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Debatte über Grenzkontrollen in der EU – EU-Kommission will selbst entscheiden
Nachdem Frankreich und Dänemark an ihren Grenzen zeitweilig Kontrollposten aufstellt hatten, hat die EU-Kommission nun einen Vorschlag gemacht, unter welchen Umständen an EU-Binnengrenzen kontrolliert werden darf.
Im Streit über die Wiedereinführung von Grenzkontrollen innerhalb der Europäischen Union hat die EU-Kommission einen neuen Vorschlag gemacht: geht es nach ihr, soll künftig nicht mehr der jeweilige Mitgliedstaat, sondern die EU-Kommission über die Einführung von Kontrollen an EU-Binnengrenzen entscheiden. Mitgliedstaaten wie Deutschland, Spanien und Frankreich kündigten bereits Widerstand gegen die Pläne der Kommission an, die diese letzte Woche in einem Papier veröffentlicht hatte. Während die Kommission Alleingänge von EU Mitgliedstaaten verhindern will, pochen diese auf ihre „nationale Souveränität“.
Mit der Initiative reagiert die Kommission auf die hitzige Debatte, die ausgebrochen war, als Frankreich und Dänemark vor einigen Monaten zeitweise Kontrollen an ihren Grenzen eingeführt hatten. Die beiden Länder wollten damit die Einreise von rund 20.000 Tunesiern verhindern, denen Italien Aufenthaltspapiere ausgestellt hatte, die ihnen unter bestimmten Voraussetzungen Reisefreiheit innerhalb des Schengen-Gebiets ermöglichten. Im April führte Frankreich deshalb zweitweise wieder Grenzkontrollen ein. Dänemark postierte im Juli Grenzbeamte an seinen Grenzen – mit dem populistischen Argument, es drohe eine „Flüchtlingsflut“. Auch der bayrische Innenminister Hermann drohte, wieder Grenzer an der Grenze zu Österreich zu postieren, auch wenn kaum Tunesier nach Deutschland kamen.
Dem Willen der Mitgliedstaaten, zur Abwehr angeblicher „Flüchtlingsströme“ innerhalb Europas wieder Grenzkontrollen einführen zu können, ist die Kommission zwar nicht nachgekommen. Eine klare Absage hat sie den Plänen einer innereuropäischen Flüchtlingsabwehr allerdings auch nicht erteilt. Denn sie sieht lediglich ein neues Verfahren zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen vor, bei dem sie selbst die Entscheidungshoheit beansprucht.
Doch auch wenn es die Kommission selbst wäre, die die Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen zur Abwehr von Flüchtlingen einführen würde: Das Vorhaben bliebe zynisch. Denn wenn an einzelnen Staatengrenzen zur Abwehr von Flüchtlingen Grenzkontrollen eingeführt werden dürfen, ist zu befürchten, dass Flüchtlinge dadurch in den EU-Staaten an den Außengrenzen in menschenunwürdigen Situationen festgehalten werden. Eine solidarische EU-Politik, die die Verantwortung für den Flüchtlingsschutz nicht nur den Staaten an der Peripherie aufbürdet, sieht anders aus.