09.03.2017

PRO ASYL: Die Bun­des­län­der müs­sen Hal­tung zei­gen und sich gegen das Geset­zes­vor­ha­ben klar positionieren

PRO ASYL appel­liert an den Bun­des­rat, das »Gesetz zur Ein­stu­fung von Alge­ri­en, Tune­si­en und Marok­ko als siche­re Her­kunfts­staa­ten«  zu stop­pen. Weder die Men­schen­rechts­la­ge in die­sen Staa­ten noch die Kri­te­ri­en des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts (BVerfG) las­sen die­se Ein­stu­fung zu.

Aus gutem Grund haben sich die Bun­des­län­der bis­lang dage­gen gesperrt, die Maghreb-Staa­ten als »siche­re Her­kunfts­län­der« ein­zu­stu­fen. Amnes­ty Inter­na­tio­nal und PRO ASYL hat­ten wäh­rend des Gesetz­ge­bungs­ver­fah­rens mehr­fach auf die kri­ti­sche Men­schen­rechts­la­ge in den Maghreb-Län­dern aufmerk­sam gemacht. ZEIT Online hat­te am 30. Okto­ber inter­ne Doku­men­te des BAMF ver­öf­fent­licht, aus denen her­vor­geht, dass die Maghreb-Staa­ten kei­ne siche­ren Her­kunfts­staa­ten sind. Den Ver­such, mit beglei­ten­dem Wahl­kampf­ge­tö­se ein men­schen­rechts­wid­ri­ges und ver­fas­sungs­wid­ri­ges Gesetz wider jede Fak­ten­la­ge durch­zu­bo­xen, kri­ti­siert PRO ASYL scharf.

Laut BVerfGE muss die Sicher­heit vor poli­ti­scher Ver­fol­gung lan­des­weit und für alle Per­so­nen- und Bevöl­ke­rungs­grup­pen bestehen. Es muss u.a. gewähr­leis­tet sein, dass im Her­kunfts­land kei­ne Fol­ter oder unmensch­li­che und ernied­ri­gen­de Behand­lung oder Bestra­fung droht. Das ist in den Maghreb-Staa­ten nicht der Fall.

Die ZEIT schreibt bei ihrer Aus­wer­tung: »Ver­gleicht man die­se inter­nen Ein­schät­zun­gen des Bamf mit den Aus­sa­gen, die im Gesetz der Bun­des­re­gie­rung ste­hen, ent­steht der Ein­druck, die Regie­rung spie­le die Gefähr­dung in Nord­afri­ka bewusst her­un­ter. So heißt es etwa im Gesetz über Marok­ko: »Poli­ti­sche Ver­fol­gung fin­det nicht statt«, und über Alge­ri­en: »Der Grund­rechts­schutz in der alge­ri­schen Ver­fas­sung ist hoch« In den inter­nen Bamf-Leit­li­ni­en fällt die Ein­schät­zung anders aus. Ver­fol­gung sei­tens des Staa­tes, so heißt es dort, kön­ne in bei­den Län­dern nicht aus­ge­schlos­sen wer­den. Die Bamf-Exper­ten urtei­len auch grund­le­gend anders, wenn es um die Ver­fol­gung von Frau­en und Homo­se­xu­el­len, um Men­schen­han­del und um Reli­gi­ons­frei­heit geht.«

Die Situa­ti­on dort hat sich seit­dem nicht ver­bes­sert, wei­ter­hin kann bestimm­ten Per­so­nen­grup­pen wie Homo­se­xu­el­len oder kri­ti­schen Journalist*innen und Aktivist*innen poli­ti­sche Ver­fol­gung und Fol­ter dro­hen. Daher ist es not­wen­dig, dass Asyl­an­trä­ge aus die­sen Staa­ten wei­ter­hin indi­vi­du­ell und gründ­lich geprüft wer­den, anstatt die Län­der pau­schal für »sicher« zu erklären.

Die Situa­ti­on von Frau­en wird durch das BAMF deut­lich kri­ti­scher gese­hen, als die Bun­des­re­gie­rung dies in der Geset­zes­be­grün­dung angibt: »Ver­ge­wal­ti­gung in der Ehe ist nicht straf­bar«, arran­gier­te Ehen, auch mit Min­der­jäh­ri­gen, sei­en nicht unge­wöhn­lich. Und: »Der marok­ka­ni­sche Staat ist (…) nicht in der Lage, den betrof­fe­nen Frau­en ange­mes­se­nen Schutz vor häus­li­cher oder fami­liä­rer Gewalt zu bie­ten«. Auch in Alge­ri­en sei die Ver­ge­wal­ti­gung in der Ehe ein »all­täg­li­ches Problem«.

Eben­so wird eine Ver­fol­gung von Homo­se­xu­el­len nicht aus­ge­schlos­sen. Ganz im Gegen­teil, das BAMF geht für Tune­si­en sogar davon aus, dass Betrof­fe­nen Ver­fol­gung durch die Behör­den dro­hen kann. »Homo­se­xu­el­le müss­ten durch­aus Ver­fol­gung und Stra­fen fürch­ten. Bei bekannt gewor­de­ner Homo­se­xua­li­tät kön­ne »schutz­re­le­van­te Ver­fol­gung durch die Behör­den dro­hen«, heißt es in den Bamf-Richtlinien.«

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