23.10.2013
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Nach dem Untergang eines Flüchtlingsschiffes vor Lampedusa am 3. Oktober konnten 155 Überlebende gerettet werden, bis Mitte Oktober wurden 359 Leichen geborgen. Foto: flickr / UNHCR

Im Vorfeld des EU-Gipfels in Brüssel zeichnet sich ab, dass die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union für die Opfer der Katastrophen vor Lampedusa Betroffenheit zeigen wollen – und zugleich planen, ihre Maßnahmen zur Abwehr von Flüchtlingen zu verstärken.

„Der Euro­päi­sche Rat bringt ange­sichts der jüngs­ten tra­gi­schen Ereig­nis­se im Mit­tel­meer, bei denen Hun­der­te Men­schen ihr Leben ver­lo­ren, tie­fe Trau­er zum Aus­druck“, heißt es im Ent­wurf einer Abschluss­erklä­rung für den mor­gen begin­nen­den Gip­fel der Staats- und Regie­rungs­chefs der Euro­päi­schen Uni­on. War­me Wor­te – doch vor dem Hin­ter­grund des­sen, was auf dem Gip­fel zum The­ma Flücht­lings­po­li­tik kon­kret beschlos­sen wer­den soll, wirkt die Betrof­fen­heit unglaubwürdig.

So sol­len die bereits exis­tie­ren­den Maß­nah­men effek­ti­ver genutzt wer­den, „ins­be­son­de­re in Hin­blick auf Koope­ra­tio­nen mit den Her­kunfts- und Tran­sit­staa­ten, Akti­vi­tä­ten von Fron­tex und den Kampf gegen Schleu­sung und Menschenhandel“.

Kon­kret bedeu­tet dies, dass durch den Aus­bau von Fron­tex und dem „Kampf gegen Schleu­sung und Men­schen­han­del“ Flucht­rou­ten immer län­ger und gefähr­li­cher wer­den. So hat etwa bereits die im letz­ten Jahr erfolg­te Abrie­ge­lung der tür­kisch-grie­chi­schen Land­gren­ze durch Fron­tex und den grie­chi­schen Grenz­schutz zu einer deut­li­chen Ver­la­ge­rung von Flucht­rou­ten auf gefähr­li­che Über­fahr­ten über die Ägä­is und das zen­tra­le Mit­tel­meer geführt. Die Abschot­tung der Außen­gren­zen durch Euro­sur und Fron­tex wird daher weder das Ster­ben von Schutz­su­chen­den auf der Flucht nach Euro­pa ver­hin­dern noch die Akti­vi­tä­ten von Schleu­sern unter­bin­den. Gegen Schleu­ser hilft nur eins: Lega­le Flucht­we­ge für Schutzsuchende.

Die geplan­te Ver­stär­kung der Koope­ra­ti­on mit Tran­sit­staa­ten bedeu­tet in der Pra­xis, dass nord­afri­ka­ni­sche Staa­ten wie Liby­en und Ägyp­ten trotz ihrer poli­tisch insta­bi­len Lage, der äußerst pro­ble­ma­ti­schen Men­schen­rechts­si­tua­ti­on und der fort­ge­setz­ten Miss­ach­tung von Flücht­lings­rech­ten ver­stärkt dazu ange­hal­ten wer­den, Schutz­su­chen­de von der Flucht nach Euro­pa abzu­hal­ten. Der Unter­gang eines Flüch­lings­schiffs vor Lam­pe­du­sa am 11. Okto­ber wur­de Berich­ten nach dadurch ver­ur­sacht, dass liby­sche Sicher­heits­kräf­te das Schiff beschos­sen, um es auf­zu­hal­ten. Das ist nur ein Bei­spiel für Men­schen­rechts­ver­let­zun­gen gegen­über Flücht­lin­gen, die von Tran­sit­staa­ten im Rah­men ihrer Koope­ra­ti­on mit der EU began­gen werden.

Die geplan­te „Koope­ra­ti­on mit Her­kunfts­staa­ten“ geht noch wei­ter – In der Pra­xis müss­te dies hei­ßen, dass die Euro­päi­sche Uni­on unter ande­ren mit dem syri­schen Assad-Regime, mit dem eri­tre­ischen Dik­ta­tor Isay­as Afe­werki und soma­li­schen War­lords in Ver­hand­lun­gen tritt. Denn nach Anga­ben des ita­lie­ni­schen Innen­mi­nis­te­ri­ums mach­ten unter den rund 25.000 Schutz­su­chen­den, die Ita­li­en in 2013 mit dem Boot erreich­ten, syri­sche Flücht­lin­ge die größ­te Grup­pe aus, (9.805) gefolgt von eri­tre­ischen (8.843) und soma­li­schen Schutz­su­chen­den (3.140).

PRO ASYL for­dert die Staats und Regie­rungs­chefs der EU und ins­be­son­de­re Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel auf, sich für ein Ende der töd­li­chen Abschot­tungs­po­li­tik ein­zu­set­zen und end­lich effek­ti­ve Maß­nah­men zur Ret­tung von Men­schen­le­ben und zur Wah­rung der Men­schen­rech­te von Schutz­su­chen­den zu ergreifen.

Bit­te unter­stüt­zen Sie unse­re E‑Mail-Akti­on an die Bun­des­kanz­le­rin, mit der Ange­la Mer­kel auf­ge­for­dert wird, alles zu tun, was in Ihrer Macht steht, um das Ster­ben an den euro­päi­schen Außen­gren­zen zu beenden.

 Flücht­lings­schutz in den Koali­ti­ons­ver­trag! (05.11.13)