Seit Anfang des Jahres sind über 54.000 Flüchtlinge an Italiens Küsten angekommen. Das Aufnahmesystem ist mittlerweile kollabiert. Erst vor einer Woche setzten Behördenvertreter Flüchtlinge in Mailand und Rom auf Parkplätzen aus. Traumatisierte, erschöpfte Menschen wurden ohne Essen, ohne Trinken, zum Teil ohne ausreichende Kleidung abgeladen.
Trotz dieser aktuellen Situation versuchen deutsche Behörden, Abschiebungen von Flüchtlingen nach Italien mit allen Mitteln durchzusetzen. Im Fall des eritreischen Flüchtlings Shewit T. ist der Behördeneifer kaum zu überbieten. Auf Grundlage der europäischen Asylzuständigkeitsregelung – der sogenannten Dublin III- Verordnung – soll morgen die Abschiebung durchgesetzt werden. Das Regierungspräsidium Darmstadt hat eigens für drei Personen ein Kleinflugzeug gechartert. Der 31jährige Flüchtling soll nach Rom gebracht werden. Unterstützungsgruppen wollen daher morgen ab 9 Uhr am Flughafen Frankfurt protestieren.
Im Herbst 2013 war Shewit T. von Italien nach Deutschland gekommen und hatte einen Asylantrag gestellt. Dieser war abgelehnt worden, da nach der Dublin-Verordnung Italien für sein Verfahren zuständig ist. Seine Abschiebung wurde für den 10.4.2014 angeordnet, doch Shewit T. weigert sich mitzufliegen. Der Kriegsdienstverweigerer kam in Abschiebungshaft in der JVA Preungesheim, obwohl die Inhaftierung von Flüchtlingen in Haftanstalten, in denen auch Straftäter untergebracht sind, mittlerweile untersagt ist. Nachdem bei einem zweiten Abschiebungsversuch der Pilot die Mitnahme nach Angaben des Regierungspräsidiums Darmstadt wegen „verbalen Widerstandes“ verweigerte, wurde nun der Charterflieger gebucht.
„In Italien droht Shewit T. wie den meisten Flüchtlingen die Obdachlosigkeit, ohne medizinische und soziale Versorgung“, so Marion Bayer von der Gruppe „Lampedusa in Hanau“. „Es ist beschämend, dass deutsche Behörden in dieser Situation Flüchtlinge weiter nach Italien abschieben“, so Karl Kopp, Europareferent von PRO ASYL. Der Unterbringungsnotstand in Italien zeige, dass das dortige Aufnahmesystem jeden Maßstab der Menschenwürde unterschreite.
PRO ASYL appelliert an die im Fall Shewit T. zuständigen Behörden, eine Abschiebung in dieser Situation nicht durchzuführen, an die Bundesregierung, alle Überstellungen nach Italien auszusetzen.
Flüchtlingen, denen die Abschiebung nach Italien droht, versuchen verzweifelt ihrer Abschiebung ins Elend zu entgehen. Erst Mitte Mai 2014 sprang ein junger Asylsuchender aus Somalia in dieser Situation aus einem fahrenden Wagen der Bundespolizei und erlitt schwere Verletzungen.