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Fluchtverhinderung durch Aufrüstung in Afrika
Fünf afrikanische Staaten sollen der Europäischen Union bei der Flüchtlingsabwehr helfen. Für diese vorverlagerte Grenzkontrolle werden sie massiv aufgerüstet. Zusätzlich zur Kooperation mit dem zerrütteten Libyen will die EU Fluchtbewegungen damit schon weit vorverlagert in Herkunfts- und Transitstaaten verhindern.
Aufrüstung im Sahel
Ein internes Dokument des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD), das dem Spiegel vorliegt, gibt über die Pläne Aufschluss: Eine Polizei- und Militärtruppe der fünf westafrikanischen Staaten Mali, Niger, Tschad, Mauretanien und Burkina Faso soll zur Bekämpfung von Fluchtbewegungen nach Libyen in Stellung gebracht werden. Dafür soll die »G5 Sahel Joint Force« mit 50 Millionen Euro verstärkt werden – das hatte die Europäische Kommission bereits Anfang Juli angekündigt.
Frankreich und Deutschland sollen gar Waffen, Munition und Fahrzeugen in Aussicht gestellt haben, berichtet der Spiegel. Auf Anfrage bestritt das Bundesverteidigungsministerium dies. Man liefere lediglich »nichtletale Ausrüstung«.
»Migrationsströme nach Libyen eindämmen«
Offiziell heißt es, die Truppe solle gegen »Terror und die organisierte Kriminalität« vorgehen (Verteidigungsministerin von der Leyen bei einem Besuch in Niamey), bereits Anfang Juli war die Stoßrichtung des europäischen Engagements in der Region jedoch deutlich geworden:
Die Pläne der Europäischen Union zur Fluchtverhinderung zielen auf ein Unsichtbarmachen ab!
Im Aktionsplan zur zentralen Mittelmeerroute vom 4. Juli hatte die Kommission neben der Finanzierungszusage deutlich gemacht, dass über die Zusammenarbeit mit den Sahel-G5-Staaten und die Wiederaufnahme der Kontrolle an den Grenzen von Mali, Burkina Faso und Niger »weitere Migrationsströme nach Libyen eingedämmt werden« sollen. Auch im Dokument des EAD heißt es, die Einsatztruppe solle gegen Schlepper kämpfen und die Rückführung von Flüchtlingen in ihre Heimatländer unterstützen, so der Spiegel.
Jenseits der libyschen Grenze: Ausweitung der »Pufferzone«
Seit Beginn der Kooperationsbemühungen mit der libyschen Einheitsregierung stand nicht nur die Kontrolle der Mittelmeerküste im Fokus, sondern auch die Fluchtverhinderung an der südlichen Landgrenze Libyens. Es gehe darum, die Grenzkontrollen an den südlichen Außengrenzen Libyens »unverzüglich und drastisch zu verschärfen«, schreibt die EU-Kommission. Doch die Pufferzone, mit der sich Europa gegen Flüchtlinge »schützen« will, erstreckt sich mittlerweile bis an den Rand der Sahara.
Aus den Augen, aus dem Sinn
Der Versuch, Schutzsuchende schon weit vor Europas Grenzen aufzuhalten und ihnen jegliche Wege zu einem sicheren Zufluchtsort abzuschneiden, führt den Gedanken des Flüchtlingsschutzes ad absurdum. Wenn schon die Toten im Mittelmeer dem Gewöhnungseffekt zum Opfer zu fallen, trifft dies für die Opfer von Gewalt in libyschen Gefängnissen oder die verdursteten Schutzsuchenden auf ihrem Weg durch die Sahara, weitab des Mittelmeers, noch viel mehr zu.
Die Pläne der Europäischen Union zur Fluchtverhinderung bereits am Rand der Sahara zielen auch auf ein Unsichtbarmachen ab: Europa möchte Flüchtlingszahlen begrenzen – was das für Menschen auf der Suche nach Schutz bedeutet, soll aus der europäischen Öffentlichkeit verdrängt werden.
(mk)