17.04.2020

Die EU-Kom­mis­si­on stützt die PRO ASYL Posi­ti­on, dass die vom BAMF ein­ge­führ­te Aus­set­zung der Dub­lin-Über­stel­lungs­frist wäh­rend der Coro­na-Pan­de­mie rechts­wid­rig ist. Das Bun­des­in­ne­mi­nis­te­ri­um muss nun dafür sor­gen, dass das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge die­se neue Pra­xis einstellt.

Am 18. März 2020 beschloss das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge (BAMF), auf­grund der Coro­na-Pan­de­mie kei­ne Dub­lin-Über­stel­lun­gen mehr durch­zu­füh­ren. Um einen Ver­ant­wor­tungs­über­gang auf Deutsch­land auf­grund von Frist­ab­lauf wäh­rend der Coro­na-Kri­se zu ver­hin­dern, hat das BAMF zudem eine Aus­set­zung der Über­stel­lungs­fris­ten veranlasst.

Die­ses Vor­ge­hen wur­de in einem Schrei­ben des BAMF an alle Per­so­nen im Dub­lin-Ver­fah­ren ange­kün­digt. Für die Betrof­fe­nen hät­te eine Aus­set­zung har­sche Kon­se­quen­zen: Die regu­lä­re Über­stel­lungs­frist von sechs Mona­ten soll­te erneut anfan­gen zu lau­fen – selbst, wenn sie eigent­lich schon meh­re­re Mona­te der Frist hin­ter sich hat­ten. Wäh­rend die­ser Zeit haben sie noch kei­nen Zugang zu einem inhalt­li­chen Asyl­ver­fah­ren und befin­den sich in einem zer­mür­ben­den Schwebezustand.

PRO ASYL hat die­ses Vor­ge­hen des­halb schon ver­gan­ge­ne Woche kri­ti­siert und eine Kla­ge­wel­le pro­gnos­ti­ziert (sie­he News vom 8. April). In einer juris­ti­schen Ana­ly­se hat PRO ASYL gemein­sam mit Equal Rights Bey­ond Bor­ders zudem die Recht­mä­ßig­keit der Aus­set­zung der Fris­ten ange­zwei­felt, ins­be­son­de­re weil die Dub­lin-III-Ver­ord­nung eine sol­che Aus­set­zung nicht vor­sieht und sie dem der Ver­ord­nung zugrund­lie­gen­de Beschleu­ni­gungs­ge­bot wider­spre­chen würde.

Die­se Rechts­auf­fas­sung wur­de nun von der EU-Kom­mis­si­on in ihrer Kom­mu­ni­ka­ti­on zu Covid-19 und der Asyl­po­li­tik bestä­tigt. Die Kom­mis­si­on legt in dem Doku­ment dar, dass eine Aus­set­zung der Über­stel­lungs­fris­ten auf­grund einer Pan­de­mie kei­ne Rechts­grund­la­ge in der Dub­lin-Ver­ord­nung hat. Ent­spre­chend müs­sen die Fris­ten wei­ter­lau­fen und die Ver­ant­wor­tung nach Frist­ab­lauf auf den Mit­glied­staat über­ge­hen, in dem sich die Per­son aktu­ell aufhält:

Whe­re a trans­fer to the respon­si­ble Mem­ber Sta­te is not car­ri­ed out within the appli­ca­ble time limit, respon­si­bi­li­ty shifts to the Mem­ber Sta­te that reques­ted the trans­fer pur­su­ant to Artic­le 29(2) of the Dub­lin Regu­la­ti­on. No pro­vi­si­on of the Regu­la­ti­on allows to dero­ga­te from this rule in a situa­ti­on such as the one resul­ting from the COVID-19 pan­de­mic (S. 9 der Kom­mu­ni­ka­ti­on).

Im Fal­le der Ver­fris­tung bei Fami­li­en­zu­sam­men­füh­rung kann die huma­ni­tä­re Klau­sel der Dub­lin-Ver­ord­nung genutzt wer­den, um eine dau­er­haf­te Fami­li­en­tren­nung zu verhindern.

Das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge muss sei­ne aktu­el­le Pra­xis der Aus­set­zung der Dub­lin-Fris­ten sofort unter­bin­den! Alles ande­re wäre eine kla­re Miss­ach­tung euro­päi­schen Rechts und wider­sprä­che zudem einem gemein­sa­men Vor­ge­hen der EU-Staa­ten wäh­rend der Coro­na-Kri­se. Das Vor­ge­hen des Bun­des­am­tes hat bereits Scha­den ange­rich­tet, indem es betrof­fe­nen Men­schen – die kurz vor Ablauf ihrer Frist stan­den – die ihnen zuste­hen­de Rechts­si­cher­heit neh­men woll­te und sie sowie ihre Unterstützer*innen stark ver­un­si­cher­te. Die­ser Kurs muss jetzt revi­diert wer­den und die Betrof­fe­nen dar­über auch infor­miert werden.

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