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Zum Beginn des NSU-Prozesses: Aufruf zur Demonstration am 13. April
Unter dem Motto „Verfassungsschutz abschaffen! Staatlichen und alltäglichen Rassismus bekämpfen!“ rufen PRO ASYL und weitere Organisationen der Zivilgesellschaft zur bundesweiten Demonstration in München auf.
Am 17. April beginnt in München der NSU-Prozess, in dem unter anderem zehn rassistisch motivierte Morde aufzuklären sind. Anlässlich des Prozessbeginns fordern das Grundrechtekomitee, der Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein, die Liga für Menschenrechte, die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen und PRO ASYL, aus dem Versagen von Polizei und Geheimdiensten in der NSU-Affäre weitreichende politische Konsequenzen zu ziehen. Sie rufen gemeinsam zur Teilnahme an der bundesweiten Demonstration am 13. April in München auf.
Die bisherigen Untersuchungsausschüsse auf Bundes- und Landesebene zum NSU-Skandal haben bizarre Fehlleistungen der Verfassungsschutzämter und der Polizeibehörden offenbart: Akten wurden geschreddert, V‑Leute wurden verschwiegen – angeblich „vergessen“ – , zahlreiche Informationen wurden den Ausschüssen vorenthalten. Dennoch zeigte sich durch die Untersuchungsausschüsse, dass der Verfassungsschutz, der Militärische Abschirmdienst und der polizeiliche Staatsschutz rund zwanzig V‑Leute im Umfeld des NSU geführt haben. Der Einsatz der V‑Leute hat den „Nationalsozialistischen Untergrund“ nicht aufgedeckt, vielmehr hat er Ermittlungen gegen die Terroristen behindert und deren Umfeld gefördert.
Die Reformen der Sicherheitsorgane, mit der die Bundesregierung auf deren Versagen reagiert, gehen in die falsche Richtung. So sollen Verfassungsschutz und Polizei künftig enger zusammenarbeiten. Damit droht das Trennungsgebot, nach dem die Polizei keine geheimdienstlichen und Geheimdienste keine vollzugspolizeilichen Befugnisse haben dürfen, noch weiter ausgehöhlt zu werden – zu Lasten der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte. Auch soll nach einem Beschluss der Innenministerkonferenz vom Dezember 2012 der Verfassungsschutz weiter gestärkt werden. Dabei hat der NSU-Skandal gezeigt: Der deutsche Inlandsgeheimdienst hat den Namen Verfassungsschutz nicht verdient. Er ist nicht reformierbar, er gehört abgeschafft.
Dass die geplanten Reformen keine adäquate Reaktion auf den NSU-Skandal sind, zeigt auch die neue gemeinsame Rechtsextremismusdatei, in der Polizei und Geheimdienste Informationen zusammentragen sollen. Wie sollen Taten wie die der NSU in eine solche Datei gelangen, wenn von rassistischen Stereotypen voreingenommene Ermittler rassistische Straftaten als solche gar nicht erkennen? Die Polizei, die in der Mordserie der NSU ermittelte, schloss einen rassistischen Hintergrund von Anfang an aus. Stattdessen verdächtigte sie die Opfer und deren Angehörige.
Der Rassismus in den Polizeibehörden ist kein Zufall. Rassismus ist tief im staatlichen Handeln verwurzelt – unter anderem in Form der gesetzlich vorgesehenen Diskriminierung von Asylsuchenden durch das Asylbewerberleistungsgesetz oder durch die Praxis des „racial profiling“ bei „verdachtsunabhängigen Personenkontrollen“. Der staatliche Rassismus prägt das Handeln von Beamten, schürt Vorurteile in der Bevölkerung und bestärkt rassistische Gewalttäter in ihrem Tun.
Für den Kampf gegen Rassismus und Neonazis braucht es nicht noch mehr geheimdienstliche Überwachung, sondern eine konsequente Bekämpfung von allen Formen des staatlichen, des alltäglichen und gewalttätig auftretenden Rassismus.
Wir fordern:
- Verfassungsschutz abschaffen!
- Keine V‑Leute – keine verdeckten Ermittlungen!
- Staatlichen und alltäglichen Rassismus bekämpfen!
Demonstration am 13. April 2013 13 Uhr München, Stachus
Mehr Informationen und weitere Aufrufe zur Demonstration unter nsuprozess.blogsport.de
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