20.09.2020

PRO ASYL pro­tes­tiert gegen den Rechts­bruch und das Schwei­gen der EU-Kom­mis­si­ons­prä­si­den­tin von der Ley­en am Weltkindertag

In einem brei­ten Bünd­nis unter dem Mot­to »Es reicht! Wir haben Platz!« ruft PRO ASYL zu Demons­tra­tio­nen in Ber­lin, Köln und Mün­chen auf. Gün­ter Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL, wird bei der Auf­takt­kund­ge­bung in Köln sprechen.

PRO ASYL for­dert die sofor­ti­ge Been­di­gung der ille­ga­len Push-Back-Prak­ti­ken der grie­chi­schen Regie­rung, den Zugang zum Recht auf Schutz und Asyl und die Auf­nah­me aller Schutz­su­chen­den von den grie­chi­schen Inseln in EU-staa­ten, vor allem in Deutschland.

Von der Ley­en versagt

PRO ASYL Geschäfts­füh­rer Gün­ter Burk­hardt wirft der EU-Kom­mis­si­ons­prä­si­den­tin von der Ley­en vor, in ihrer Rol­le als Hüte­rin der Euro­päi­schen Ver­trä­ge zu ver­sa­gen. Grie­chen­land begeht einen per­ma­nen­ten Rechts­bruch und miss­ach­tet ele­men­ta­re Rech­te. Tau­sen­den Schutz­su­chen­den wird eine men­schen­wür­di­ge Auf­nah­me und der Zugang zum Recht auf Asyl behörd­lich ver­wei­gert. »Es ist beschä­mend, dass wir aus­ge­rech­net heu­te am Welt­kin­der­tag zuse­hen müs­sen, wie tau­sen­de Kin­der in Dreck und Elend aus­har­ren, ohne dass die Hüte­rin der EU-Ver­trä­ge aktiv wird. Kin­der- und Men­schen­rech­te wer­den mit Füßen getre­ten und wir erle­ben ein lau­tes Schwei­gen der EU-Kom­mis­si­on. Die Euro­päi­sche Uni­on grün­det auf Rechts­staat­lich­keit, Demo­kra­tie und Men­schen­rech­ten«, so Burkhardt.

Es geht um mehr als Flücht­lings­po­li­tik. Es geht um das Fun­da­ment des Zusam­men­le­bens in Deutsch­land und Euro­pa. Men­schen­rech­te und Recht­staat­lich­keit wer­den fak­tisch außer Kraft gesetzt wer­den: Das Recht, unver­äu­ßer­li­che Rech­te zu haben – kon­kret: das Recht auf Leben, das Recht auf Schutz vor Zurück­wei­sung in Fol­ter und ernied­ri­gen­de Umstän­de, der Zugang zum Recht auf Schutz und Asyl und das Recht, in einem Rechts­staat gegen Behör­den­ent­schei­dun­gen den Rechts­weg zu beschrei­ten – all das wird auf grie­chi­schem Hoheits­ge­biet nicht gewährleistet.

Grie­chen­land begeht offen­sicht­lich Völ­ker­rechts­bruch – und es gibt kei­ne Reak­tio­nen sei­tens der EU

Seit März 2020 häu­fen sich Berich­te zu Push-Backs durch die grie­chi­sche Küs­ten­wa­che in der Ägä­is. Errei­chen Schutz­su­chen­de grie­chi­sche Gewäs­ser und wer­den durch die Küs­ten­wa­che auf­ge­grif­fen, zer­stört die­se den Motor des Boots und schleppt die Schutz­su­chen­den auf den kaput­ten Boo­ten zurück in Rich­tung tür­ki­sche Hoheits­ge­wäs­ser. Dort wer­den die Schutz­su­chen­den ihrem Schick­sal überlassen.

