06.08.2013

Das Dra­ma um die Boots­flücht­lin­ge auf der MT Sala­mis geht wei­ter. Geht es nach dem Wil­len der mal­te­si­schen und ita­lie­ni­schen Behör­den, sol­len die Flücht­lin­ge zurück in die liby­sche Höl­le, das Öl an Bord des Tan­kers darf dann – wie vor­ge­se­hen – nach Mal­ta. PRO ASYL for­dert die EU auf, die Auf­nah­me der geret­te­ten Boots­flücht­lin­ge in einem siche­ren Hafen in Euro­pa zu gewährleisten.

Erneut wird auf dem Rücken von aus See­not geret­te­ten Flücht­lin­gen ein zyni­scher euro­päi­scher Macht­kon­flikt aus­ge­tra­gen, bei dem die Mensch­lich­keit gegen­über 102 schutz­be­dürf­ti­gen Män­nern, Frau­en und Kin­dern auf der Stre­cke bleibt. Ihr Leben, ihre kör­per­li­che Unver­sehrt­heit spie­len bei die­ser mili­tä­ri­schen Blo­cka­de in den inter­na­tio­na­len Gewäs­sern vor Mal­ta kei­ne Rolle.

PRO ASYL stellt fest: Es gibt kei­nen „siche­ren Hafen“ für Flücht­lin­ge in Liby­en. Auch nach der Gad­da­fi- Ära sind Schutz­su­chen­de dort schwe­ren Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen aus­ge­setzt. Soll­ten euro­päi­sche Staa­ten den Tan­ker zur Rück­kehr nach Liby­en zwin­gen, wer­den die Men­schen- und Flücht­lings­rech­te der Geret­te­ten verletzt.

Der har­sche Umgang mit dem Schiff und der Crew der Sala­mis soll eine abschre­cken­de Wir­kung erzie­len. In die­sem See­ge­biet sind in den letz­ten bei­den Jah­ren cir­ca 3000 Boots­flücht­lin­ge ertrun­ken. In zahl­rei­chen doku­men­tier­ten Fäl­len, weil Polizei‑, Mili­tär- und kom­mer­zi­el­le Schif­fe die See­not­ret­tung ver­wei­gert hat­ten. Das mili­tä­ri­sche Droh­sze­na­rio gegen­über des Tan­kers Sala­mis sen­det erneut eine fata­le Bot­schaft an ande­re Schiffs­be­set­zun­gen aus: Schaut weg, fahrt wei­ter und erspart Euch die Pro­ble­me im Umgang mit Schiffsbrüchigen.

Ein Ende der euro­päi­schen Gleich­gül­tig­keit gegen­über dem tau­send­fa­chen Ster­ben wür­de in einem ers­ten Schritt bedeu­ten, eine gemein­sa­me Auf­nah­me­po­li­tik für Boots­flücht­lin­ge zu ent­wi­ckeln und der völ­ker­rechts­wid­ri­gen Zurück­wei­sungs­po­li­tik nach Liby­en eine kla­re Absa­ge zu erteilen.

Hin­ter­grund:

In der Nacht von Sonn­tag auf Mon­tag ret­te­te die Crew der „Sala­mis“ 102 Flücht­lin­ge aus See­not. Die ita­lie­ni­schen See­not­ret­tungs­be­hör­den hat­ten das Schiff über den Auf­ent­halts­ort der Schiff­brü­chi­gen infor­miert und um deren Ret­tung ange­sucht. Wäh­rend die ita­lie­ni­schen Behör­den das Schiff anwie­sen, die Flücht­lin­ge „in einen siche­ren Hafen“ in Liby­en zurück­zu­brin­gen, nahm der Tan­ker Kurs auf Mal­ta, wird vom mal­te­si­schen Mili­tär jedoch an der Ein­fahrt in mal­te­si­sche Gewäs­ser gehin­dert. Die Schiff­brü­chi­gen, dar­un­ter 20 Frau­en und ein Baby, sit­zen auf dem Tank­schiff fest, das nach Anga­ben der Ree­de­rei die Flücht­lin­ge nicht län­ger ver­sor­gen kann.

Das Inter­na­tio­na­le Über­ein­kom­men von 1979 über den Such- und Ret­tungs­dienst auf See (SAR) ver­pflich­tet Schiff­crews, geret­te­te Flücht­lin­ge „an einen siche­ren Ort“ zu brin­gen. Im Annex der Kon­ven­ti­on heißt es, der nächs­te siche­re Hafen kön­ne nicht allein geo­gra­fisch bestimmt wer­den. Geret­te­te Asyl­su­chen­de und Flücht­lin­ge dürf­ten nicht an einen Ort gebracht wer­den, an dem ihr Leben und ihre Frei­heit in Gefahr sei­en. Die Inter­na­tio­na­le Mee­res­or­ga­ni­sa­ti­on (IMO) betont aus­drück­lich: Bei der Suche nach einem siche­ren Ort muss berück­sich­tigt wer­den, ob den Geret­te­ten dort Gefah­ren für Leib und Leben dro­hen, weil sie von Ver­fol­gung bedroht sind (Mari­ti­me Safe­ty Com­mit­tee, Reso­lu­ti­on MSC.167(78), 6.17. In Liby­en dro­hen Flücht­lin­gen schwe­re Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen, ein funk­tio­nie­ren­des Asyl­sys­tem, das Flücht­lin­gen Schutz bie­tet, exis­tiert nicht.

Die Anwei­sung der ita­lie­ni­schen Behör­den, das Schiff sol­le die Schutz­su­chen­den nach Liby­en zurück­brin­gen, kommt ange­sichts der Situa­ti­on von Flücht­lin­gen in Liby­en einem Ver­such gleich, die Schutz­su­chen­den unter Miss­ach­tung des soge­nann­ten Refou­le­ment-Ver­bots von einem Han­dels­schiff völ­ker­rechts­wid­rig zurück­zu­schie­ben zu las­sen. Nach Infor­ma­tio­nen von Mal­ta Today wur­den bereits Flücht­lin­ge, die in der­sel­ben Nacht von einem tür­ki­schen Schiff geret­tet wor­den waren, von die­sem auf Anwei­sung Ita­li­ens nach Tri­po­lis zurückgeschoben.

 102 Flücht­lin­ge sit­zen auf Tan­ker vor Mal­ta fest (06.08.13)

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