-Eberstadt. Er hat hervorragend Deutsch gelernt, sich integriert, eine Familie gegründet – und ist wegen einer Schlägerei vor einigen Jahren zu einer Bewährungsstrafe von 9 Monaten verurteilt worden. Nächsten Monat läuft die Bewährung aus.
»Das ist sicherlich niemand, der als der ‚schwere Straftäter‘ durchgeht, von dem die Behörden immer behaupten, dass er abgeschoben werden muss. Ganz im Gegenteil: Dort sitzt ein gut integrierter junger Mann im Abschiebeknast, der wegen einer einzigen Schlägerei eine Bewährungsstrafe bekommen hat, diese Bewährung sehr gut genutzt hat, sich integriert hat und eine Ausbildung begonnen hat. Wir fordern das Innenministerium auf, diesen Fall dringend noch einmal zu überprüfen«, wandte sich Timmo Scherenberg vom Hessischen Flüchtlingsrat an das Innenministerium.