Schutz­su­chen­de wer­den auf auf­blas­ba­ren, manö­vrier­un­fä­hi­gen Ret­tungs­in­seln aus­ge­setzt. Recher­chen der New York Times zufol­ge wur­den in allei­ne bis Mit­te August 2020 über 1.000 Men­schen Opfer die­ser Pra­xis. In einem Video ist sie doku­men­tiert: Die Schutz­su­chen­den wer­den auf einer Ret­tungs­in­sel mit einem Seil von einem Schiff der grie­chi­schen Küs­ten­wa­che gezo­gen und das Seil dann – in grie­chisch-tür­ki­schen Grenz­ge­wäs­sern – gekappt.

Doch nicht nur Schutz­su­chen­de, die auf See auf­ge­grif­fen wer­den, sind von die­ser men­schen­ver­ach­ten­den Pra­xis betrof­fen. Es gibt diver­se Berich­te von Betrof­fe­nen, die sogar nach ihrer Ankunft auf einer grie­chi­schen Insel von Beamt*innen auf sol­che Ret­tungs­in­seln gebracht und in der Nähe tür­ki­scher Hoheits­ge­wäs­ser aus­ge­setzt wurden.

Der UNHCR for­dert von der grie­chi­schen Regie­rung eine Unter­su­chung der Vor­wür­fe. Der grie­chi­sche Pre­mier­mi­nis­ter, Kyria­kos Mit­so­ta­kis, strei­tet alle Vor­wür­fe ab und will von Push-Backs nichts wis­sen. Der grie­chi­sche Minis­ter für Schiff­fahrt, Gian­nis Pla­kio­ta­kis, rühmt sich aber damit, allei­ne im August die Ankunft von 3.000 Schutz­su­chen­den ver­hin­dert zu haben. Wie dies erreicht wur­de, ver­rät er nicht.

In einer Anhö­rung zu der Situa­ti­on an der grie­chisch-tür­ki­schen Gren­ze hat die zustän­di­ge EU-Kom­mis­sa­rin für Inne­res, Ylva Johans­son, ledig­lich die Ein­rich­tung eines »Beob­ach­tungs­me­cha­nis­mus« in Aus­sicht gestellt.

Unter­las­se­ne Hil­fe­leis­tung und Push-Backs in der Ägä­is – Schwei­gen aus Deutschland

Der Rechts­bruch geschieht auch vor den Augen deut­scher Schif­fe, die im Rah­men einer NATO-Mis­si­on »Stan­ding NATO Mari­ti­me Group 2« in der Ägä­is patrouil­lie­ren. Die Besat­zung der deut­schen Fre­gat­te »Ber­lin« wur­de mehr­fach Zeu­gin von Push-Backs, griff jedoch nicht ein. Wel­che Rol­le deut­sche Ein­satz­kräf­te in der völ­ker­rechts­wid­ri­gen Pra­xis spie­len, möch­te die Bun­des­re­gie­rung nicht aufklären.

In einer Klei­nen Anfra­ge wird die Bun­des­re­gie­rung gefragt, ob ihr Fäl­le bekannt sind, in denen die grie­chi­sche Küs­ten­wa­che Gefah­ren­si­tua­tio­nen erzeug­te, indem sie in hohem Tem­po an Flücht­lings­boo­ten vor­bei­fuhr. Die Bun­des­re­gie­rung schweigt: »Die Beant­wor­tung der Fra­ge kann nicht offen erfol­gen. Eine öffent­li­che Bekannt­ga­be von Infor­ma­tio­nen im Sin­ne der Fra­ge­stel­lung könn­te nach­tei­li­ge Aus­wir­kun­gen für die bila­te­ra­len Bezie­hun­gen von Deutsch­land und Grie­chen­land haben und somit für die Inter­es­sen der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land nach­tei­lig sein«.

Wei­te­re Informationen:

https://www.proasyl.de/news/voelkerrechtsbruch-als-trauriger-alltag-pushbacks-an-der-griechisch-tuerkischen-grenze/

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