17.07.2014

Nach der heu­ti­gen Ent­schei­dung des Euro­päi­schen Gerichts­hofs for­dern PRO ASYL und der Jesui­ten-Flücht­lings­dienst die sofor­ti­ge Frei­las­sung von Abschie­bungs­häft­lin­gen aus der Straf­haft.  Der EuGH hat­te klar­ge­stellt, dass Abschie­bungs­haft nicht in einer  gewöhn­li­chen Haft­an­stalt voll­zo­gen wer­den darf. Dem wider­spricht die Haft­pra­xis in fast der Hälf­te aller Bun­des­län­der, in denen Abschie­bungs­haft im Straf­voll­zug orga­ni­siert wird. 

Dem heu­ti­gen EuGH-Urteil lie­gen die Fäl­le einer Syre­rin, einer Viet­na­me­sin und eines Marok­ka­ners zugrun­de, die gegen ihre Inhaf­tie­rung in Jus­tiz­voll­zugs­an­stal­ten geklagt hat­ten. Unter­stützt wur­den die Ver­fah­ren aus den Rechts­hil­fe­fonds des Jesui­ten-Flücht­lings­diens­tes und von PRO ASYL. Der EuGH stell­te einen Ver­stoß gegen das soge­nann­te Tren­nungs­ge­bot der euro­päi­schen Rück­füh­rungs­richt­li­nie fest, wonach Abschie­bungs­ge­fan­ge­ne aus­schließ­lich in spe­zi­el­len Haft­ein­rich­tun­gen unter­zu­brin­gen sind, wenn die­se im jewei­li­gen EU-Mit­glied­staat vor­han­den sind.

Bis Ende 2010 hät­te Deutsch­land die Vor­ga­ben der EU-Rück­füh­rungs­richt­li­nie umset­zen müs­sen. „Vie­le Bun­des­län­der haben euro­pa­recht­li­che Vor­ga­ben igno­riert und Unschul­di­ge wie Ver­bre­cher behan­delt“, so Hei­ko Hab­be, Poli­cy Offi­cer des Jesui­ten-Flücht­lings­diens­tes Deutsch­land. „Statt auf neue und teu­re Abschie­bungs­ein­rich­tun­gen soll­te jetzt auf Alter­na­ti­ven zur Haft gesetzt werden.“

 „Der Skan­dal, dass sehen­den Auges jah­re­lang rechts­wid­rig inhaf­tiert wur­de, muss nun umge­hend been­det wer­den“, sag­te Marei Pel­zer, rechts­po­li­ti­sche Refe­ren­tin von PRO ASYL. „Wir for­dern die sofor­ti­ge Frei­las­sung die­ser Menschen“.

PRO ASYL und der Jesui­ten-Flücht­lings­dienst rufen die poli­tisch Ver­ant­wort­li­chen auf, das heu­ti­ge Urteil zum Anlass zu neh­men, das Instru­ment der Abschie­bungs­haft grund­le­gend auf den Prüf­stand zu stellen.

Die Inhaf­tie­rung in gewöhn­li­chen Haft­an­stal­ten ist mit deut­lich spür­ba­ren Nach­tei­len für die die Betrof­fe­nen ver­bun­den. Sie unter­lie­gen den dort gel­ten­den Sicher­heits­be­stim­mun­gen und sind in ihrem Kon­takt nach außen mas­siv ein­ge­schränkt – z. B. dür­fen sie oft kein Han­dy besit­zen und haben kei­nen Zugang zum Inter­net. Zudem füh­len sie sich als Ver­bre­cher stigmatisiert.

Betrof­fen von Abschie­bungs­haft sind heut­zu­ta­ge zuneh­mend Asyl­su­chen­de, die auf­grund der euro­päi­schen Zustän­dig­keits­re­geln in ande­re EU-Staa­ten abge­scho­ben wer­den sol­len. In den Haft­an­stal­ten im grenz­na­hen Raum wie Eisen­hüt­ten­stadt oder Rends­burg liegt der Anteil von inhaf­tier­ten Flücht­lin­gen regel­mä­ßig nahe 90 Pro­zent. Betrof­fen sind unter ande­rem auch Bür­ger­kriegs­flücht­lin­ge aus Syrien.

Ins­ge­samt wird Abschie­bungs­haft zu oft und zu schnell ver­hängt. Der Han­no­ve­ra­ner Rechts­an­walt Peter Fahl­busch hat seit 2002 über 900 Inhaf­tier­te ver­tre­ten. In jedem zwei­ten Fall erwies die Haft sich als rechts­wid­rig; durch­schnitt­lich saß jeder die­ser Men­schen 28 Tage zu Unrecht in Haft. Fahl­busch hat­te gemein­sam mit den Mün­che­ner Anwäl­ten Micha­el Sack und Ger­hard Mey­er sowie JRS-Jurist Hab­be die Fäl­le vor dem EuGH vertreten.

 Nach EuGH und BGH-Urteil: Ende der Abschie­bungs­haft oder neu­es Inhaf­tie­rungs­pro­gramm? (25.07.14)

 Urteil des Euro­päi­schen Gerichts­hofs: Abschie­bungs­ge­fan­ge­ne umge­hend frei­las­sen! (17.07.14)

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