10.06.2015

Am Don­ners­tag ver­han­deln Bun­des­kanz­le­rin Mer­kel, Ver­tre­ter der Bun­des­län­der und ver­schie­de­ne Bun­des­mi­nis­ter über flücht­lings­po­li­ti­sche Maß­nah­men, wel­che am 18. Juni beim „Flücht­lings­gip­fel“ vor­ge­stellt wer­den sol­len. „Statt eine Inte­gra­ti­on ab Anfang an zu ermög­li­chen, droht eine Rück­kehr zur Abschre­ckungs­po­li­tik“, befürch­tet Marei Pel­zer von PRO ASYL. Flücht­lin­ge aus den West­bal­kan­staa­ten, dar­un­ter vie­le Roma, sol­len in gro­ßen Erst­auf­nah­me­ein­rich­tun­gen ver­blei­ben und von dort aus abge­scho­ben wer­den. Ange­kün­dig­te Ver­bes­se­run­gen beim Sprach­kurs­zu­gang und bei der Gesund­heits­ver­sor­gung dro­hen zu scheitern.

„Am Ende dro­hen Son­der­la­ger für tau­sen­de Flücht­lin­ge, in denen an weni­gen Stand­or­ten vor allem Roma unter pre­kä­ren Bedin­gun­gen leben“, so Pel­zer, „wir befürch­ten eine Zunah­me ras­sis­ti­scher Stig­ma­ti­sie­rung. Eine indi­vi­du­el­le Bera­tung sowie Hil­fen für vul­nerable Grup­pen wie Kin­der, Schwan­ge­re und Trau­ma­ti­sier­te wür­den erheb­lich erschwert.“

PRO ASYL kri­ti­siert, dass damit eine dis­kri­mi­nie­ren­de Pra­xis gegen­über Flücht­lin­gen aus dem West­bal­kan wei­ter ver­tieft wird. Schon vor Prü­fung ihres Asyl­be­geh­rens unter­fal­len sie einer Son­der­be­hand­lung, die ein­zig und allein der Abschre­ckung dient. Dem indi­vi­du­el­len Recht auf ein fai­res Asyl­ver­fah­ren läuft dies dia­me­tral ent­ge­gen. Die jüngs­ten blu­ti­gen Kon­flik­te in Maze­do­ni­en zei­gen, auf welch töner­nen Füßen die Ein­stu­fung der West­bal­kan­staa­ten als „sicher“ steht und dass eine indi­vi­du­el­le Asyl­prü­fung statt einer vor­ver­ur­tei­len­den Abschre­ckungs­po­li­tik nötig ist.

Bei dem Tref­fen wird zudem über die Gesund­heits­ver­sor­gung und die Sprach­för­de­rung von Flücht­lin­gen bera­ten. Hier droht ein Scheitern.

Bis­her müs­sen Asyl­su­chen­de vor einer Kran­ken­be­hand­lung einen Antrag beim Sozi­al­amt stel­len: Gesund­heits­ge­fähr­den­de Ver­zö­ge­run­gen und sachun­kun­di­ge Ableh­nun­gen sind die Fol­ge. Die Ein­füh­rung von Gesund­heits­kar­ten, wie sie bei einem Bund-Län­der-Deal im Novem­ber 2014 ange­kün­digt wur­den, könn­te die­ses Pro­blem abmil­dern. Mit dem Kos­ten­ar­gu­ment droht nun das Schei­tern, dabei ste­hen ins­be­son­de­re die Grü­nen im Wort, wel­che die Ein­füh­rung der Gesund­heits­kar­te als Ver­hand­lungs­er­folg ver­kauft hat­ten. Vie­les deu­tet dar­auf hin, dass es am Ende den Kom­mu­nen über­las­sen bleibt, ob sie eine Gesund­heits­kar­te ein­füh­ren. Ein unüber­schau­ba­rer Fli­cken­tep­pich bei der Gesund­heits­ver­sor­gung wäre die Folge.

Auch bei der Sprach­kur­s­öff­nung wer­den, wenn über­haupt, nur für eine Teil­grup­pe Ver­bes­se­run­gen erreicht. Dis­ku­tiert wird dar­über, Flücht­lin­gen mit guten Aner­ken­nungs­chan­cen eine Teil­nah­me im Rah­men frei­er Plät­ze zu ermög­li­chen. Ob hier­für zusätz­li­che Gel­der bereit­ge­stellt wer­den, ist jedoch unklar. Bis­lang haben Flücht­lin­ge wäh­rend der oft jah­re­lan­gen Asyl­ver­fah­ren kei­nen Anspruch auf einen Sprach­kurs. Dequa­li­fi­zie­run­gen und ver­hin­der­te (Arbeitsmarkt-)Integration sind die Fol­ge. PRO ASYL for­dert eine Inte­gra­ti­on für alle Asyl­su­chen­de vom ers­ten Tag an. „Statt zehn­tau­sen­de Men­schen in Unter­künf­ten zu iso­lie­ren und vom Arbeits­markt fern­zu­hal­ten, muss eine Sprach­för­de­rung und Arbeits­markt­teil­ha­be von Anfang an ermög­licht wer­den“, so Pelzer.

 Inte­gra­ti­on für die einen, Mas­sen­ab­fer­ti­gung für die ande­ren (23.06.15)

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