20.03.2013
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Vielerorts demonstriert Deutschland hohe menschenrechtspolitische Ansprüche. Etwa hier in Nürnberg: Die von Dani Karavan gestaltete "Straße der Menschenrechte". Foto: <a href="http://www.flickr.com/photos/froutes/505758054/">flickr / froutes (CC BY-SA 2.0)</a>

Im Bundestagsausschuss für Menschenrechte nimmt PRO ASYL zum 10. Menschenrechtsbericht der Bundesregierung Stellung – und weist dabei unter anderem auf Widersprüche in Deutschlands Syrien-Politik hin.

Alle zwei Jah­re legt die Bun­des­re­gie­rung einen Men­schen­rechts­be­richt vor. PRO ASYL und ande­re Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen wur­den vom Bun­des­tags­aus­schuss für Men­schen­rech­te gebe­ten, zum 10. Men­schen­rechts­be­richt der Bun­des­re­gie­rung Stel­lung zu beziehen.

Wäh­rend Bun­des­au­ßen­mi­nis­ter Wes­ter­wel­le gegen­über dem Bun­des­tag beton­te, der Bericht zei­ge, „dass es eine ver­netz­te Men­schen­rechts­po­li­tik gibt und dass es kein Unter­schied zwi­schen dem Enga­ge­ment für die Ein­hal­tung der Men­schen­rech­te im Aus­land und der Men­schen­rechts­po­li­tik im Inland gibt“, weist PRO ASYL in der Stel­lung­nah­me unter ande­rem dar­auf hin, dass die Poli­tik der Bun­des­re­gie­rung hin­ter die­sem Ver­spre­chen zurückbleibt.

So fällt auf, dass das The­ma Flücht­lings­schutz im Rah­men der Außen­po­li­tik im Men­schen­rechts­be­richt der Bun­des­re­gie­rung kei­ne Rol­le zu spie­len scheint. Zwar kün­digt die Bun­des­re­gie­rung an, dass sie an der Ver­bes­se­rung der glo­ba­len Struk­tu­ren für die Bewäl­ti­gung der Flücht­lings­pro­ble­ma­tik mit­wir­ken will. Anschlie­ßend for­mu­liert sie aber, hier­zu wer­de sie „kon­struk­tiv an Initia­ti­ven der EU-Kom­mis­si­on zur enge­ren Zusam­men­ar­beit mit den Her­kunfts- und Tran­sit­staa­ten mitwirken.“

Ein Bei­spiel zur Zusam­men­ar­beit mit Her­kunfts­staa­ten: Das deutsch-syri­sche Rücknahmeabkommen

Wenn es um den Schutz von Flücht­lin­gen geht, ist es aller­dings schwer bis unmög­lich, mit den Her­kunfts­staa­ten zusam­men zu arbei­ten. Die For­mu­lie­rung legt nahe, um was es tat­säch­lich geht: nicht um den Schutz von Flücht­lin­gen, son­dern ihre Abwehr – etwa durch Rück­über­nah­me­ab­kom­men, die es Deutsch­land oder der Euro­päi­schen Uni­on erleich­tern, Schutz­su­chen­de und Migran­ten in Tran­sit- und Her­kunfts­län­der zurück­zu­schie­ben. Die­se Rück­über­nah­me­ab­kom­men kom­men im Men­schen­rechts­be­richt der Bun­des­re­gie­rung nicht vor.

Dabei wären etwa die Dar­stel­lun­gen der aktu­el­len Men­sch­rechts­la­ge in Syri­en ein Anlass gewe­sen, das The­ma bei­spiel­haft anzu­schnei­den – denn noch immer besteht ein 2009 besie­gel­tes deutsch-syri­sches Rück­über­nah­me­ab­kom­men, das in der Ver­gan­gen­heit Abschie­bun­gen von Flücht­lin­gen nach Syri­en ermög­lich­te – in einen Staat, der schon lan­ge vor dem Auf­stand gegen das Assad-Regime dafür bekannt war, Inhaf­tier­te zu fol­tern. Von 73 zwi­schen Janu­ar 2009 und Juni 2010 aus Deutsch­land abge­scho­be­nen Flücht­lin­gen wur­den 14 nach Anga­be der Bun­des­re­gie­rung umge­hend in Syri­en inhaf­tiert. Für jeden auf der Basis die­ses Abkom­mens nach Syri­en abge­scho­be­nen Men­schen, der in Haft und Fol­ter geriet, trifft die Bun­des­re­gie­rung die vol­le Verantwortung.

For­de­run­gen anläss­lich der Not der Syrien-Flüchtlinge

PRO ASYL for­dert die Bun­des­re­gie­rung in der Stel­lung­nah­me zu einem Akti­ons­plan auf, der Außen- und Innen­po­li­tik im Sin­ne einer inte­grier­ten Men­schen­recht­po­li­tik ver­bin­det.  In Bezug auf die Not syri­scher Flücht­lin­ge muss die­ser fol­gen­de Maß­nah­men umfas­sen: Ein deut­lich stär­ke­res Enga­ge­ment der Euro­päi­schen Uni­on und Deutsch­lands bei der Unter­brin­gung und Ver­sor­gung von Flücht­lin­gen im Nahen Osten;  Initia­ti­ven zur Auf­nah­me eines groß­zü­gi­gen Kon­tin­gents von Flücht­lin­gen aus Syri­en im Namen eines Adhoc-Auf­nah­me­pro­gramms; eine groß­zü­gi­ge Libe­ra­li­sie­rung der Visa-Pra­xis, sodass Ver­wand­te von in Deutsch­land leben­den syri­schen Staats­bür­gern Visa von außer­halb der Euro­päi­schen Uni­on erhal­ten, um nach Deutsch­land ein­zu­rei­sen sowie ein Pro­gramm zur Ent­las­tung der EU-Staa­ten an der Außen­gren­ze, so dass Flücht­lin­ge, die etwa in Grie­chen­land stran­den, zu ihren in Deutsch­land leben­den Ver­wand­ten und Ange­hö­ri­gen wei­ter rei­sen können.

Zum 10. Bericht der Bun­des­re­gie­rung über ihre Menschenrechtspolitik

Zur Stel­lung­nah­me des Forum Menschenrechte

Zur Stel­lung­nah­me von PRO ASYL

Zur Stel­lung­nah­me des Nürn­ber­ger Men­schen­rechts­zen­trums (NMRZ) / Micha­el Krennerich

 Feh­len­der Schutz vor Ras­sis­mus – Kri­tik durch UN-Men­schen­rechts­rat (25.04.13)