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»Familienleben ist kein Luxus. Es ist ein Menschenrecht.«

Zwei Männer, zwei Familien, ein gemeinsames Schicksal – geprägt von Krieg, Flucht, Bürokratie und einer zunehmend familienfeindlichen Flüchtlingspolitik in Deutschland. Ihr Schicksal steht exemplarisch für tausende weitere getrennte Familien.
Ali S. ist 40 Jahre alt und stammt aus Syrien. Als Angehöriger einer religiösen Minderheit musste er 2022 vor Bedrohung fliehen und lebt seither in Rheinland-Pfalz. Anfang 2023 erhielt Ali subsidiären Schutz – ein Schutzstatus, der zwar Leben rettet, aber bei dem das Recht auf Familieneinheit seit 2016 massiv eingeschränkt wurde. Seine Frau und drei Kinder (neun, sieben und zweieinhalb Jahre) warten seit mittlerweile 26 Monaten vergeblich darauf, überhaupt einen Antrag auf Familiennachzug stellen zu dürfen. Grund dafür sind die langen Wartezeiten an den deutschen Auslandsvertretungen und die politische Deckelung, dass nur 1.000 Familienangehörige pro Monat zu subsidiär Schutzberechtigten nach Deutschland nachziehen dürfen. Alis’ jüngstes Kind wurde nach seiner Flucht geboren – Ali hat es noch nie gesehen. Er ist physisch in Sicherheit, aber seelisch zerrissen: »Ich habe mein Leben riskiert, um meine Familie in Sicherheit zu bringen – wie kann ich mich sicher fühlen, wenn sie es nicht sind?«
Hamed S., 30 Jahre alt und aus dem Jemen, lebt seit Oktober 2021 in Deutschland. In seiner Heimat arbeitete er mit dem Internationalen Roten Kreuz und Ärzte ohne Grenzen. Als er zunehmend durch Kriegsakteure bedroht wurde, musste er fliehen. Seit 2022 ist er in Deutschland subsidiär geschützt. Seine Ehefrau stellte im Juli 2023 über die deutsche Botschaft in Maskat (Oman) ihren Visaantrag – seitdem: Funkstille seitens der Botschaft. Stattdessen etliche Rückfragen und Dokumentennachforderungen der Ausländerbehörde, ein nahezu endloser Papierkrieg. Hamed leistete sämtlichen Forderungen Folge – bis auf einen Mietvertrag, den er gar nicht vorlegen kann, weil er in einer Gemeinschaftsunterkunft lebt. Trotzdem hat Hamed bis heute keine Perspektive, wann das Verfahren in Gang kommt. Die schmerzliche Trennung belastet ihn seit nun fast fünf Jahren.
»Ich bin müde, erschöpft und psychisch am Ende«, sagt Hamed S. »Ich wache jeden Morgen mit der Hoffnung auf, dass es der Tag sein wird, an dem ich mit meiner Frau leben kann. Aber das Warten ist lang – und die Enttäuschung mein ständiger Begleiter.« Seine Worte sind die Stimme vieler: »Familienleben ist kein Luxus. Es ist ein Menschenrecht. Bitte seht uns – nicht als Akten, sondern als Menschen mit Herzen, die zerbrechen.«
»»Familienleben ist kein Luxus. Es ist ein Menschenrecht. Bitte seht uns – nicht als Akten, sondern als Menschen mit Herzen, die zerbrechen.««
Pläne der neuen Bundesregierung verletzt Recht auf Familie
Die jüngsten Pläne der Bundesregierung zur Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte machen aus dieser humanitären Tragödie eine politische. Die Angst ist greifbar: Dass sich Türen endgültig schließen. Dass Kinder ihre Eltern nie wieder in die Arme schließen können. Dass die Trennung zementiert wird – auf unbestimmte Zeit oder für immer.
Diese Politik signalisiert nicht Sicherheit, sondern Kälte. Sie schafft nicht Integration, sondern Isolation. Und sie verletzt das Recht auf Schutz der Familie in Artikel 6 des Grundgesetzes und in internationalen Menschenrechtsstandards im Völkerrecht (Art. 8 EMRK, Art. 3, 10 UN-KRK) und im europäischen Grundrecht (Art. 7, 24 Abs. 2 GRCh).
PRO ASYL sagt klar: Der Familiennachzug ist keine Gnade, sondern ein Menschenrecht. Deutschland darf das Recht auf Familie nicht weiter entkernen. Die Menschen, die hier Schutz suchen, dürfen nicht durch Gesetze zermürbt und durch Warten gebrochen werden.
Statt weiterer Einschränkungen braucht es dringend schnellere Verfahren, die transparent und familienfreundlich sind. Denn hinter jeder Zahl steht ein Schicksal – wie das von Ali S., Hamed S., ihren Frauen und Kindern.
(nb)