Heu­te soll der neue Deal mit dem tür­ki­schen Pre­mier­mi­nis­ter Davo­to­g­lu in tro­cke­nen Tüchern sein. Die Eini­gung der Staats- und Regie­rungs­chefs der EU von heu­te Nacht kri­ti­siert PRO ASYL aufs Schärfste. 

„Die Eini­gung ist eine Schan­de für Euro­pa. Dies ist ein bit­te­rer Tag für Flücht­lin­ge. Die EU ver­kauft die Men­schen­rech­te von Flücht­lin­gen an die Tür­kei“, so PRO ASYL-Geschäfts­füh­rer Gün­ter Burk­hardt. Heu­te wird nur noch über die Höhe der Gegen­leis­tun­gen verhandelt.

Im Grenz­staat Grie­chen­land dro­hen nun pro for­ma-Ver­fah­ren mit anschlie­ßen­der Mas­sen­in­haf­tie­rung und Mas­sen­ab­schie­bung. Das Flücht­lings­recht und die Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on wer­den aus­ge­he­belt. „Grie­chen­land wird zum Asyl­la­ger der EU, die Tür­kei zum Vor­pos­ten. Das ist eine mora­li­sche und recht­li­che Bank­rott­erklä­rung. Vom Euro­pa der Wer­te haben wir uns nun zum Euro­pa der Zäu­ne ent­wi­ckelt“, so Burk­hardt weiter.

Das ist eine Kehrt­wen­de in der Geschich­te der Euro­päi­schen Uni­on. Die Tür­kei mit ihren fast drei Mil­lio­nen Flücht­lin­gen kann weder indi­vi­du­el­le Asyl­ver­fah­ren durch­füh­ren, noch ihnen Schutz gewäh­ren. Sie ist kein siche­rer Dritt­staat im Sin­ne des Flücht­lings­rechts und hat bereits hun­der­te Flücht­lin­ge nach Syri­en und in den Irak abgeschoben.

Aus Grie­chen­land sol­len nun alle Schutz­su­chen­den, die von der Tür­kei aus auf den grie­chi­schen Inseln ankom­men, in die Tür­kei zurück­ver­frach­tet wer­den. Euro­pa zeigt sich im Gegen­zug bereit, für jeden syri­schen Flücht­ling, der in die Tür­kei abge­scho­ben wur­de, über Resett­le­ment einen syri­schen Flücht­ling aus der Tür­kei auf­zu­neh­men. Der­zeit ste­hen noch knapp 18.000 Plät­ze der im Juli 2015 ver­ein­bar­ten Resett­le­ment-Zusa­gen zur Ver­fü­gung. Der Deal spielt syri­sche gegen ande­re Schutz­su­chen­de aus. Offen­sicht­lich ist über­dies eine Auf­nah­me­be­reit­schaft in Euro­pa kaum vorhandenen.

Täu­schung der Öffent­lich­keit: Es wird in Euro­pa zu Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen kommen

Der Beschluss der Staats- und Regie­rungs­chefs scheint sich an der Vor­la­ge der Euro­päi­schen Kom­mis­si­on, die die Plä­ne in einer Mit­tei­lung kon­kre­ti­siert hat, zu ori­en­tie­ren. Die mas­si­ve Kri­tik dar­an blieb nicht ganz fol­gen­los: Nun soll wenigs­tens eine Ein­zel­fall­prü­fung in der EU statt­fin­den, aller­dings im Schweins­ga­lopp. Die offen­sicht­li­che Rechts­wid­rig­keit wird nicht besei­tigt. Es dro­hen Mas­sen­ab­schie­bun­gen ohne eine rechts­staat­li­che und fai­re inhalt­li­che Prü­fung der Schutzbedürftigkeit.

Grie­chen­land: Deso­la­tes Asyl­sys­tem und Aus­bau der Haftkapazitäten

Die Durch­füh­rung von Ein­zel­ver­fah­ren aller in Grie­chen­land ankom­men­den Schutz­su­chen­den ist ange­sichts des fak­tisch nicht exis­tie­ren­den Asyl­sys­tems in Grie­chen­land eine Far­ce. Grie­chen­land hat nicht die Kapa­zi­tät, fai­re Asyl­ver­fah­ren durch­zu­füh­ren. Im März lan­de­ten täg­lich rund 1.300 Schutz­su­chen­de auf den grie­chi­schen Inseln, seit Jah­res­be­ginn waren es 143.634.

In Grie­chen­land exis­tiert nach wie vor kein rechts­staat­li­ches Asyl­ver­fah­ren: Es gibt weder ein aus­rei­chend aus­ge­stat­te­tes Gerichts­sys­tem, das es erlaubt, Ent­schei­dun­gen der Behör­den durch Gerich­te zu prü­fen, noch ein men­schen­wür­di­ges Auf­nah­me­sys­tem. Zur­zeit hal­ten sich rund 50.000 Flücht­lin­ge in Grie­chen­land auf, es ste­hen bis­her jedoch ledig­lich 30.000 Unter­brin­gungs­plät­ze zur Verfügung.

Die Kom­mis­si­on for­dert, zusätz­li­che „sepa­ra­te Ein­rich­tun­gen für irre­gu­lä­re Migran­ten“ ein­zu­rich­ten und die Haft­ka­pa­zi­tä­ten zu erhö­hen, um Schutz­su­chen­de bei der Gefahr des Unter­tau­chens fest­zu­set­zen. Es droht das Zurück zu einer exzes­si­ven Inhaf­tie­rungs­pra­xis in Grie­chen­land, die in den Vor­jah­ren immer wie­der mas­siv kri­ti­siert und vom Euro­päi­schen Gerichts­hof für Men­schen­rech­te ver­ur­teilt wurde.

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