15.10.2024

PRO ASYL und ECCHR begrü­ßen das heu­ti­ge Urteil des Euro­päi­schen Gerichts­hof für Men­schen­rech­te und for­dern die Ampel­re­gie­rung auf, der Zurück­wei­sungs­pra­xis an den deut­schen Gren­zen ein Ende zu setzen.

„Das heu­ti­ge Urteil in der Beschwer­de von 2019 ist ent­schei­dend für die Debat­te rund um Zurück­wei­sun­gen an den deut­schen Gren­zen und kommt genau im rich­ti­gen Moment. Deutsch­land ist ver­pflich­tet, men­schen­recht­li­che Stan­dards zu wah­ren und den Zugang zu rechts­staat­li­chen Asyl­ver­fah­ren auch an deut­schen Gren­zen zu gewähr­leis­ten”, sagt Tareq Ala­wos, flücht­lings­po­li­ti­scher Spre­cher von PRO ASYL. “Alle Par­tei­en müs­sen nun end­lich die men­schen­rechts­ver­ach­ten­de Zurück­wei­sungs­de­bat­te und die sys­te­ma­ti­sche Ent­rech­tung an deut­schen Gren­zen been­den“, führt Alaows aus.

In sei­nem heu­ti­gen Urteil stellt der Euro­päi­schen Gerichts­hof für Men­schen­rech­te (EGMR) klar: Zurück­wei­sun­gen von Schutz­su­chen­den an den Gren­zen sind nicht zuläs­sig. Damit erteilt er Ver­wal­tungs­ab­kom­men wie dem “See­ho­fer-Deal” von 2018 eine kla­re Absa­ge und stärkt den Zugang zum Rechts­schutz von Asyl­su­chen­den an der Gren­ze. PRO ASYL, Refu­gee Sup­port Aege­an (RSA) und Euro­pean Cen­ter for Con­sti­tu­tio­nal and Human Rights (ECCHR) hat­ten die Kla­ge durch eine Ein­ga­be vor Gericht unter­stützt. In Ent­schei­dun­gen von 2019 und 2021 hat­te das VG Mün­chen die Rechts­wid­rig­keit von Zurück­wei­sun­gen unter dem See­ho­fer-Deal bereits festgestellt.

“Der Ver­such Deutsch­lands, Euro­pa­recht zu umge­hen und Men­schen im Hau­ruck­ver­fah­ren zurück­zu­wei­sen, ist geschei­tert. Der EGMR macht deut­lich, dass Zugang zu einem rechts­staat­li­chen Ver­fah­ren zwin­gend erfor­der­lich ist, um schwers­te Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen, wie sie der Beschwer­de­füh­rer erlit­ten hat, zu ver­hin­dern”, sagt Hanaa Haki­ki, Juris­tin beim ECCHR. 

Hin­ter­grund zu dem Fall

Der Klä­ger H.T. aus Syri­en stell­te im Juni 2018 auf der grie­chi­schen Insel Leros einen Asyl­an­trag. Er litt unter den dor­ti­gen Lebens­ver­hält­nis­sen, die jenen im Elend­sla­ger „Moria“ auf Les­bos gli­chen und fürch­te­te zudem die Abschie­bung in die Tür­kei und von dort die Ket­ten­ab­schie­bung nach Syri­en. Im Sep­tem­ber 2018 floh er über Öster­reich nach Deutsch­land. Dabei wur­de er von der deut­schen Bun­des­po­li­zei auf­ge­grif­fen und, trotz dass er ein Asyl­ge­such äußer­te, nur weni­ge Stun­den spä­ter nach Grie­chen­land abge­scho­ben basie­rend auf dem See­ho­fer-Deal zwi­schen Deutsch­land und Grie­chen­land. In den Stun­den zwi­schen Auf­griff und Abschie­bung hat­te er kei­nen Zugang zu einem effek­ti­ven Rechts­schutz. Ein Dub­lin-Ver­fah­ren wur­de nicht durchgeführt.

Auf Leros wur­de H.T. fast drei Mona­te inhaf­tiert, in einer Zel­le mit ver­han­ge­nem Fens­ter und ohne die Mög­lich­keit, einen Außen­be­reich auf­zu­su­chen. Der grie­chi­sche Flücht­lings­rat half ihm, aus der Haft zu kom­men und ein Asyl­ver­fah­ren in Grie­chen­land durchzuführen. 

Im März 2019 reich­te H.T. Indi­vi­du­al­be­schwer­de beim EGMR ein. Er macht gel­tend, dass sei­ne Rück­füh­rung durch Deutsch­land sowie sei­ne Behand­lung und Inhaf­tie­rung in Grie­chen­land das Ver­bot von Fol­ter und unmensch­li­cher oder ernied­ri­gen­der Behand­lung (Arti­kel 3) und das Recht auf wirk­sa­me Beschwer­de (Arti­kel 13) in der Euro­päi­sche Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on (EMRK) verletzen.

2021 wur­de H.T. in Grie­chen­land als Flücht­ling aner­kannt. Auf­grund der unhalt­ba­ren Lebens­be­din­gun­gen für aner­kann­te Flücht­lin­ge in Grie­chen­land, floh H.T nach Deutsch­land und stell­te hier einen Asyl­an­trag. 2022 wur­de er durch das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge als sub­si­di­är schutz­be­rech­tigt anerkannt. 

Kon­takt für Presseanfragen

PRO ASYL: presse@proasyl.de, 069–24231430

ECCHR: Abby d’Arcy, darcy@ecchr.eu, 0173–8677296

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